Fürstenfeldbruck:Gelbe Karte für Raff

Der Brucker Stadtrat kassiert mit großer Mehrheit die vom Oberbürgermeister ausgesprochene Kündigung des Pflegevertrags mit dem Sportverein. Die Kommunalaufsicht soll allerdings nicht eingeschaltet werden

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Schwere Vorwürfe sind am Dienstag bei der Stadtratssitzung gegen Erich Raff (CSU) erhoben worden. Politiker von BBV, SPD, Grünen und ÖDP kreiden dem Oberbürgermeister schwere Versäumnissen im Umgang mit dem Sportclub (SCF) an. Raff wies die Anschuldigungen in der emotional geführten Debatte zurück und wurde dabei von Teilen der CSU und der Freien Wähler unterstützt. Mit großer Mehrheit wurde beschlossen, die Kündigung eines Vertrags mit dem SCF zurückzunehmen. Zudem sprach das Gremium mehrheitlich eine Missbilligung für OB Raff aus. Zurückgezogen wurde letztlich der Antrag, dessen Amtsführung von der Rechtsaufsicht prüfen zu lassen.

Damit ist vorerst der Schlusspunkt gesetzt unter einen monatelangen Streit, der sich vor allem zwischen den beiden Hauptakteuren zugespitzt hatte: Raff und SCF-Präsident Jakob Ettner. Raff hatte vor einem Jahr einen Pflegevertrag für das städtische Sportgelände an der Klosterstraße unterzeichnet, der dem SCF jährlich einen hohen fünfstelligen Betrag für Arbeits-und Materialaufwendungen zusichert - mit sechs Jahren Laufzeit, um Zuschüsse des Sportverbandes für den Kunstrasenplatz nicht zu gefährden. Ende Juni kündigte Raff den Vertrag wieder. Grund war die Situation beim SCF. Dort weigert sich Ettner bis heute, die turnusgemäße Vorstandswahl einzuberufen.

SCF

Auf dem Sportgelände an der Klosterstraße kann der Ball rollen: Nach Meinung einiger Vereinsmitglieder ist es im Derby zwischen dem Brucker Fußballverein und der Brucker Stadtspitze nicht immer fair zugegangen.

(Foto: Günther Reger)

Als Grund nennt er andauernde Gerichtsverfahren mit ehemaligen Mitgliedern, die gegen ihren Ausschluss geklagt haben. Ettner, der 2015 einen kurz vor der Insolvenz stehenden Verein übernommen hatte, fürchtet, "alte Seilschaften" könnten wieder das Ruder übernehmen, "um Machenschaften zu vertuschen". Gerichte haben an dieser Strategie bislang nichts auszusetzen. Für Raff, dem gute Verbindungen zum Ettner-kritischen Lager nachgesagt werden, ein untragbarer Zustand. Er signalisierte, die Kündigung zurückzunehmen, sofern Neuwahlen angesetzt werden. Diese Verquickung trug ihm eine Rüge der Kommunalaufsicht ein. Und der SCF reichte Klage ein. Zudem stellte sich heraus, dass der Stadtrat der Kündigung hätte zustimmen müssen.

Am Dienstag, als es um jene formal notwendige Zustimmung geht, verzichtet eine Mehrheit auf die Erläuterung der schriftlich vorliegenden Stellungnahme des von Raff beauftragten Rechtsanwalts. Daraus geht sinngemäß hervor, dass Ettner den Verein bis heute sehr wohl vertreten darf (was unter anderem Franz Neuhierl von den Freien Wählern bezweifelt), dass sich die Kündigung vor Gericht aber vielleicht dennoch begründen lässt - beispielsweise mit respektlosen Äußerungen Ettners gegenüber Raff und dem für Vereine zuständigen Amtsleiter Michael Maurer oder angeblich verspätet vom SCF vorgelegten Belegen. Gravierende Verfehlungen freilich kann der Rechtsanwalt nicht feststellen.

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OB Erich Raff.

(Foto: Matthias Döring)

Etwa 40 Zuschauer, darunter einige in SCF-Vereinskleidung, verfolgen, wie mehrere Stadträte die Unabhängigkeit des Oberbürgermeisters und auch des von ihm beauftragten Rechtsanwalts infrage stellen. Zudem bezweifelt der vom SCF eingeschaltete Rechtsanwalt in einer schriftlichen Stellungnahme, dass sein Kollege ohne Mandat des Stadtrats überhaupt hätte beauftragt werden dürfen. Die Stadt habe allein deshalb aus formalen Gründen vor Gericht keine Aussicht auf Erfolg.

Klaus Wollenberg (FDP) versucht vor der hitzigen Debatte, die Angelegenheit möglichst geräuschlos und mit wenig Schaden für die Stadt zu erledigen - an den Kosten in Höhe von etwa 10 000 Euro lässt sich ohnehin nichts mehr ändern. Die Stadt solle vor dem Landgericht München II die im Juni vom OB ausgesprochene Kündigung als unwirksam anerkennen. Eine Formulierung, der auch die CSU in weiten Teilen zustimmt, wie Fraktionssprecher Andreas Lohde deutlich macht. Karin Geißler (Grüne) will den OB so nicht wegkommen lassen. Sie besteht auch namens BBV-,SPD-, ÖDP- und Grünenfraktion darauf, das Vorgehen von Raff und Maurer von der Rechtsaufsicht prüfen zu lassen. Tommy Beer (BBV) wirft Raff vor, Verträge nicht einhalten zu wollen und damit die Kinder- und Jugendarbeit des Vereins zu gefährden. Alexa Zierl (ÖDP) und Walter Schwarz (SPD), die Einblick in Akten genommen haben, werfen Raff vor, die Stadträte und auch seinen Rechtsanwalt möglicherweise "systematisch" falsch und lückenhaft informiert und den Verein schwer geschädigt zu haben. Der SCF habe korrekt gehandelt und keine Fristen versäumt.

Dass Mirko Pötzsch (SPD) behauptet, er habe die Situation "mutwillig herbeigeführt" und von "persönlichen Interessen" spricht, empfindet Raff als ungeheuerliche Unterstellung. Rückendeckung erhält er von Simone Görgen (CSU), die in Erinnerung ruft, dass viele der neuen SCF-Unterstützer vor einem Jahr noch davor gewarnt hätten, sich von diesem Verein über den Tisch ziehen zu lassen. Raff sei es gewesen, der sich für eine Vertragsverlängerung entschieden habe. "Diese Hetzjagd gegen den OB macht mich fassungslos." Der solle "gesteinigt werden", pflichtet Lohde bei, der gleichwohl "von "handwerklichen Fehlern" spricht. Herwig Bahner (FDP) nennt es "Pleiten, Pech und Pannen".

Gegen die Stimmen von Raff und Neuhierl wird die Rücknahme der Kündigung beschlossen. Und dem SCF wird "nahegelegt", bis Mitte 2020 Neuwahlen anzusetzen. Es sei höchste Zeit, dass der Verein und auch der Stadtrat zu sachlicher Arbeit zurückfinden, mahnt Rolf Eissele (CSU).

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