Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Mehr Licht in der Erlöserkirche

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Zum 100-jährigen Bestehen soll der Innenraum der evangelische Kirche heller werden. Die Gemeinde muss eine halbe Million Euro zu den Baukosten beitragen.

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Als die Gemeinde der evangelischen Erlöserkirche in Fürstenfeldbruck am ersten Adventssonntag inbrünstig "Macht hoch die Tür" anstimmt, reicht die Macht des Gesangs nicht zum Ausblasen der ersten Kerze am Adventskranz. Was sich Dekan Markus Ambrosy wünschte. Der unter dem Tonnengewölbe der neuzeitlichen Kirchenburg schwebende giftgrüne Engel mit Raketenantrieb als der Teil einer Kunstaustellung startet nicht laut durch. Darauf kommt es nicht an. Schließlich verbinden die Gläubigen mit dem Festgottesdienst andere Erwartungen als normalerweise in der Adventszeit. Das Kirchenlied und die Begleitung der Feier mit Posaunen und Chorgesang dienen der Einstimmung auf einen vier Jahre dauernden Spendenmarathon zur Renovierung des Gotteshauses. Traditionell beginnen am ersten Adventssonntag in evangelisch-lutherischen Kirchen die Sammlungen der Aktion "Brot in der Welt".

Am 3. April 2027 wird die Mutterkirche der evangelischen Christen im Landkreis 100 Jahre alt. An dem Tag soll das etwas heruntergekommene Bauwerk nach einer Generalsanierung in neuem Glanz erstrahlen. Die Gemeinde muss die Hauptlast stemmen. Die geschätzt 750 000 Euro teure Renovierung ist nur zu finanzieren, wenn sie dazu zwei Drittel beisteuert. Diese Summe ist noch aufzutreiben. An Ermutigung, dass das gelingt, fehlt es nicht. Ambrosy sieht Analogien zur Zeit des Kirchenbaus. Die Hyperinflation ließ 1923/24 die mühsam vom Kirchenbauverein angesparten 40 000 Mark auf ein Nichts dahinschmelzen. Trotzdem ging damals Pfarrer Julius Stockmeier das Bauvorhaben an.

Ganz so schlimm steht es diesmal nicht. Der Dekan spricht von Mut und Gottvertrauen. Er zeigt sich angesichts der Herausforderung ebenso optimistisch wie die ehemalige Regionalbischöfin Susanne Breit-Kessler als Predigerin. Wie es die Fügung will, ist zum Auftakt etwas vom künftigen Glanz zu spüren. Die tiefstehende Wintersonne lässt den normalerweise düsteren Innenraum lichtdurchflutet und hell erstrahlen. Das lässt ahnen, wie er sich nach der Sanierung präsentieren soll. Es geht darum, den Bestand zu erhalten, zu zeigen, was man hat, und mit den Mitteln der Lichttechnik hervorzuheben. Also den Kirchenraum zu lesen und in seiner Logik zu verstehen.

Verlässliches Zuhause

Breit-Kessler beschreibt Kirchen als Bauwerke, in denen Banales, Extravagantes, Erschütterndes mit einer Macht konfrontiert werden. Sie setzt Zuhörer und Gemeinde in Beziehung zu ihrer Kirche, betont, wie wichtig ein solches Gotteshaus als Ort ist, an dem sich Leben in allen Facetten abspiele. Niemand komme ohne Kirchen aus. In Krisenzeiten wie jetzt sehne man sich nach Orten, an denen man zu Hause ist. Und Kirchen seien ein verlässliches Zuhause.

Als Breit-Kessler den Blick auf Kirche als irdische Heimat von Christen um die Perspektive von Kirche als künftiges Zuhause erweitert, greift sie den Zauber der Engelausstellung auf. Die Engel erinnern sie an den Erzvater Jakob und dessen Traum von der Himmelsleiter, auf der er Engel hinauf- und hinunterklettern sah. Wo Engel das tun, finde sich die Pforte des Himmels. Die Ausstellung zeige, in der Erlöserkirche gingen Engel aus und ein. "Ihr wollt bauen, ihr Brucker", ruft sie den Zuhörern mit Bezug auf Jakob zu. Gerade in einer Welt, die bange, sei die Gemeinde dazu berufen, an Christi statt zu agieren.

Kleine Lösung

Bei einem Empfang erläutert Architekt Thomas Neumeister das Konzept der Renovierung. Er präsentiert Variante 7 als Ergebnis von seit zwei Jahren geführten Gesprächen mit Denkmalschützern und der Gemeinde. Am Anfang standen Überlegungen, den Altarraum leerzuräumen, also auch den alten Altar zu entfernen, den Boden von Chorraum und Kirchenschiff zu nivellieren und die Mauer der rechten Chorwand für ein Fenster zu durchbrechen. Derart massive Eingriffe in den denkmalgeschützten Bau und die zu erhaltende Innenausstattung lehnte die Denkmalschutzbehörde ab. Das hätte den Raum zu sehr verändert.

So bleibt es bei einer kleinen Lösung. Vor den Stufen zum Chor entsteht ein zweiter Altar samt einer multifunktional zu nutzenden Fläche. Dazu werden mehrere Bankreihen abgebaut und durch Designerstühle ersetzt. Aufgewertet werden die alten Messingleuchter auf dem Querbalken der Kreuzigungsgruppe am Hauptaltar sowie die als Leuchtkörper dienenden Morgensterne durch das neue Lichtkonzept als Hommage an die Familie von Miller. Auf diese geht die Elektrifizierung der Kreisstadt zurück und sie steuerte auch die Beleuchtung für die damals neue Erlöserkirche bei. Das Lichtkonzept sieht noch vor, das Tonnengewölbe so auszuleuchten, dass ein neues Raumgefühl entsteht. Nach dem Motto "edle Einfalt, stille Größe" setzt man auf Einfachheit und Klarheit.

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