Süddeutsche Zeitung

Warnstreiks bei Coca Cola:Höhere Tariflöhne sind angebracht

Lesezeit: 1 min

Einmalige Zahlungen gleichen die steigenden Lebenshaltungskosten im Landkreis nicht aus.

Kommentar von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Im vergangenen Jahr stieg die Inflation auf bis zu zehn Prozent, vor allem die Preise für Lebensmittel und Energie schnellten in die Höhe. In Kombination mit exorbitanten Mieten sowie dem Umstand, dass viele Menschen im Niedriglohnsektor arbeiten müssen, insbesondere Frauen, führt das dazu, dass die Armut auch in Fürstenfeldbruck, einem der statistisch reicheren Landkreise der Republik, sichtbar zunimmt. Davon zeugt der Ansturm auf die Tafeln sowie die Suppenküchen, die die Kirche einrichtet. Nicht nur Klimaaktivisten holen Essen aus dem Müll, sondern immer mehr arme Menschen.

Verglichen damit geht es den Mitarbeitern von Coca Cola in Bruck gut. Ihr Ecklohn beträgt etwa 3000 Euro brutto, also vor Abzug der Steuern und Sozialabgaben. Allerdings trifft sie der Reallohnverlust durch die Inflation ebenso. Und selbst wenn die Energiepreise wieder sinken, werden bei weitem nicht alle Unternehmen weniger für ihre Produkte verlangen. Ihre Forderung nach dreizehn Prozent mehr Bruttolohn ist deshalb berechtigt, zumal es Coca Cola nicht schlecht geht. 2021 erzielte der Konzern einen Gewinn von etwa 9,7 Milliarden Euro. Aus jedem Mitarbeiter sog der Betrieb einen durchschnittlichen Gewinn von mehr als 123 000 Euro, berichtet das Finanzportal boerse.de in einer Übersicht.

Würde das Unternehmen seinen Mitarbeitern 400 Euro brutto mehr bezahlen wie die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten fordert, würde der Profit je Arbeitskraft rechnerisch auf etwa 118 000 Euro sinken. Nicht wirklich wenig. Dem Getränkeproduzenten geht es gut wie vielen großen Unternehmen. So fuhren die 100 umsatzstärksten deutschen Unternehmen, abgesehen von Unilever, im Vorjahr einen Rekordgewinn von 145 Milliarden ein. Statt über Mindestlöhne sollte man über Gewinn- und Einkommensobergrenzen diskutieren, aus sozialen wie ökologischen Gründen.

Die lokalen Verbände der Parteien der Ampelkoalition könnten ihre Oberen darauf aufmerksam machen, dass die Gesellschaft keine Lohn-Preis- sondern eine Gewinn-Preisspirale hat und Einmalzahlungen an Beschäftigte diese nicht ausgleichen. Die Armut wird wachsen, auch im Landkreis, und weitere Teile der Bevölkerung erfassen auf dem Weg zur Suppenküchenrepublik.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5742688
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.