Kirche:Entlastung für die Pfarrer

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"Wir sind Seelsorger, keine Verwalter", sagt Kreisdekan Albert Bauernfeind. Nun wird es Entlastung geben. Bis zum Herbst sollen fünf Verwaltungsleiter in den Pfarrverbänden im Landkreis mit der Arbeit beginnen und die nicht seelsorgerischen Aufgaben übernehmen.

Von Nina Storner, Fürstenfeldbruck

"Einer trage des anderen Lasten, und so werdet ihr das Gesetz des Christus erfüllen." So steht es bereits im Brief des Paulus an die Galater. Im neuen Testament wurde damit die Diakonie verkündet, die tätige Nächstenliebe. Nun will Kardinal Reinhard Marx auch den katholischen Pfarrern eine Last von den Schultern nehmen: Von Herbst an könnten im Dekanat Fürstenfeldbruck die ersten Verwaltungsleiter eingesetzt werden.

Schon seit vielen Jahren tragen die Pfarrer ein schweres Kreuz, was Verwaltung, Organisation, Personal und Finanzen betrifft. "Das hat nichts mehr mit dem eigentlichen Beruf eines Priesters zu tun", sagt Kreisdekan Albert Bauernfeind: "Wir sind Seelsorger, keine Verwalter." Von Anfang an ist der 62-jährige Pfarrer für die Entlastung vor Ort eingetreten.

Mit 76 000 Katholiken im Dekanat berechnen sich über einen vorgegebenen Schlüssel 114 Arbeitsstunden an Verwaltung. Dies entspreche fünf zukünftigen Verwaltungsleiterstellen. Bislang sei dies der Kirche zu teuer gewesen. Bauernfeind ist froh, dass das Erzbistum München-Freising nun doch Geld in die Hand nehme. "Wir brauchen die Hilfe eigentlich schon vorgestern."

Seit dem im Jahr 2010 festgelegten Orientierungs- und Strukturrahmen der Erzdiözese München-Freising sei es mehr als schleppend vorangegangen in der Personalplanung. Viele Pfarreien schloss man zu Pfarrverbänden mit jeweils einem Pfarrverbandsleiter zusammen, der Organisationsaufwand summierte sich. "Bei uns ist es aber auch nicht einfacher", sagt Gregor König, Pfarrer der letzten Einzelpfarrei im Dekanat. Vor sechs Jahren kam er nach Sankt Johann Baptist in Gröbenzell. Dann entstanden aus den ehemals 26 Pfarreien acht Pfarrverbände und seine Einzelpfarrei. Dank ihrer Dimension und Lage kam ein Gutachten zu dem Schluss, dass ein Pfarrverband nicht sinnvoll sei. Genau diese Umstände wurden allerdings zum Problem. "Wir schwimmen in Arbeit. Ich möchte mich endlich wieder auf meine Kernaufgabe konzentrieren: die Seelsorge."

Doch die Seelsorge muss sich schon seit geraumer Zeit hinten anstellen. Wer denkt, das Priesteramt erschöpft sich in ein paar Messen am Wochenende, der liegt falsch. Der Beruf des Pfarrers umfasst die Feier von Gottesdiensten, die Spendung von Sakramenten, die Vorbereitung von Hochzeiten, Taufen oder Beerdigungen, den Religionsunterricht, die Zusammenarbeit mit karitativen Einrichtungen sowie viele weitere Sonderaufgaben, beispielsweise Jugend- und Seniorenarbeit. Hinzu kommen organisatorische Tätigkeiten wie die monatliche Dekanatskonferenz, bei der sämtliche Seelsorger anwesend sind. Und zu dieser Fülle an Aufgaben gesellen sich historisch bedingt eben auch Verwaltung, Personal und Finanzen, bisher verteilt auf nicht dafür ausgebildete Seelsorger.

"Da frage ich mich: Muss es wirklich ich sein, der dafür zuständig ist, den nächsten Hausmeister zu bestimmen?" Das bezweifelt der Gröbenzeller Pfarrer und hofft auf fachlich und sozial kompetente Unterstützung, die sich mit Geschäftsführung auskennt. Der künftige Verwaltungsleiter müsse eng mit der ehrenamtlich gewählten Kirchenverwaltung zusammenarbeiten. Sie ist das zuständige Organ für den Kirchenhaushalt in einer Pfarrei. "Das letzte Wort bleibt zwar beim Gremium. Trotzdem sollte er oder sie wissen, wo die Prioritäten liegen."

Dieser Meinung ist auch der Kreisdekan. Seit kurzem sei beschlossen, dass die künftigen Verwaltungsleiter in der Landeshauptstadt beim Erzbischöflichen Ordinariat angestellt würden. Die Suche nach geeignetem Personal vor Ort wurde eingestellt - zu spät, wenn man so will. Einen möglichen Kandidat oder eine mögliche Kandidatin hätte Bauernfeind schon in der Hinterhand. "Zwar liegt letztlich die Entscheidung beim Ordinariat, aber eine Mitsprache steht uns zu", sagt der Kreisdekan. Er habe seinem Favoriten volle Unterstützung zugesagt.

So ein Verwaltungsleiter, gleich ob Mann oder Frau, müsse nebst kirchlichem Hintergrund mindestens einen Bachelor-Abschluss in Betriebswirtschaft vorweisen. Ausgeprägte Empathie und ein gewisses Feingefühl für Kirchenangelegenheiten seien die Basis einer vertrauensvollen Zusammenarbeit. Für die Priester hieße dies, Kompetenzen abzugeben. "Wenn wir dazu nicht bereit sind, dürfen wir nicht nach Hilfe rufen!", mahnt Bauernfeind. Wie in allen Bereichen heutzutage, sei strukturell gesehen die pastorale Belastung, also die Überarbeitung der Einzelperson, die größte Herausforderung für die katholische Kirche. Bauernfeind: "Ich freue mich auf diese unendliche Entlastung, die da kommen wird und muss."

© SZ vom 23.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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