Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Eine Insel geht unter

Ethikschüler machen die Folgen der Erderwärmung deutlich

Von Kristina Kobl, Fürstenfeldbruck

Auf dem Boden vor der Grundschule Mitte entsteht ein riesiges Kunstwerk. Mit bunter Kreide malen Buben und Mädchen Wasser, Land, Hütten und Segelboote auf den Asphalt. Sie schaffen die Fantasieinsel Kiritimati, die später symbolisch versenkt wird, um auf den Klimawandel aufmerksam zu machen - ein Projekt des Ethikkurses der vierten Klasse. Ein paar Meter neben der Insel stehen zwei Schüler in Warnwesten und halten ein Absperrband. "Wir lassen nur Leute durch, die mit dem Fahrrad oder zu Fuß kommen", sagt Benjamin. Die Bedingung leuchtet ein. Zum Glück ist die Straße nicht sehr befahren: Kiritimati bleibt fast autofrei.

Sie wollten über den Klimawandel reden, sagen die Grundschüler zu den Passanten. Der Meeresspiegel steigt, das Grundwasser versalzt und viele Inseln gehen unter - geradeheraus und präzise erklären sie den Passanten das Problem. Und geben auf ihren Flyern Lösungsansätze: weniger Autofahrten, Plastik vermeiden und Energie sparen.

"Es ist eine ausgedachte Insel, die aber bald schon nicht mehr existieren wird", erklärt Schüler Jannik. Kiritimati ist angelehnt an den pazifischen Inselstaat Tuvalu, der nur 1,90 Meter über dem Meeresspiegel liegt. Die Viertklässler seien schon sehr empfänglich für das Thema, sagt Ethiklehrer Wennemar Tamm, der mit seiner Kollegin Verena Apfel das Projekt organisiert hat. "Das Abstrakte wird immer konkreter, und sie beschäftigen sich auch in anderen Fächern mit der Welt da draußen", sagt Tamm. Während die Ethikschüler an diesem Tag in der dritten und vierten Schulstunde eine Insel versenken, haben die Religionsschüler regulären Unterricht.

Nach der gemeinschaftlichen Malaktion ist die Insel schon dem Untergang nah: Eine Schülerin wird als Inselbewohnerin zu Boden gestürzt. Der Auslöser: Die Bedrohung durch den Klimawandel - in der Gestalt eines aus Klopapier gebastelten Kraftwerks. Die Insel ist unbewohnbar, die Show ist vorbei.

Schulleiterin Ilona Seyfried lobt das Engagement von Lehrern und Kindern. Dadurch werden auch die Eltern beeinflusst, ihr Verhalten zu ändern, sagt sie. "Auch wenn wir hier in Fürstenfeldbruck nicht direkt betroffen sind, weil wir keine Insel haben, ist es wichtig etwas zu unternehmen." Bald wollen die Schüler die Aktion auf einem öffentlichen Platz in der Stadt wiederholen, um mehr Publikum anzulocken.

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Quelle:
SZ vom 19.10.2019
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