Fürstenfeldbruck:Erst die Märchen, dann das Varieté

Festival der Marionetten

Sechs Märchen werden beim Festival der Marionetten in Fürstenfeldbruck aufgeführt, darunter auch Rotkäppchen.

(Foto: Veranstalter)

Das mehr als 200 Jahre alte "Festival der Marionetten" gastiert von diesem Freitag an in Fürstenfeldbruck. Mit einer Mischung aus traditioneller Spielkunst und moderner Technik sollen nicht nur Kinder angesprochen werden

Von Julia Bergmann, Fürstenfeldbruck

Das Familienunternehmen von Tanja und Simon Maatz widmet sich einer Kunst, die heute fast in Vergessenheit geraten ist: dem Puppenspiel. Mit dem 1798 von Alois Maatz gegründeten Festival der Marionetten gastierten die Puppenspieler von diesem Freitag an fast zwei Wochen lang in Fürstenfeldbruck und wünschen sich vor allem eines: möglichst viele Kinderaugen zum Strahlen zu bringen.

Das ist es, was Tanja Maatz an ihrem Beruf am meisten liebt. Egal wo die Familie ihren sogenannten Zeltpalast aufschlägt und den traditionellen Märchen mit Hilfe ihrer Marionetten neues Leben einhaucht, es sind immer die kleinen Momente, wie die Freude der Kinder, die die Familie Maatz in ihrer Leidenschaft bestätigt. Diese wurde übrigens sowohl Tanja als auch Simon Maatz in die Wiege gelegt. Simon Maatz Urgroßvater war der Gründer des Festivals und auch seine Frau kommt aus einer Puppenspielerfamilie. "Meine Eltern hatten klassische Handpuppen", erzählt sie. Es muss so etwas wie Schicksal gewesen sein, als die beiden vor rund 30 Jahren auf einem Puppenspieler-Festival zum ersten Mal aufeinandergetroffen sind.

Seither reisen die beiden gemeinsam neun Monate pro Jahr mit ihrem Festival durch Süddeutschland und kümmern sich um das Fortbestehen des Puppentheaters. Dazu gehört auch die Pflege und regelmäßige Sanierung der etwa 80 Figuren. Während Simon Maatz die Holzteile der kleinen Charaktere neu lackiert, ein langsam abblätterndes Lächeln wieder zum Strahlen bringt und Requisiten wie ein Hexenhaus oder einen Miniaturbackofen anfertigt, näht seine Frau gemeinsam mit ihrer Schwester und Mutter winzige Kostüme. Das Festival der Marionetten ist ein richtiges Familienunternehmen, in das sich auch schon der jüngste Sohn Angelo mit einbringt. Der 13-Jährige spielt seit Kurzem die Rolle des Eisernen Heinrich im Froschkönig. Das Spielen - die Fingerfertigkeit sowie die schauspielerischen Aspekte - werden bei Familie Maatz von Generation zu Generation weitergegeben. Beim jüngsten Sohn sei die Begeisterung für diese alte Kunstform allerdings schon ungewöhnlich früh erwacht, erinnert sich die Mutter. "Mit drei Monaten wollte er immer schon zum Kasperl, immer in Richtung Bühne", erinnert sie sich.

Die Kasperl-Marionette ist wohl auch eine der außergewöhnlichsten Figuren der Familie. Immerhin besitzt sie, vor 97 Jahren von Simon Maatz' Großvater geschnitzt, mittlerweile antiken Wert. Viele der Marionetten, mit denen die Familie spielt, stammen aus dieser Zeit. Einige der Puppenköpfe sind noch älter, sie wurden noch vom Urgroßvater hergestellt.

So spielt die Tradition beim Festival der Marionetten eine große Rolle. Wert auf das Moderne legt die Familie aber ebenso. "Früher wurden die Märchen oft nur heruntergesprochen", sagt Tanja Maatz. Mittlerweile wird mehr geboten und zwar mit Hilfe von Musik, Lichteffekten oder sogar einer Nebelmaschine. Beim Publikum kommt das laut Tanja Maatz an. Heute habe zwar jeder etliche Kinderfilme auf DVD zu Hause, aber ein Besuch im Puppentheater sei doch ein ganz eigenes Erlebnis. Es sei für das Publikum - egal ob jung oder alt - sehr viel einprägsamer als es ein Film je sein könnte, meint Tanja Maatz. Dem Puppenspiel wohnt ein gewisser Zauber inne, der sich offenbar nur schwer auf einen Bildschirm bannen lässt. Das merkt Maatz auch daran, dass viele die einmal da waren, immer wieder kommen. "Bis sie elf Jahre alt sind, kommen die Kinder gerne", sagt sie. "Dann genieren sie sich meistens, kommen später aber oft mit der nächsten Generation zurück", sagt die 49-Jährige. Auch Erwachsene können sich für die Shows begeistern, betont sie. Vor allem wenn nach der 80-minutige Märchen-Aufführung die Marionetten-Varieté-Show beginnt, die für das Publikum einige kleine Überraschungen bereithält.

Festival der Marionetten, 22. September bis 3. Oktober, Volksfestplatz Fürstenfeldbruck. Vorführungen täglich von 16.30 Uhr an, sonn- und feiertags von 15 Uhr an, 27. und 28. September Ruhetage. Programm-Info telefonisch unter 0172/76 38 95 8.

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