Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Digitale Senioren

Der "Tag der älteren Generation" stellt die Frage, ob Computer, Tablets und Smartphones bei den Älteren angekommen sind?

Von Ekaterina Kel, Fürstenfeldbruck

Auch Grauhaarige können Selfies machen. Und sie dann mit ihren Freunden teilen. Senioren, die Smartphones nutzen, im Zug ihren Laptop herausholen, auf dem Tablet nebenbei ihre Mails checken - das mögen womöglich ungewöhnliche Bilder sein. Den Anlass, sie sich trotzdem vorzustellen, bietet dieses Jahr der Tag der älteren Generation.

Im alltäglichen Leben läuft mittlerweile vieles digital ab: Online-Banking, Fahrkartenkauf, sogar mancher Antrag soll elektronisch bei Behörden gestellt werden. Ältere Menschen tun sich oftmals schwerer mit solchen Neuerungen. Daran erinnert Bayerns neue Sozialministerin Kerstin Schreyer. "Wir müssen darauf achten, dass Senioren bei der Digitalisierung nicht abgehängt werden", mahnt sie an. Eine Studie des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI) bestätigt diesen Eindruck: 48 Prozent der über 60-Jährigen, etwa 10 Millionen der Deutschen, sind Offliner, meiden jegliche Nutzung des Internets. Die Geräte dazu scheinen allerdings auf mehr Interesse bei den Älteren zu stoßen. In Computer-Clubs treffen sich solche, die keine Lust darauf haben, die Abgehängten zu sein. Michel Theil veranstaltet im Bürgerpavillion Fürstenfeldbruck einen Senioren-Computer-Treff, zu dem wöchentlich etwa 15 Menschen kommen. In Eichenau verzeichnet der PC-Stammtisch in der Senioren-Begegnungsstätte an manchen Tagen bis zu 30 Teilnehmer. Auch in Grafrath, Germering oder Moosach gibt es Computer-Gruppen für Senioren. Sie kommen mit ihren Laptops und haben konkrete Fragen: Wie kann ich meine Bilder bearbeiten? Wie installiere ich Virenschutzprogramme?

Immer mehr würden auch wegen ihrer Smartphones kommen, berichtet Theil. Die Geschichte geht fast immer so: Die Kinder schenken ihren Eltern ein Smartphone oder ein Tablet, damit auch sie sich an den Familien- oder Urlaubsbildern erfreuen können. Sie erklären ihnen die Bedienung des Geräts vielleicht am Anfang. Aber für eine dauerhafte Betreuung bleibt wenig Zeit. Sich einen Vorgang, wie das Aufrufen von Fotos auf dem Desktop, zu merken, wird im Alter immer schwieriger - besonders, wenn man eben nicht damit aufgewachsen ist. Das beobachten auch Verkäufer von Mobilfunkshops, die vieles, was für Jüngere selbstverständlich ist, Älteren aufwendig erklären müssen. Von manchen älteren Kunden bekomme er einmal die Woche Besuch im Laden, erzählt Cedrik Hachmann vom Shop Fexcom an der Schöngeisiger Straße. Sie ließen sich dieselben Sachen immer wieder erklären.

Viele wollten vielleicht nichts Neues mehr lernen, sagen, sie seien zu alt. "Aber sie kommen da nicht drum rum", weiß Hachmann. Spätestens, wenn sie Fotos von ihren Enkelkindern sehen wollten. Auch die Sparkasse in Fürstenfeldbruck zählt immer mehr Ältere, die ihren Service des Online-Bankings in Anspruch nehmen. Und es seien vor allem die Älteren, die die Angebote online sehr intensiv und breit gefächert nutzten - von der Überweisung bis zu Brokerage-Aufträgen. Man glaube, dass sich das Problem der Digitalisierung für Senioren ohnehin entschärfen werde, sobald die neue technikaffine Senioren-Generation nachrücke, so ein Sprecher. Theil vom Brucker Computer-Treff beobachtet, dass diejenigen, die sich im hohen Alter für ein smartes Gerät oder einen Computer entschieden haben, interessiert und neugierig seien. Sie wüssten dann: "Wir sind dabei!"

Ausschlaggebend für die Teilhabe ist jedoch nicht allein das Alter, sondern auch andere demografische Faktoren, wie die DIVSI-Studie zeigt. Die Offliner verraten etwas über die Abgehängten, die Schreyer meint. 54 Prozent sind weiblich, 81 Prozent von ihnen verfügen über einen einfachen Bildungsgrad und 71 Prozent haben meist ein Haushaltsnettoeinkommen von unter 2000 Euro.

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Quelle:
SZ vom 04.04.2018
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