Fürstenfeldbruck:Gesamtkunstwerk mit Strahlkraft

An diesem Wochenende jährt sich die Eröffnung des Veranstaltungsforums in Fürstenfeld zum zehnten Mal.

Gerhard Eisenkolb

An diesem Wochenende, genau am 3. Oktober, jährt sich zum zehnten Mal die Eröffnung des Kulturzentrums Fürstenfeld. Das Jubiläum wird Ende Oktober gefeiert. Keine Entscheidung des Stadtrats hat so auf die Kreisstadt ausgestrahlt und das Lebensgefühl der Fürstenfeldbrucker so verändert, wie der gegen große Vorbehalte und Widerstände durchgesetzte Bau des Veranstaltungsforums. Für den Erfolg stehen rund drei Millionen Besucher, die seither dort Kulturereignisse, Feste, Messen oder Kongresse besucht haben.

Was aus den Ruinen der damals fast abbruchreifen Gebäude der Klosterökonomie entstand, übertraf sogar die Erwartungen der Befürworter. Fürstenfeld wurde zu einem Selbstläufer. Aber nicht, weil die Politiker ein geniales Konzept für ihr Kulturzentrum hatten - sie wirkten eher hilf- und ideenlos. Fürstenfeld funktionierte trotzdem, weil es als barockes Gesamtkunstwerk in seiner Ursprünglichkeit wieder erstand. Und weil es als Ort der Begegnung angenommen wurde und damit seine die Stadt und deren Bewohner prägende Kraft freisetzte.

Der Fürstenfeldbrucker Oberbürgermeister Sepp Kellerer und sein Stadtrat wollten ursprünglich nur einen Mangel beheben. Es galt, den Bürgern, den Vereinen, den örtlichen Kulturschaffenden endlich die einer Kreisstadt entsprechenden Versammlungsstätten zu Verfügung zu stellen, also eine Stadthalle samt den dazugehörigen multifunktionalen Räumen zu bauen. Für solche Zwecke heruntergekommene ehemalige landwirtschaftliche Gebäude umzufunktionieren, war unvorstellbar, ja skandalös. Bekommen haben die Brucker etwas ganz anderes: Einen Ort, der die Menschen anrührt, weil er eine Seele hat. Das ist dem Glücksfall zu verdanken, dass die Stadt einen Planer fand, der das Potential von Fürstenfeld erkannte, der sich dem Vorgefundenen unterordnete und dessen Wirkung durch die Spannung zwischen Alt und Neu zu steigern wusste.

Die Kolossalfassade der Klosterkirche steht so erhaben über allem, was in den Niederungen der Gärten, Wiesen und den zu Veranstaltungsräumen umfunktionierten Stallungen und Scheunen in den weitläufigen Amperauen passiert, dass das Ensemble durch nichts aus dem Gleichgewicht zu bringen ist. Deshalb kann Fürstenfeld als Bühne für Veranstaltungen jeder Art funktionieren, ohne zum dekorativen Versatzstück entwertet zu werden. Egal, ob sich dort Zehntausende zu Gartentagen einfinden, ob dort Oldtimer an einem Sommertag im gleißenden Licht glitzern oder ob eine Fachmesse angesagt ist. Ein solcher einzigartiger Ort lässt sich nicht von Architekten künstlich aus der Retorte erschaffen, dann wäre er nur ein weiterer disneylandähnlicher Freizeitpark. Deshalb fühlt man sich im Gegensatz zu Fürstenfeld ja in so vielen Stadthallen, Begegnungszentren oder Freizeitstätten so unwohl und fehl am Platz. Fürstenfeld ist zum Glück auch kein Museum und kein Geheimtipp für Kunsthistoriker oder die letzten Anhänger der Zisterzienser. Es lebt, weil es hier immer etwas Neues zu erleben gibt.

Weil das ursprünglich für die Brucker geplante Begegnungszentrum auch auswärtige Besucher in Scharen anzieht, räumen inzwischen sogar die einstmals größten Gegner des Projektes ein, etwas Einzigartiges zu besitzen. Diese Einsicht konnte das erzeugen, was dem mit dem Bau des Fliegerhorstes zur Stadt erhobenen Markt fehlte: ein städtisches Selbstbewusstsein. Bruck hat sich Fürstenfeld einverleibt und ist damit gewachsen. Und mit Fürstenfeld hat man einen Maßstab vor Augen, an dem sich die weitere Stadtentwicklung messen lassen muss. In den Nachkriegsjahren identifizierten sich die Fürstenfeldbrucker mit ihrem Fliegerhorst, inzwischen hat die Klosteranlage die Kaserne abgelöst.

Die Stadt kann, ohne kleinkariert zu wirken, beschaulich und lebenswert bleiben, weil sie mit Fürstenfeld ein einzigartiges Markenzeichen gefunden hat. Dies zu erreichen, war zwar ein langer politischer Kampf und Selbstfindungsprozess, letztlich aber ein Kinderspiel: Es genügte, das Erbe der Zisterzienser anzunehmen und weiterzuentwickeln. Dazu bedurfte es eines Machers, den die Brucker in ihrem OB Sepp Kellerer fanden. Seine Liebe zu Fürstenfeld war ein weiterer Glücksfall - und vor allem ansteckend. Bevor der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber vor zehn Jahren Fürstenfeld einweihte, hatten die Brucker davon schon Besitz ergriffen.

Der Festakt zum Jubiläum beginnt am Sonntag, 30. Oktober um 18 Uhr. Beim Konzert zehn Jahre Veranstaltungsforum tritt bereits am Samstag, 8. Oktober, von 20 Uhr an die Pianistin Mona Asuka Ott mit der Neuen Philharmonie München auf. (Seite 5)

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