Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Die Wiederbelebung der Tunnel-Idee

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Bestärkt durch den Zuspruch bei ihrer Bürgerbefragung will die Fürstenfeldbrucker CSU ein vor fünf Jahren abgelehntes Konzept aus der Schublade holen: Eine Amperunterquerung soll als Bypass für die stauanfällige Hauptstraße dienen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Totgeglaubte leben länger: Einige Monate nach den Kommunalwahlen 2014 hatte eine Mehrheit die Pläne von CSU und Freien Wählern abgelehnt, die Bundesstraße 2 in einem Tunnel unter der Amper hindurch zu führen, um sie sodann an die Bundesstraße 471 anzubinden. Auf diese Weise, so die Hoffnung, könnte man den Durchgangsverkehr aus dem Brucker Zentrum heraushalten. Kritiker hielten das für völlig unrealistisch und außerdem für ein Millionengrab.

Nun aber verspürt die CSU Rückenwind und könnte sich vorstellen, die Sache wieder auf den Tisch zu bringen. Anlass ist die Auswertung einer Bürgerbefragung. Der Ortsverband hatte Bögen an 11 780 Haushalte verteilt, um auszuloten, wie zufrieden die Brucker sind und wo sie der Schuh drückt. Mit 2455 verwertbaren Antworten gingen deutlich mehr als erwartet ein - auf Papier oder auch online.

Die Auswertung unter Federführung von CSU-Schatzmeister und IT-Spezialist Andreas Wörle bestätigt einige Annahmen. So etwa die, dass es in der als familienfreundlich eingestuften Stadt eher schwierig ist, eine bezahlbare Wohnung zu finden und dass der Autoverkehr vor allem im Zentrum als Belastung empfunden wird.

Die Analyse erbrachte allerdings auch einige aufschlussreiche Botschaften. Nur etwa jeder Vierte macht sich Sorgen wegen der Verschuldung der Stadt, und nicht einmal jeder Dritte hält die Bebauung und Gestaltung des Viehmarktplatzes, mit der sich Stadtspitze und Stadtrat seit vielen Jahren intensiv beschäftigen, für ein wichtiges Feld. Interessant ist vor allem ein etwas kompliziert formulierter Punkt, der mit Ja oder Nein beantwortet werden kann und wörtlich lautet: "Lösung der Verkehrsproblematik in der Innenstadt und Steigerung der Aufenthaltsqualität durch eine zentrumsnahe unterirdische Verlegung der B2 im Rahmen der Gesamtsanierung der Bundesstraße durch den Bund."

Der CSU zufolge haben sich 86 Prozent der Brucker für einen solchen Tunnel ausgesprochen. Zwar ging es weder um Finanzierbarkeit noch um die genaue Trassenführung. Dennoch fühlt sich CSU-Chef Andreas Lohde durch das offenbar große Interesse darin bestärkt, diese Idee zu reaktivieren. Lohde kritisiert, ein Tunnel sei bei den offiziellen Befragungen für den städtischen Verkehrsentwicklungsplan mit keinem Wort angesprochen worden. Die aktuelle Befragung gebe nun aber "den Verkehrstheoretikern einen klaren Auftrag", wie auch im jüngst publizierten CSU-Wahlkampfheft zu lesen ist. Lohde ärgert sich, dass eine Stadtratsmehrheit die Chance habe verstreichen lassen, das ehrgeizige Projekt für die Aufnahme in den 2015 in Kraft tretenden und 15 Jahre lang gültigen Bundesverkehrswegeplan nachzumelden, wie dies der damalige Bundesminister angeboten habe. 2025 könne man den nächsten Anlauf nehmen, erklärt Lohde. Zumindest soll das Projekt in den Verkehrsentwicklungsplan der Stadt aufgenommen werden. Der CSU-Chef hofft auf einen Stimmungswechsel und auf andere Mehrheitsverhältnisse im künftigen Stadtrat. Von Mai an würde auch Dieter Pimiskern, der auf Listenplatz 13 kandidierende Ortsverbandsvize, gerne mitreden. Pimiskern wartet mit einer weiteren überraschenden Erkenntnis der Befragung auf. Zwar fühlt sich die große Mehrheit in ihrer Stadt grundsätzlich wohl und weiß Lebensqualität und Kulturangebot zu schätzen.

40 Prozent aber haben beim Thema Sicherheit zumindest ein ungutes Gefühl. Insgesamt fast jeder zweite Befragte blickt mit Sorge auf das sogenannte Asyl-Ankerzentrum am Fliegerhorst. Interessanterweise gilt dies aber weniger für die direkten Nachbarn im Brucker Nordosten, sondern vor allem für die Bewohner des Stadtzentrums und in zweiter Linie für die Bewohner des Brucker Westens.

Die CSU hat bereits ihre Schlüsse aus der Befragung gezogen. Die Verkehrsbelastung sei nicht allein mit dem guten Angebot öffentlicher Verkehrsmittel zu lösen und schon gar nicht mit dem Rückbau der Parkplätze in der Innenstadt. Beim Radwegebau wäre ein engerer Schulterschluss mit dem Landkreis sinnvoll, beim sozialen Wohnungsbau will man aufs Tempo drücken. Und im Zentrum sei darauf zu achten, dass die Geschäfte im Vergleich zur Buchenau nicht noch mehr ins Hintertreffen geraten.

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Quelle:
SZ vom 14.02.2020
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