Fürstenfeldbruck:Ein Offizier und Gentleman

Fürstenfeldbruck: Vor-Seit-Schluss: Die richtigen Schrittfolgen für Walzer oder Foxtrott lernen die Offiziersanwärter in einem eigenen Tanzkurs.

Vor-Seit-Schluss: Die richtigen Schrittfolgen für Walzer oder Foxtrott lernen die Offiziersanwärter in einem eigenen Tanzkurs.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Am Brucker Fliegerhorst üben junge Soldaten das Tanzen. Dabei kommt es nicht nur auf das Erlernen der richtigen Schritte an, sondern auch auf die Etikette

Von Katharina Knaut, Fürstenfeldbruck

Die Tür zum Ballsaal schwingt auf. Junge Mädchen auf zierlichen Schuhen mit Absatz und Riemchen betreten lachend, wenn auch ein wenig unsicher, den großen Raum mit den Kronleuchtern und den getäfelten Wänden. Sie streben hin zu den bodentiefen Fenstertüren, die hinaus führen in die hereinbrechende Nacht. Erneut öffnet sich die Tür und eine Gruppe junger Männer strömt herein, den Rücken gerade, die Schultern straff, einige in Uniform. Im Gegensatz zu den Mädchen wenden sie sich nach links und sammeln sich ihnen gegenüber. Es liegt eine Spur Verunsicherung über dem Raum, wie immer, wenn zwei Gruppen verschiedenen Geschlechts aufeinander treffen. Untereinander plaudert man angeregt, der gegenüberliegenden Partei wirft man nur hin und wieder einen verstohlenen Blick zu. Dann kommt die freundliche, doch bestimmte Aufforderung der Tanzlehrerin mit der Autorität einer Gouvernante: "Meine Herren, bitte suchen Sie sich eine Dame für eine Runde langsamen Walzer!" Schweigen. Unsichere Blicke. Und dann schließlich, ein paar zaghafte Schritte hin zur anderen Seite des Saals, hin zu den etwas unsicher lächelnden Mädchen auf den zierlichen Schuhen mit Absatz und Riemchen.

Es ist wie eine moderne Version von "Ein Offizier und Gentleman", die sich im Fliegerhorst ereignet. Junge Offiziersanwärter, die auf dem Land ausgebildet werden und dabei auf die örtlichen Mädchen treffen, im Falle des Fliegerhorsts im Zuge eines Tanzkurses. "Ein Offizier muss in der Lage sein, sich richtig zu verhalten", erklärt Ralf Gogolin. Teil der Ausbildung sei es, Stil und Form zu vermitteln, beispielsweise wie man angemessen isst oder spricht. Vor einigen Jahren gehörte dazu auch noch ein obligatorischer Tanzkurs, was jedoch abgeschafft wurde. "Die Offiziersanwärter haben sich das aber wieder gewünscht," so Gogolin. Schon allein für den Abschlussball, der für die Offiziersanwärter am Ende des Lehrgangs veranstaltet wird.

Daraufhin hatte die Offiziersschule ein Arrangement mit der Tanzschule Trautz aus Olching getroffen. Ein- bis zweimal pro Woche kommt die Leiterin der Tanzschule, Dagmar Fink-Käsweber, in den Fliegerhorst und unterrichtet die Offiziersanwärter, die das Angebot wahrnehmen möchten, in den Grundschritten der Standard- und Lateintänze. 75 Teilnehmer haben sich angemeldet, das seien etwa 70 Prozent der Offiziersanwärter seiner Inspektion, sagt Gogolin. Da darunter nur 13 Offiziersanwärterinnen sind, werden die fehlenden Partnerinnen von der Tanzschule Trautz organisiert. Zumeist kommen sie aus den eigenen Reihen, es sind jedoch auch Mädchen dabei, die zum ersten Mal einen Tanzkurs machen.

An diesem Abend ist es die vierte von insgesamt vier Inspektionen, die ihre Tanzstunden absolviert, erstmals nach einer mehrwöchentlichen Pause, in der die Inspektion auf Außenvorhaben war. Auch die Damen müssen sich erst wieder eingewöhnen. Daher gibt es erst einmal eine kurze Einführung durch Fink-Käsweber. "Wir haben ein Vor-Seit-Schluss und Zurück-Seit-Schluss", instruiert sie ihre Schüler. Worte, die im ersten Moment kryptisch klingen, bei Betrachtung der zugehörigen Schritte jedoch durchaus schlüssig sind. In einem langsamen Rhythmus setzt die Leiterin der Tanzschule zunächst den rechten Fuß nach vorne, um danach mit dem linken Fuß zur Seite zu gehen und mit dem rechten wiederum zu schließen, sodass ihre Füße wieder parallel stehen. Diese Schrittfolge wiederholt sie, beginnend mit dem linken Fuß und nach hinten, sodass sie am Ende der Folge ein Viereck beschrieben hat - der Grundschritt des langsamen Walzers. Dann blickt sie erwartungsvoll auf die 17 Paare, die ihr konzentriert zugesehen haben. "Probieren Sie's! In Tanzhaltung, die Dame leicht versetzt nach rechts." Die Musik, eine langsame, melancholische Melodie, setzt ein, und los geht's. Währenddessen ist immer wieder die Stimme Fink-Käswebers zu hören. "Vor-Seit-Schluss, kleine Schritte und immer dabei lächeln!" Anfangs sind die Schritte noch unsicher, dann klappt es immer besser. Auch die anfängliche Schüchternheit ist verflogen. Etliche Paare unterhalten sich angeregt, lachen oder diskutieren über die richtige Schrittfolge.

Es wundert kaum, dass sich dabei auch schon das ein odere andere Paar gefunden hat. "Ich habe tatsächlich meine Freundin hier kennengelernt," sagt Offiziersanwärter Daniel Tarras. Ebenso wie einer seiner Kameraden. "Die Tanzkurse sind die ideale Gelegenheit, neue Bekanntschaften zu schließen", meint Tarras. Etwas, worauf Fink-Käsweber viel Wert legt. Sie sorgt dafür, dass die Partner möglichst oft durchwechseln. Etwa zehn Minuten drehen die Paare ihre Runden, dann kommt auch schon die Aufforderung: "Meine Damen, suchen Sie sich bitte einen neuen Herren!" Wobei auch hier auf Etikette geachtet wird. Bei jedem Partnerwechsel werden die jungen Männer und Frauen angewiesen, sich zuzunicken und sich für den Tanz zu bedanken. Ebenso wie es dazugehöre, jeden neuen Partner anzulächeln und sich vorzustellen, wenn man sich nicht kennt, so Fink-Käsweber.

Auf diese Weise tanzen sich die Paare durch den langsamen Walzer, wiederholen den Discofox und drehen ein paar Runden Wiener Walzer, um schließlich zum Foxtrott zu gelangen. Als Dagmar Fink-Käsweber diesen Tanz ankündigt, wird es erst einmal still. Gingen die Tänze davor noch recht flüssig, bereitet der Foxtrott doch ein paar Probleme. Bei vielen ist der Blick auf die Füße gerichtet, während man sich durch den Saal bewegt. Da kann es dann schon mal zum ein oder anderen Zusammenstoß kommen. Nach ein paar Runden und ein wenig Hilfestellung sind die Schwierigkeiten überwunden. Ein bisschen Zeit ist ja auch noch bis zum Kursabschluss, bei dem die jungen Damen und Herren in Abendgarderobe ihre Tanzkünste bereits vor dem offiziellen Abschlussball beweisen können. Für diesen Übungsabend haben die Tänzer es jedoch erst einmal geschafft. Nach einer letzten Runde Discofox nickt man sich ein letztes Mal zu und bedankt sich. Dann geht man wieder auseinander und verlässt den Saal - in getrennten Gruppen.

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