Radverkehr:Biker geben mäßige Noten

Lesezeit: 3 Min.

So macht Radfahren wenig Spaß. Zwei Radler versuchen, sich auf der Hauptstraße in Fürstenfeldbruck ihren Weg zu bahnen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Radklimatest des ADFC fällt für die Städte im Landkreis nicht gut aus. Besonders in Germering ist die Enttäuschung über die Bewertung durch die Befragten groß.

Von Charlotte Geier, Fürstenfeldbruck

Minimal vor dem bundesdeutschen Schnitt von 3,96 konnte sich der Landkreis Fürstenfeldbruck beim Radklimatest 2022 des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) mit einer Durchschnittsnote von 3,9 positionieren. Per Fragebogen konnten Radlerinnen und Radler im Herbst vergangenen Jahres beurteilen, wie sie das Radfahren in einzelnen Kommunen wahrnehmen. Zur Bewertung standen zum Beispiel die gefühlte Akzeptanz und Sicherheit als Radfahrer im Verkehr sowie der Komfort beim Radfahren, etwa durch in Gegenrichtung geöffnete Einbahnstraßen oder angemessen breite Radwege.

Die beste Bewertung im Landkreis erhielt Gröbenzell mit einer Note von 3,4 auf Rang 38 von 474 vergleichbaren Kommunen. "Für mich ist die Bewertung Beleg dafür, dass sich unser Engagement bei der Stärkung des Radverkehrs auszahlt", resümiert Gröbenzells Bürgermeister Martin Schäfer. "Im Vergleich mit anderen Kommunen stehen wir gut da. Die deutschlandweite Bewertung zeigt aber auch, dass es beim Thema Radverkehr allgemein noch viel Luft nach oben gibt", fasst Schäfer zusammen. "Auch wir arbeiten weiter daran, das Radfahren noch attraktiver zu machen, um langfristig über ein 'befriedigend' hinauszukommen." Seit 2020 ist Gröbenzell von der AGFK ausgezeichnete fahrradfreundliche Kommune.

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Auf Gröbenzell folgt mit einer Gesamtnote von 3,8 Maisach auf Rang 172 von 474. Puchheim auf Rang 209 von 474 und Fürstenfeldbruck auf Rang 174 von 474 erreichten jeweils die Note 3,9. Olching erhielt die Note 4,1 und konnte sich im Vergleich zu 2020 damit leicht verbessern. Die schlechteste Bewertung im Landkreis erhielt Germering mit einer Note von 4,3. Im Vergleich zu 2020 hat sich die Gemeinde damit leicht verschlechtert.

Platz für Radweg fehlt

Thomas Wieser, Radverkehrsbeauftragter der Stadt Germering, ist enttäuscht vom schlechten Ergebnis seiner Stadt. Die Methodik des Tests, die rein auf subjektiver Wahrnehmung beruht, hält er allerdings für nicht aussagekräftig. "Es ist schade, dass nicht anerkannt wird, was wir tun. 2022 haben wir eine Million Euro in den Umbau der Oberen Bahnhofsstraße investiert. Man muss sich als Teilnehmer bei diesem Test schon auch über die kommunale Politik informieren. Wenn man keine Ahnung davon hat, sollte man einfach die Klappe halten", findet er. In Germering stoße man schlichtweg an infrastrukturelle Grenzen, zum Beispiel gebe es oft nicht genug Platz für einen gesonderten Radweg - und da könne er als Radverkehrsbeauftragter auch nichts daran ändern. Germering bemühe sich sehr um seine Radpolitik, versuche etwa auch, fahrradfreundliche Kommune zu werden.

Claudia Gessner, Radverkehrsbeauftragte der Stadt Fürstenfeldbruck, ist im Großen und Ganzen zufrieden mit dem Bericht. Die Kreisstadt, ebenfalls zertifizierte fahrradfreundliche Kommune, habe sich gut positionieren können im Vergleich zu den anderen Kommunen im Landkreis. Doch auch Gessner bemängelt die Methodik: "Ich finde es schwierig, dass schon allein mit 50 Teilnehmenden ausgewertet wird. In Fürstenfeldbruck hatten wir dieses Jahr 119 Teilnehmende und das ist ja nur ein kleiner Teil der Radfahrer. Letztlich sind das dann immer dieselben Leute, die besonders kritisch und ganz genau auf die Radverkehrsführung schauen", sagt sie.

Aktuell werden in Fürstenfeldbruck unter anderem für die S-Bahnhöfe Fürstenfeldbruck und Buchenau Doppelstockparker und Sammelschließanlagen geplant, die dieses Jahr noch gebaut und eröffnet werden sollen. Auch Gessner betont, dass ihr oft die Hände gebunden seien: Die oft bemängelte fehlende Möglichkeit, das Rad kostenlos im ÖPNV mitzunehmen, sei Thema der MVG und nicht die der Gemeinden. Gegen Diebstahl könne man nicht mehr unternehmen, als die Polizei zu genauen Kontrollen zu ermahnen; insbesondere Videoüberwachung sei rechtlich ein schwieriges Thema. Und viele Einbahnstraßen könne man aufgrund der geltenden Breitenvorgabe schlichtweg nicht in der Gegenrichtung öffnen. "Früher war das deutsche Verkehrsrecht eben sehr stark auf das Auto ausgerichtet, aber mittlerweile wird es für Radfahrende offener", erklärt sie.

Vorschläge nicht beachtet

Adi Stumper, Ortssprecher des ADFC im Landkreis Fürstenfeldbruck, ist frustriert vom Ergebnis des Landkreises. "Leider hat sich die Gesamtsituation für Radler laut dem Test in Fürstenfeldbruck im Vergleich zum letzten Jahr nicht verbessert", bedauert er. "Unter dieser Voraussetzung wird es nicht gelingen mehr Menschen die Freude am Radfahren zu vermitteln." Als besonders enttäuschend empfindet er, dass seit Jahren diverse Vorschläge des ADFC zur Verbesserung der Infrastruktur von Politik und Verwaltung zwar gehört, aber nicht wirklich ernst genommen werden - "das Ganze ist eine zähe Geschichte", sagt Stumper.

Außerdem missfällt ihm die Diskrepanz zwischen Ost und West im Landkreis: Nur sechs der 23 Kommunen aus dem Landkreis konnten in die Wertung eingebracht werden, die meisten aus dem Osten. In den anderen Kommunen konnte die Mindesteilnehmeranzahl von 50 nicht erreicht werden. "Die meisten Dörfer interessiert der Test leider gar nicht", so Stumper.

Der Radverkehrsbeauftragte des Landkreises, Oliver van Meerendonk, sieht das Problem in der Durchsetzung von fahrradfreundlichen Maßnahmen im Landkreis vor allem darin, dass auf Landkreisebene nicht immer an einem Strang gezogen werde. "Bei manchen Bürgermeistern ist der Wille und der Rückenwind da, bei manchen nicht. Und so kann es manchmal lange dauern, bis wir eine Maßnahme durchsetzen können", sagt er. Den ganzen Landkreis fahrradfreundlicher zu machen sei ein langer, auch bürokratischer Weg. "Nichtsdestotrotz bewundere ich immer wieder, mit welchem Herzblut sich Radfahrer für Veränderungen engagieren - diese Begeisterung für das Fahrrad ist einfach schön und bereichert meine Arbeit", so van Meerendonk.

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