Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck/Germering:Frauenhaus in Bruck ist vom Tisch

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Weil der Stadtrat eine mit dem Projekt verknüpfte Wohnbebauung in der Buchenau ablehnt, sieht der Vorsitzende der Germeringer Sozialstiftung kaum noch Realisierungschancen. Nun könnte in Germering gebaut werden

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck/Germering

Noch befindet sich das Frauenhaus im östlichen Landkreis. Es wird wohl nicht durch einen größeren Neubau auf einem Grundstück nahe dem S-Bahnhof Buchenau ersetzt. Nach SZ-Informationen wird die Germeringer Sozialstiftung am Dienstag Vertretern des Landkreises und des Vereins Frauen helfen Frauen als Alternative ein Grundstück in Germering vorschlagen.

Überschattet wird die Standortsuche vom Zerwürfnis zwischen Herbert Stark, dem vom Frauen-Verein unterstützten Vorsitzenden des Stiftungsrats der Germeringer Sozialstiftung, sowie der Stadt Fürstenfeldbruck und der Bürgerinitiative "Alt-Buchenau aktiv". Stark, der auch Germeringer Bauunternehmer ist, hatte geplant, einen mit Bäumen bewachsenen Grünstreifen mit Reihenhäusern und Sozialwohnungen zu bebauen. Die Zufahrt war über das zwischen dem Grünstreifen und der Lärchenstraße liegende Grundstück vorgesehen, auf dem auch das Frauenhaus errichtet werden sollte. Stark wollte mit einem Teil des Verkaufserlöses der rückwärtigen Häuser die Finanzierung für das Frauenhaus-Grundstück sichern. Vor zwei Wochen machte ihm der Stadtrat nach Protesten der Anlieger, die eine Verquickung des Frauenhauses mit einem profitorientierten Bauprojekt ablehnen, aber einen Strich durch die Rechnung und erließ eine Veränderungssperre für das gesamte Areal. Damit kann die Planung bis zu vier Jahre blockiert werden.

"Das Frauenhaus in Fürstenfeldbruck dürfte somit gestorben sein", ärgert sich Stark. "Die meinen alle, wir wollen uns bereichern, da wird man fast schon wie ein Verbrecher behandelt." Er kritisiert, die Stadt sei vor dem lautstarken Protest einiger Anlieger eingeknickt und wische damit ein sozial ambitioniertes Projekt vom Tisch. Ursprünglich geplant gewesen sei, 20 Reihenhäuser zu bauen und pro Einheit 50 000 Euro für das Frauenhausprojekt abzuzweigen. Damit hätte auch die Lücke zwischen dem Grundstückskaufpreis in Höhe von 1,2 Millionen Euro und dem vom Landkreis in Aussicht gestellten Zuschuss über 600 000 Euro geschlossen werden können. Darüber hinaus waren Sozialwohnungen in drei Mehrfamilienhäusern vorgesehen. Nachdem sich wegen der dichten Bebauung in der Nachbarschaft Widerstand formiert hatte, reduzierte Stark die Planung auf drei Reihenhäuser und zwei Doppelhäuser. Doch im Stadtrat stieß auch dies auf Ablehnung. Für Stark ein herber Rückschlag: Die positiven Signale des Oberbürgermeisters hätten ihn darin bestärkt, der Bahn den 130 Meter langen Grundstücksstreifen abzukaufen. Den muss er nun brach liegen lassen.

Unterstützung erhält der Stiftungsvorsitzende vom Frauen-Verein. In einem Brief äußern sich die Vorstandsmitglieder Franziska Gumtau, Barbara Kistler und Gerda Vogl enttäuscht über die Stadt. Diese lasse eine einmalige Chance verstreichen, günstigen Wohnraum zu erhalten und schiebe Entscheidungen auf die lange Bank. Zudem sei der Bedarf für ein größeres Frauenhaus immens: "Im Jahr 2014 musste 142 Frauen - fast 80 Prozent aller Anfragen - eine Absage erteilt werden, weil das Frauenhaus voll war!" Die drei Frauen erinnern daran, dass "die politisch Verantwortlichen dem Gemeinwohl verpflichtet" seien und manchmal auch unpopuläre Entscheidungen fällen müssten zugunsten der Menschen, die keine Lobby haben. Dritte Bürgermeisterin Karin Geißler (Grüne) tritt diesen Vorwürfen entgegen: Der Bau des Frauenhauses sei bereits im November genehmigt worden. Zudem deutet sie die Möglichkeit an, das fürs Frauenhaus vorgesehene Grundstück aus dem Bereich der Veränderungssperre zu nehmen - allerdings ohne eine damit verbundene Bebauung des Bahngrundstücks.

Für ein Frauenhaus an der Brucker Lärchenstraße sieht Stark vor diesem Hintergrund aber kaum noch Chancen. Da müsste schon der Landkreis den gesamten Kaufpreis für das Grundstück zahlen oder die Stadt müsste doch noch einer Bebauung zustimmen - möglicherweise nicht so dicht, dann aber auch ohne Sozialwohnungen. Weil das alte Frauenhaus laut Stark maximal noch zwei Jahre genutzt werden kann, drängt die Zeit. Am Montag, einen Tag vor dem Gespräch im Landratsamt, wird der Rat der Germeringer Sozialstiftung zusammentreten. Stark rechnet damit, dass dieser sich gegen weiteres Abwarten ausspricht und sich nun auf das Grundstück an der Landsberger Straße 108 konzentrieren wird - auch wenn dieses weiter entfernt vom dortigen S-Bahnhof und auch vom Sitz des im Brucker Westen ansässigen Frauen-Vereins liegt. Dieter Gutekunst, Vorsitzender der Sozialstiftung, dämpft freilich die Hoffnung auf schnelle Lösungen: Über den Kauf der unbebauten Fläche und des mit einem alten Haus bebauten Nachbargrundstücks muss noch verhandelt werden.

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Quelle:
SZ vom 15.10.2015
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