Fürstenfeldbruck:Erste Hilfe für deutsche Soldaten

Oberstarzt Heinz-Gerhard Schlich kehrt nach vier Monaten in Afghanistan zur Luftwaffendivision nach Fürstenfeldbruck zurück.

Stefan Salger

Der Einsatz in Afghanistan ist für die deutsche Truppe in den letzten Jahren gefährlicher geworden. Lange sind die Zeiten vorbei, in denen die Bündnispartner der ISAF-Mission fast schon neidisch auf den nördlichen Landesteil blickten, in dem sich Angehörige der Bundeswehr schon mal ohne Helm und Schutzweste unter die lokale Bevölkerung mischen konnten. Doch auch dort häufen sich mittlerweile die Anschläge der Fundamentalisten.

Der in Fürstenfeldbruck stationierte Oberstarzt Heinz-Gerhard Schlich ist jüngst nach einem viermonatigen Einsatz in Afghanistan zur 1. Luftwaffendivision zurückgekehrt. Er berichtet von schwierigen Rahmenbedingungen, aber auch einer sehr guten Zusammenarbeit mit den Bündnispartnern, allen voran den US-Einsatzkräften. Schlich leitete den in Masar-i-Scharif stationierten deutschen Sanitätseinsatzverband.

Im Vergleich zu 2005, als der heute 60-Jährige seinen ersten Einsatz in dem asiatischen Land absolvierte, sei es deutlich schlimmer geworden, berichtet Schlich. Es gibt mehr Verletzte und Todesopfer, weshalb auch der Sanitätsdienst manchmal an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit gerät.

Das bestätigt Brigadegeneral Hans-Georg Schmidt, der selbst erst im März von einem achtmonatigen Einsatz am Hindukusch zurückgekehrt ist. Schmidt erwartet, dass sich die Sicherheitslage nach dem Ende des bislang eher ruhig verlaufenen Fastenmonats Ramadan in dieser Woche weiter zuspitzten wird.

Schlich war bis Ende Juli für 280 Mediziner und Sanitäter verantwortlich, die teilweise auch in den Außenposten in Kundus, Kabul und Feisabad eingesetzt sind. In der zentralen Klinik in Masar-i-Scharif behandeln 100 medizinische Kräfte neben Soldaten der Koalition - so weit wie möglich - auch afghanische Sicherheitskräfte und Zivilisten. Der Großteil der Sanitäter aber begleitet die Truppen bei ihren Kampfeinsätzen. Denn das Risiko, in einen Hinterhalt oder eine Sprengfalle zu geraten, ist allgegenwärtig.

Gibt es Verletzte, dann zählt jede Minute, dann bewähren sich die "beweglichen Arzttrupps", die jeweils aus einem Rettungsmediziner, einem Sanitäter sowie einem Fahrer bestehen. Weil die Taliban früher oftmals ganz gezielt die medizinischen Begleiter angegriffen hatten, geben sich die Lebensretter äußerlich nicht mehr zu erkennen.

Nicht zuletzt mit Blick auf das eingespielte Team und die sehr hochwertige Medizintechnik, mit der man sich absolut auf Augenhöhe mit den US-Amerikanern befinde, bezeichnet Schlich den voraussichtlich letzten Auslandseinsatz seiner Karriere im Rückblick als "hochinteressant und befriedigend". Den Tiefpunkt erlebte er freilich nur zwei Wochen nach der Übernahme des Kommandeur-Postens: Nach der Erstürmung des UN-Geländes in Masar-i-Scharif hatte ein Mob sieben UN-Mitarbeiter getötet.

Zumindest aus psychologischer Sicht ist die Bundeswehr nach Meinung Schmidts über den rein seelsorgerischen Dienst hinaus mittlerweile auf solche Extremfälle vorbereitet. So hatte die 1. Luftwaffendivision mit dem Truppenpsychologen Andreas Gabauer von März bis Juli einen zweiten hochrangigen Experten nach Afghanistan entsandt. Die Bundeswehr hat auf die Kritik, sie kümmere sich zu wenig um Soldaten mit posttraumatischen Belastungsstörungen, reagiert - so sind laut Schmidt Seminare im Rahmen der Einsatznachbereitung längst verpflichtend.

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