Fürstenfeldbruck:Die Retter des Regenwaldes

Der Olchinger Ehrenbürger Josef Aicher hat eine Organisation zum Schutz der tropischen Baumgebiete gegründet. Beim Pressegespräch berichtet der Missionar im Kongo über den Kampf um die Natur gegen ausländische Investoren

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Jedes Jahr das neueste Smartphone, ein paar Mal jährlich in den Urlaub fliegen und im Sommer das Rindersteak vom biologisch korrekt großgezogenen Angusrind aus Argentinien, über Holzkohle gegart, für die im Zweifelsfall ein riesiger Baum im tropischen Regenwald gefällt wurde: Unser Lebensstil in der so genannten zivilisierten westlichen Welt schadet der Umwelt auf vielfältigste Weise. Das wird, nicht zuletzt wegen den Protesten von Greta Thunberg und Fridays for Future deutlich. "Das Thema hat durchaus in den letzten Wochen an Relevanz gewonnen", hat auch die CSU-Bundestagsabgeordnete für den Stimmkreis Fürstenfeldbruck-Ost bemerkt. Diese Entwicklung hat Katrin Staffler zum Anlass für ein Pressegespräch genommen, bei dem sie lediglich das Forum bietet.

Fürstenfeldbruck: Bei einem Pressegespräch machen Rainer Widmann (von links), Katrin Staffler, Pfarrer Josef Aicher und Peter Kiefer auf die Situation aufmerksam.

Bei einem Pressegespräch machen Rainer Widmann (von links), Katrin Staffler, Pfarrer Josef Aicher und Peter Kiefer auf die Situation aufmerksam.

(Foto: Carmen Voxbrunn)

Die eigentlichen Hauptfiguren an jenem Tag sind der frühere Olchinger Pfarrer Josef Aicher, der seit Jahrzehnten als Missionar im Kongo arbeitet. Rainer Widmann, Vermessungsingenieur und Unterstützer sozialer Projekte in Afrika und Südamerika, sowie Peter Kiefer, der ebenfalls soziale Projekte in Afrika unterstützt. "Wir werden das Problem in Deutschland allein nicht lösen können", lenkt Staffler die Aufmerksamkeit sogleich auf das den Globus umspannende Regenwaldgebiet. Der Erhalt und Schutz dieser alten Waldgebiete wäre nach Einschätzung der Bundestagsabgeordneten der "wirksamste Klimaschutz" gegen den globalen Anstieg der Temperaturen. Deshalb hat die CSU-Politikerin Aicher und seine Mitstreiter eingeladen. Die drei organisatorisch bei der Kolpingfamilie Olching angesiedelten Aktivisten berichten von der Situation vor Ort, im Kongo sowie in anderen afrikanischen und lateinamerikanischen Regionen.

Pfarrer Aicher, Kolpingfamilie Olching

Kongolesisch-bayerisches Projekt: Mitstreiter von Recof, der von Pfarrer Josef Aicher gegründeten Organisation zum Schutz des Regenwaldes.

(Foto: privat/oh)

In Lateinamerika etwa, berichtet Widmann, werde der Regenwald verbrannt. In Afrika werden die Urwaldriesen in der Regel gerodet. Ähnlich ist die Situation auch in Südostasien: Weltweit werden die Regenwaldgebiete vom Menschen vernichtet. Einer der Hauptgründe ist die Erzeugung von Palmöl. Das im Vergleich mit heimischen Ölen zunächst billig erscheinende Pflanzenfett wurde 2018 in der Europäischen Union laut der Dachorganisation Transport and Environment zu 53 Prozent für Biodiesel verwendet, 35 Prozent für Lebensmittel und Chemieprodukte.

Pfarrer Aicher, Kolpingfamilie Olching

Die Rodungen machen auch nicht vor den riesigsten Stämmen halt.

(Foto: privat/oh)

Im Kongo wird der Wald zwar nicht abgefackelt, sondern vermeintlich gut bezahlt. Vor allem chinesische Konzerne sind nach Pfarrer Aichers Beobachtung dabei, Land auf dem fremden Kontinent zu kaufen, den Wald zu roden und zu bewirtschaften. 1000 Euro zahlen die Interessenten für einen gerodeten Baum. Für die dort lebenden Menschen eine unvorstellbar hohe Summe. Bei der verständlicherweise der ein oder andere zusage, so Aicher. Zumal sich nach den Beobachtungen des in den 1970er-Jahren in Olching tätigen Pfarrers die Situation komplett verändert habe.

Pfarrer Aicher, Kolpingfamilie Olching

Im Kongo werden Tag für Tag Urwaldriesen gefällt.

(Foto: privat/oh)

"Ich habe die guten Zeiten der Natur erlebt, der Wald war intakt. Aber jetzt ist alles nicht mehr im Einklang," sagt Aicher. Als er 1979 in den Kongo kam, sei die Situation im Wald, aber auch zwischen Wald und Bevölkerung "paradiesisch" gewesen. Er schildert einen Gleichklang zwischen Mensch und Natur, wo der Mensch nur das nimmt, was er auch benötigt. "Mit dem Krieg kam ein völliger Umschwung", womit er die bewaffneten Konflikte zwischen 1996 und 2003 meint.

Von 2003 an ist nach Aichers Wahrnehmung die Situation in den kongolesischen Wäldern gekippt. Die Menschen seien nicht mehr damit zufrieden, ihr Überleben zu sichern. Sie wollten vom Wald profitieren. Und verstehen dabei nicht, dass weder Wild noch Bäume und Pflanzen beliebig nachwachsen. "Der Wildreichtum ist abgefallen auf zwei Prozent", beklagt Aicher.

Dennoch ist der Pfarrer optimistisch, dass man die Natur noch retten kann. Er hat die Organisation Réseau d'Encadrement des Communautés locales pour la Conservation des Forêts, kurz Recof, gegründet. Ihr Ziel: Nichts Geringeres als die Rettung der tropischen Regenwälder. In seiner zweiten Heimat kann er in der Hinsicht schon Erfolge verbuchen: Etwa die Hälfte des kongolesischen Regenwaldgebietes ist bereits als schützens- und erhaltenswerter Bestand von Recof registriert worden. Damit sind die wertvollen Waldgebiete jedoch noch nicht hundertprozentig sicher. "Die Provinzregierung verkauft dauernd gegen den Willen der Zentralregierung", erzählt Aicher. Und so kann es passieren, dass einige Hektar Regenwald eigentlich schon im Recof-Schutzprogramm aufgenommen sind, obwohl sie danach von der niedrigrangigeren Regierung an ausländische Investoren verscherbelt werden.

"Die Menschen, die vom und im Wald leben, brauchen eine Lebensgrundlage und das ist unser Ziel für die Zukunft", unterstreicht Widmann. Seinen Ausführungen zufolge sind dafür viele weitere Schulen notwendig, ebenso Aufklärung über die Bedeutung und Funktion des Regenwaldes. Auch die Landwirtschaft müsse an den richtigen Standorten erweitert werden.

Doch man muss nicht nach Afrika reisen, um den Regenwald zu retten. Die Aktivisten um Pfarrer Aicher freuen sich über jede Hilfe, von der Websitepflege bis zum Plakate kleben. Interessierte kommen jeden ersten Montag im Monat um 19 Uhr zum Afrika-Stammtisch ins Kolpingheim.

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