Fürstenfeldbruck:Eindrücke aus dem Mittelalter

Brucker Schüler berichten von ihrem Aufenthalt im Campus Galli

Von Manfred Amann, Fürstenfeldbruck

In Fantasy-Romanen und -filmen sind Zeitreisen eine Fiktion, für zwölf Schüler des Viscardi-Gymnasiums und für zwei Lehrkräfte wurde ein Zeitsprung von etwa 1200 Jahren zurück in die Zeit Karls des Großen vor Kurzem jedoch zu einer lehrreichen aber auch anspruchsvollen Realität. Finanziell unterstützt vom Historischen Verein für die Stadt und den Landkreis Fürstenfeldbruck halfen die 17- und 18-jährigen jungen Frauen und Männer des Projekt-Seminars "Experimentelle Archäologie" fünf Tage lang auf dem Campus Galli in der Nähe der Stadt Meßkirch im Naturpark Obere Donau bei den Arbeiten zur Anlage und zum Aufbau eines "Idealklosters" mit.

Mönche von der Insel Reichenau, im 30 Kilometer entfernten Bodensee gelegen, hatten den Idealplan etwa um das Jahr 830 für das Schweizer Kloster St. Gallen erarbeitet und in einem Plan festgehalten. Zum Dank für die Unterstützung und auf Wunsch von Vereinschefin Anna Ulrike Bergheim berichteten die Schüler unlängst im Veranstaltungsforum über ihren Aufenthalt im frühen Mittelalter. Einige Tage später reisten dann rund 30 Vereinsmitglieder unter Leitung von Vorstandsmitglied Volker Goldbeck selbst zum Campus Galli, um das von den Schülern mit Begeisterung geschilderte "Leben, und Arbeiten wie im Frühmittelalter" bestätigt zu finden. Wie Geschichtslehrer Patrick Rotter zu Beginn des Vortrages erzählte, soll nach dem weltberühmten Klosterplan auf dem über zehn Hektar großen Waldgelände des Campus Galli neben einer großen Klosterkirche alles unterkommen, was für ein autarkes Klosterleben benötigt wird, von Hühner-, Schweineställen über Kräuter-, Gemüse - und Obstgarten, der auch als Friedhof dienen soll, bis zu allen damals üblichen Handwerken wie Wagner, Schmied, Zimmerer und Weber.

Und alle Arbeiten sollen nach Möglichkeit so durchgeführt werden, wie es in karolingischer Zeit möglich war. "Wir trugen Kleider wie damals und unsere Aufgabe war es, unter Anleitung an verschiedenen Stationen Werkzeuge, Stoffe, Haushaltsgegenstände und Material für den Häuserbau herzustellen, ganz so wie die Menschen es damals taten. "Es war mühsam, aus Lehm Ziegel zu formen und zu brennen, Tongeschirr herzustellen oder Dachschindeln zu schnitzen, aber es hat Spaß gemacht", sagte eine Schülerin und Lehrer Rotter fand auch die "Erfahrung von Entschleunigung" wichtig. Man habe sich erst daran gewöhnen müssen, ohne Uhr und Handy zurechtzukommen und Wasser nur aus Bechern, ja nicht aus Flaschen zu trinken, denn das alles habe es vor gut einem Jahrtausend ja noch nicht gegeben, erzählten die Schüler und waren sich einig, dass der Aufenthalt "ein Erlebnis fürs Leben" gewesen sei.

Abwechselnd erläuterten sie anhand von Fotos wie man im Camp Honig aus Waben in hohlen Baumstämmen gewinnt oder welche Weiden man zum Korbflechten verwenden kann und wie lange man diese bei welcher Stärke wässern muss, bis die biegsam genug sind. Reizvoll und interessant sei es gewesen, mit dem karolingischen Fuß Balken abzumessen oder auf der Wippbogen-Drechselbank Rundhölzer zu bearbeiten. Wie ein Schüler erklärte, misst das von Kaiser Karl dem Großen für sein gesamtes Reich festgelegte Fußmaß 32,4 Zentimeter, unterteilt auf vier Hände zu je vier Finger. Wie die Reisegruppe von ihrem Führer im Campus Galli erfuhr, waren die Schüler "hochmotiviert und engagiert" und haben einen wichtigen Beitrag für das Projekt geleistet, das je nach finanzieller Ausstattung, die von Fördergeldern und Spenden abhängt, in 40 bis 50 Jahren fertig sein soll.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: