Fürstenfeldbruck:Geschichte wird gemacht

Sammelband über den Fliegerhorst vorgestellt

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Der Brucker Fliegerhorst wird sich in einigen Jahren in ein ziviles Stadtviertel verwandeln, die militärische Vergangenheit soll dabei nicht in Vergessenheit geraten. Die Kommune plant eine Dokumentation, die Form ist noch offen. Stadtarchivar Gerhard Neumeier organisierte dazu im Mai 2014 ein Kolloquium mit Experten zur Geschichte und Museumsgestaltung. Deren Beiträge liegen nun in gedruckter Form vor. Der Sammelband wurde am Dienstag auf einer Pressekonferenz von Stadtbaumeister Martin Kornacher, der als Mitherausgeber fungiert, dem Kulturreferenten Klaus Wollenberg (FDP) sowie dem Militärhistoriker Peter Popp, der an der Offizierschule auf dem Fliegerhorst lehrt, vorgestellt. Stadtarchivar Neumeier war wegen einer Krankheit verhindert.

Die Aufsätze behandeln die Geschichte des Fliegerhorstes von seiner Errichtung 1935, als das NS-Regimes aufrüstete, bis zum Ende des Flugbetriebes in den 1990er-Jahren, seine nationale und internationale Bedeutung aber auch den großen Einfluss auf die Entwicklung der Stadt, die Mentalitäten und problematischen Traditionen der Luftwaffe, städtebauliche Aspekte als auch Überlegungen zur Gestaltung eines Museums und eines Erinnerungsortes an das Olympiaattentat von 1972.

Bei der Präsentation betonte Wollenberg, dass das Konzept für eine solche Dokumentation noch völlig offen sei, gleiches gilt für die Finanzierung. Sicher sei, dass die Kommune keine zweite Einrichtung von der Größenordnung des Stadtmuseums stemmen werde. Eine finanzielle Unterstützung durch die Luftwaffe sei ausgeschlossen. Ähnlich sei die Situation in Bezug auf einen Erinnerungsort für die Ereignisse von 1972. "Viele reden mit, aber keiner will bezahlen", sagte der Referent.

Popp versicherte, dass das Militär Exponate und Dokumente übergeben könnte, wenn die Offizierschule wie geplant 2019 nach Roth umzieht. Stadtbaumeister Martin Kornacher hätte gerne ein großes Modell, das den Fliegerhorst samt Umgebung darstellt. Wollenberg hofft, dass ein Dokument wieder auftaucht, dass vor Jahren verloren ging, als die Luftwaffe ihr Traditionszimmer schloss und die Einrichtung im Keller verschwinden ließ. Dabei handelt es sich um ein Tagebuch, das die Kommandanten von 1935 bis 1945 führten.

Wollenberg machte auch deutlich, dass keine Militaria-Sammlung geplant sei. Zwar müssten zunächst möglichst viele Objekte gesichert werden, danach aber eine Auswahl getroffen werden. "Es geht darum, diese Gegenstände zum Sprechen zu bringen, was haben sie uns und der folgenden Generation in Bezug auf Fragen wie Krieg und Frieden zu sagen", erklärte der Stadtbaumeister, der sich selber ein "nicht historisches Interesse" an der historischen Aufarbeitung attestierte. Der Rückblick verschaffe vorhandenen Gebäuden eine Bedeutung, die für eine angemessene Gestaltung in der Zukunft unerlässlich sei.

Für Popp, der als Erinnerungsbeauftragter auf dem Fliegerhorst fungiert, ist der Standort ein Platz, an dem sich deutsche Geschichte verdichtet. Er wies darauf hin, dass Geschichte täglich gemacht wird. Ein Kolloquium über den Fliegerhorst müsste heute schon um eine Facette ergänzt werden, die Aufnahme von Flüchtlingen. Popp erinnerte daran, dass nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sogenannte Displaced Persons, von den Deutschen verschleppte Zwangsarbeiter und jüdische Überlebende auf dem Flugplatz untergebracht worden waren.

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