Fürstenfeldbruck:Erfahrungen einer Muslima

Gesprächskreis Gnadenkirche

Ümran Karagöz (rechts) erzählt den Teilnehmern des Gesprächskreises von ihren alltäglichen Erfahrungen.

(Foto: Günther Reger)

Beim Brucker Männerkreis erzählt Ümran Karagöz vom Islam

Von Sabrina Küspert, Fürstenfeldbruck

Wenn zu einer Podiumsdiskussion zum Thema "Islam und die Frauen" eingeladen wird, erwartet man eigentlich, eine mit Fakten und den passenden Koran-Stellen vorbereitete Referentin anzutreffen. Diese könnte mit anderen Fachleuten über die Stellung der Muslima diskutieren und so dem Publikum verschiedene Denkanstöße mit auf den Weg geben. Die so angekündigte Veranstaltung des Brucker Männerkreises war dagegen eher eine Gesprächsrunde von zwölf Männern und einer in Fürstenfeldbruck lebenden, muslimischen Frau. Im Gemeindesaal der Brucker Evangelischen Gnadenkirche erzählte Ümran Karagöz, die zur Leitung der Brucker Ditib-Moschee gehört, zwar anschaulich und interessant von ihren eigenen Erfahrungen als Muslima. Bei ihren Aussagen konnte sie sich aber auf keine Fakten berufen.

"Ich habe den Koran nicht wie ein Imam studiert", erklärte sie während der Veranstaltung darum auch ganz offen. Doch zumindest am Anfang stand nicht nur ihre persönliche Meinung im Zentrum der Diskussion. Denn Richard Gedon sprach als Organisator der Veranstaltung zuerst die Geschichte von Judentum, Christentum und Islam an. Daraus sei dann auch eine "strenge Aufteilung der Zuständigkeiten von Mann und Frau" entstanden. So durften dann auch erst vor weniger als 50 Jahren die ersten evangelischen Pfarrerinnen praktizieren. Weibliche Imaminnen konnte sich Karagöz dann aber nicht vorstellen. "Kein Mann stellt sich in der Moschee hinter eine Frau und betet ihr nach", meinte sie. So war sie persönlich auch der Meinung, dass es wohl keinerlei Diskussionsansätze gäbe, Frauen und Männer in der Moschee zu mischen. Bisher werden sie von einem Vorhang getrennt, ähnlich wie früher auf den christlichen Kirchenbänken die Männer auf der rechten und die Frauen auf der linken Seite saßen.

Zuerst interessierten sich die Teilnehmer der Gesprächsrunde für solche offensichtlichen Abgrenzungen. Im Laufe der zweistündigen Veranstaltung zeigten sich dann aber drei der Anwesenden sehr gut vorbereitet. So kam einer davon auf eine, wie er es nannte, muslimische "Grundregel" zu sprechen: Es sei eine Kernaussage des Korans, dass Mann und Frau vor Gott gleichgestellt sind. "Im Alltag ist das aber offensichtlich nicht so. Da greifen wohl ganz andere Regeln", sagte er und traf damit eine Thematik, die eigentlich von Anfang an im Zentrum der Diskussion hätte stehen können.

So erzählte Karagöz, die seit fast 50 Jahren in Deutschland lebt, dann wie Jugendliche ihre Mutter verehren und gegen den Vater verteidigen, weil einem "die Vortür zum Paradies offensteht, wenn man gut zur Mutter ist". Oder dass der Umgang mit der Verschleierung immer von der Persönlichkeit der Muslima selbst abhängt, ob diese sich abschotten oder Vorurteile aufklären will. Sie erklärte auch, wie es dazu kommt, dass Muslime manchmal noch eine zweite Ehefrau haben und dass es sich rein historisch aus dem Frauenüberschuss zu deren Schutz erkläre. Und dass das eben alles "schön im Koran steht", aber wie es gelebt werde, immer "vom Druck der Gemeinschaft" abhänge.

Im Anschluss wurde ihr zwar für ihre Offenheit gedankt und Karagöz sagte selbst: "Ich wollte so auf die Fragen der Männer antworten, wie ich den Islam lebe und vorgelebt bekommen habe." Dennoch fehlte manchen Anwesenden eine fundierte Koranerklärung, das ein Imam vielleicht besser vermittelt hätte. Das sah auch Hans-Peter Otto so, der zum ersten Mal am Brucker Männerkreis teilnahm: "Sie hat interessante persönliche Dinge erzählt, aber mir fehlte eben einfach die wissenschaftliche Perspektive."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: