Fürstenfeldbruck:Erste Bomber für die neue Luftwaffe

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Flugzeuge des Typs Thunderstreak 1956 bei einem Tag der offenen Tür. (Foto: Air Force)

Vor 60 Jahren nahm Franz Josef Strauß in Fürstenfeldbruck die von den Amerikanern gelieferten Kampfflugzeuge in Empfang

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Vor sechzig Jahren hat die Luftwaffe der Bundeswehr ihre ersten Kampfflugzeuge bekommen. Die amerikanischen Militärs übergaben am 13. November 1956 in einer feierlichen Zeremonie auf dem Fliegerhorst von Fürstenfeldbruck 20 Jagdbomber. Unter den Ehrengästen befanden sich Franz-Josef Strauß, der kurz zuvor das Amt des Verteidigungsministers übernommen hatte, sowie der US-Botschafter James B. Conant. Die Bevölkerung durfte nach den Festreden die Maschinen vom Typ F-84F Thunderstreak auf dem Rollfeld begutachten.

Der Fliegerhorst diente nach dem Zweiten Weltkrieg der US-Airforce als Stützpunkt. Ab 1954 wurden dort ehemalige deutsche Piloten zu Theorielehrern ausgebildet. Ein Jahr später trat die Bundesrepublik der Nato bei und durfte eine eigene Armee aufbauen. In Fursty begann Anfang 1956 der Aufbau einer Flugzeugführerschule, am 21. September wurde eine deutsche Standortkommandantur aufgebaut. Das Kommando über die Schulen der Luftwaffe übernahm Generalmajor Joachim F. Huth am 15. November.

Die 20 Flugzeuge wurden von amerikanischen Piloten über Labrador, Island und England nach Deutschland geflogen und im Werk Lemwerder getestet. Sie dienten der ersten taktischen Einheit der Luftwaffe unter Leitung von Major Gerhard Barkhorn, der während des Zweiten Weltkrieges einer der erfolgreichsten Jagdflieger der Nazi-Luftwaffe gewesen war.

Zur offiziellen Übergabe war Strauß mit einer Maschine aus Bonn bei Kälte und Nebel eingeflogen. Wegen des schlechten Wetters wurde die Feier in eine Halle verlegt. Dort sprach neben dem Minister und dem US-Botschafter auch Generalleutnant Josef Kammhuber. Er war am 9. November 1923 in München einer von zwei Reichswehroffizieren gewesen, die sich weigerten, auf die Putschisten um Hitler und Ludendorff schießen zu lassen. Im Zweiten Weltkrieg war er der erste General der Nachtjäger und baute ein Luftverteidigungssystem auf, den sogenannten Kammhuber-Riegel. In der Bundeswehr konnte er seine Karriere fortsetzen und wurde erster Inspekteur der Luftwaffe.

Strauß gab nach der Feier auf dem Fliegerhorst eine Pressekonferenz, in der er den defensiven Charakter der Nato betonte. Er wies Vorwürfe der bayerischen SPD zurück, die ihn des Rückfalls in den Militarismus bezichtigt hatte. Der CSU-Politiker hatte in einer Rede einige Tage zuvor erklärt, die Waffentechnik des Westens würde im Konfliktfall die Sowjetunion von der Landkarte streichen.

Die Aufregung kam nicht von ungefähr. Die Lage war angespannt, der Kalte Krieg drohte heiß zu werden. Zwar hatte der neue sowjetische Staats- und Parteichef Nikita Chruschtschow die Entstalinisierung eingeleitet und eine friedliche Koexistenz ausgerufen. Am 4. November 1956 aber marschierten sowjetische Truppen in Ungarn ein, um einen Aufstand niederzuschlagen. Am 31. Oktober bombardierten englische und französische Flugzeuge ägyptische Flughäfen, weil Präsident Gamal Abdel Nasser den Suezkanal verstaatlicht hatte. Strauß nutzte die Pressekonferenz, um Bedenken zu zerstreuen. Nach 25 Minuten beendete er den Auftritt, weil er wegen des schlechten Wetters nach Bonn zurückfliegen wollte. Ein großer Teil der etwa 100 Journalisten mussten dagegen in der Kreisstadt nächtigen, weil dichter Nebel den Flugverkehr stoppte.

Ein knappes Jahr später, am 1. November 1957, übergab die US-Airforce das Kommando im Fliegerhorst an die Deutschen. Mittlerweile hatte Strauß mit seiner Absicht, deutsche Atomwaffen anzuschaffen, eine außerparlamentarische Protestbewegung entfacht. In Fürstenfeldbruck gründete der Schriftsteller und Verleger Paul Heinzelmann im April 1957 eine Ortsgruppe der "Internationale der Kriegsdienstgegner".

© SZ vom 12.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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