Fürstenfeldbruck:Die Suche nach dem Selbst

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In einer Ausstellung begeben sich die Mitglieder des Germeringer Kunstkreises auf eine existenzielle Reise

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Die Beschäftigung mit der eigenen Identität, ihrer Entstehung und Entwicklung gehört zu den Grundthemen der menschlichen Existenz und so auch zu den häufigsten Motiven der Kunst. Erzählen Kunstwerke doch meist - selbst wenn nicht explizit - mindestens soviel über ihren Schöpfer wie über das dargestellte Motiv. Am deutlichsten sichtbar wird das Nachdenken über das "Ich" wohl im Genre des Selbstporträts. Kaum ein großer Künstler hat nicht zumindest eines davon geschaffen, man denke nur an Dürers Selbstbildnis im Pelzrock. Andere wie Lovis Corinth haben sogar ihr gesamtes Oeuvre darum aufgebaut. Ganz explizit mit ihrem Selbst beschäftigen sich auch die Künstler des Germeringer Kunstkreises in ihrer aktuellen Ausstellung in der Sparkasse. Unter dem Titel "Das Selbst im Spannungsfeld des schöpferischen Prozesses" sind dort von diesem Donnerstag an Malereien, Collagen, Fotografien und Skulpturen zu sehen.

Dass es eigentlich unmöglich ist, eine klare Antwort auf die Frage nach dem Ich zu finden, erzählt Sabine Usländer mit ihrer Collage "?". Auf blau-grünem Hintergrund zeigt sie ein großes Fragezeichen, das mit zahlreichen kleinen Motiven gefüllt ist. Menschen stehen da neben Gebäude und Details wie etwa US-Autokennzeichen. Sie schildern Reisen, die offenbar die Persönlichkeit der Künstlerin geprägt haben. Textfragmente wie "Gegen den Strich" und "Fantasiewelt" ergänzen die Darstellungen. Der Punkt des Fragezeichens ist ein großes Auge. Wie ein Wächter scheint es das Leben, das über ihm erzählt wird, zu beobachten.

Wachsame Augen blicken den Besucher von "Unboxing Märy" der Künstlerin Maria Weiß an. (Foto: Johannes Simon)

Zwei ganz klassische Darstellungsweisen hat Claudia Löffler gewählt. Eines ihrer Selbstporträts zeigt sie vor einem Spiegel, daneben hat sich die Künstlerin mit einer weißen Maske in der Hand gemalt. Wesentlich moderner, vom Motiv aber ähnlich präsentiert sich die junge Künstlerin Genoveva Dünzinger. Eine Fotocollage zeigt sie gleich fünffach. Dreimal sitzt sie mit sich selbst an einem kleinen Holztisch. Eines ihrer Ichs raucht, das zweite erhebt ein Glas und das dritte führt offensichtlich gerade die Unterhaltung, eine klassische G. In der linken Ecke sitzt die Künstlerin verträumt lachend auf einem Sofa. In der Mitte im Vordergrund ist sie noch einmal zu sehen, sie teilt die beiden Szenen, schaut nachdenklich und unsicher in die Kamera. Wer bin ich, scheint sie zu fragen. Eine Kombination aus den beiden Szenen? Oder ist da mehr? Und wenn ja, was?

Neben den vielen konkreten Darstellungen sind auch einige abstrakte Gedanken festgehalten. Wolfgang Gerle etwa beschreibt die Entwicklung (s)eines Selbst in "Wege-Umwege-Irrwege-Sackgassen-Auswege" metaphorisch als ein Netz bunter verschlungener Linien, einen Anfang und ein Ende gibt es nicht. Was Weg ist, was Irrweg, wie es von A nach B geht und welches B überhaupt richtig ist? Man weiß es nicht. Und auch Gerhard Baumgärnter nähert sich in seinen Skizzen "Ich und Ich, und ich - Selbst 1-3" mit grob umrissenen Figuren zwar einem Charakter an, fertig stellt er ihn aber nicht. Auch er beantwortet die Frage nach dem Ich also nur mit einer Umkreisung und nicht mit einer klaren Definition.

Bild aus der Serie "Ich und Ich, und ich" von Gerhard Baumgärtner (Foto: Johannes Simon)

Natürlich liefert die Ausstellung keine Antwort auf die Frage, wie man das eigene Selbst am besten erkundet. Aber sie beschreibt Wege, eröffnet Perspektiven und zeigt, wie andere mit diesem Thema umgehen. Und das ist ja nicht das Schlechteste, was man von einer Kunstausstellung erwarten kann.

Ausstellung "Das Selbst im Spannungsfeld des schöpferische Prozesses" des Kunstkreises Germering in der Sparkasse Fürstenfeldbruck, Hauptstraße 8. Zu sehen vom 22. Mai bis zum 19. Juni. Vernissage am Donnerstag, 21. Mai, um 19 Uhr.

© SZ vom 21.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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