Fürstenfeldbruck:Die hölzerne Prophezeiung am Zaun

Fürstenfeldbruck: Bei der Schuleröffnung im September ahnen Schüler und Eltern noch nichts vom bevorstehenden Namensstreit.

Bei der Schuleröffnung im September ahnen Schüler und Eltern noch nichts vom bevorstehenden Namensstreit.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Brucks Stadtrat tauft die "Grundschule Mitte am Theresianumweg" und folgt damit auch einer Empfehlung aus Schülerhand

Von Stefan Michael und Andreas Salger, Fürstenfeldbruck

Eltern in froher Erwartung kennen das: Noch bevor das Kind geboren wird, schalten sich Schwiegereltern, Großeltern und manchmal sogar verschollen geglaubte Tanten und Onkel in den Prozess der Namensfindung ein. Um alle zufrieden zu stellen, muss das arme Kind dann schon mal mit drei Vornamen durch die Welt gehen.

Nach dieser Logik gäbe es für die frühere Grundschule am Niederbronner Weg, die Mitte September in ein frisch renoviertes Gebäude umgezogen ist, nur einen konsensfähigen Namen: Niederbronner Lena-Christ-und Luziengrundschule Mitte am Theresianumweg, nahe dem Hölzl, im früheren Alten Graf-Rasso-Gymnasium. Dann freilich müssten Zeugnisse und andere Schuldokumente mit offiziellem Briefkopf künftig doppelseitig sein. Deshalb wartet die Schule bis heute auf einen Namen. Genauer gesagt wartete sie bis Dienstagabend, 20.45 Uhr. Da fällte eine knappe Stadtratsmehrheit nach monatelangem und bisweilen skurril anmutendem Streit mit 20 gegen 17 Stimmen ein salomonisches Urteil. Die Einrichtung soll künftig auf den Namen "Grundschule Mitte am Theresianumweg" hören. Hätte das Gremium anders abgestimmt und beispielsweise für "Lena-Christ-Schule" plädiert, wäre der Zorn der Schulleitung programmiert gewesen, die namenlose Schule wäre mindestens für die nächsten Monate namenlos geblieben und auf den Zeugnissen hätte der Form halber weiter "Grundschule am Niederbronner Weg" stehen müssen. Und dies, obwohl Schüler und Lehrer durch die Eingangstür auf den Theresianumweg treten. Schulleiterin Ursula Edelmann hatte Widerstand angekündigt gegen Pläne, die Einrichtung nach einer prominenten Bruckerin zu benennen und damit die von der Schule eingereichten Vorschläge zu übergehen.

Das Schulgesetz sieht vor, dass über die Benennung die Politik im Konsens mit der Schulfamilie, also Lehrern und Eltern, zu entscheiden hat. Jener Konsens freilich war nach der Empfehlung des Sozialausschusses in weite Ferne gerückt. Dieser hatte einen der Vorschläge der Schule - "Grundschule am Theresianumweg" - um den Zusatz "Mitte" ergänzt und dafür sogar klaren Zuspruch der Schulfamilie geerntet. Der Stadtrat aber, der vor gut einem Monat entscheiden sollte, sah noch Gesprächsbedarf: Ist der Zusatz "Mitte" nicht ziemlich daneben für eine Schule, die eher im Osten der Stadt liegt? Und wäre es nicht eine gute Gelegenheit, eine Schule nach Personen mit Bezug zu Bruck, wie Erni Singerl oder Lena Christ oder auch die Niederbronner Schwestern, zu benennen? Getreu dem Spruch "Wenn du nicht mehr weiterweißt, dann gründe einen Arbeitskreis" bildeten Dieter Kreis (ÖDP), Schulreferentin Claudia Calabrò (SPD), Andreas Lohde und Birgitta Klemenz (beide CSU), Klaus Quinten (BBV) sowie Christian Stangl (Grüne) einen Arbeitskreis. Der stellte offenbar fest, dass die Volksschauspielerin wenig Bezug zur Stadt hat und die Nonnen aus heutiger Sicht keine weiße Weste haben. Klaus Wollenberg (FDP) brachte noch die Variante ins Spiel, die Entscheidung angesichts der baldigen Pensionierung der Schulleiterin zu vertagen und auf eine kooperationsbereitere Nachfolgerin zu setzen ("Wir sind doch kein Kuhdorf und lassen uns nicht knebeln.").

OB Klaus Pleil warnte grundsätzlich davor, den Namen erst kurz vor dem Schuljahresende zu ändern, weil sonst die Zeugnisse geändert werden müssten - und erntete dafür ein begeistertes "Ja, genau, des mach' ma!" von Jens Streifeneder (BBV), dem der Schalk im Nacken saß. Am Ende aber mag eine Beobachtung des Lehrers Christian Stangl den Weg geebnet haben. Am Zaun der Schule hatte dieser den selbst gebastelten hölzernen Schriftzug "Grundschule Mitte" entdeckt. Die Kinder hatten es also schon selbst in die Hand genommen. Was blieb dem Stadtrat übrig, als sich der normativen Kraft des Faktischen zu fügen - lediglich ergänzt um den Zusatz "am Theresianumweg".

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