Fürstenfeldbruck:Destilliermarsch

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Band ohne Namen - so neu ist die Formation von Hugo Siegmeth. (Foto: Günther Reger)

Der Leonhardi-Hoagart hat nichts Verstaubtes

Von Edith Schmied, Fürstenfeldbruck

Die Zeiten, als die persönlichen Kontakte von Kreisheimatpfleger Sepp Kink die Voraussetzung waren, dass ein Hoagart überhaupt erst zustande kam, sind längst vorbei. Damals lotste der fundierte Volksmusikkenner und -musiker so manchen Schriftsteller aus dem Zirkel der Turmschreiber in den Emmeringer Pfarrsaal, später ins Bürgerhaus. Der Lohn waren die freiwilligen Spenden der Zuhörer, manchmal auch nur ein Kaffee und ein Schnaps. Hoargarten, Ignoranten nannten es "Schlampen", das hieß, zusammenhocken, ratschen, singen, musizieren. Jeder durfte reden, auch wenn nix dabei rauskam. "Ähnlich wie bei Stadtratssitzungen", scherzte Kink als er den Begriff Hoagart dem Publikum beim Leonhardi-Hoagart erklärte. Die Kombination der beiden traditionellen Veranstaltungen, Leonhardiritt und Hoagart, ergab sich fast zwangsläufig und ist auf Kinks Initiative hin entstanden. Heuer fand die Zusammenkunft wieder in Fürstenfeld statt mit dem Anspruch, ein neues, attraktiveres Konzept umzusetzen. Es hieß die ganze Bandbreite des Genres Volksmusik auszuloten. Ein gelungenes Experiment, das Publikum war begeistert.

Für Wirtshausmusik so wie früher, als die Musiker auf Augenhöhe mit dem Publikum ihre Stückl spielten, war die Gruppe "Porvisorium" zuständig. Der seltsame Name "ist zwar saublöd, aber gut zu merken", erklärte einer der jungen Burschen. Sie sind alle Mitglieder der Blaskapelle Grafrath/Kottgeisering. Einer von ihnen, Martin Wurm, ist Instrumentenbauer und hat schon manches lädierte Teil der Band wieder instand gesetzt.

"Tanzlmusi" in allen Variationen beherrscht die Gruppe "Boarisch Roas" vom Starnberger See. Und sie spielen gerne Selbstkomponiertes. Katharina Diener widmet ein sehr hübsches, melodisches Stück den Gästen aus der französischen Partnerstadt Livry-Gargan, was diese stehend mit Applaus quittieren. Die Delegation des "Croix Rouge" bedankt sich außerdem mit einem witzigen Chanson. Fabian Höffler an der Ziach reicht das übliche Repertoire nicht. Er zeigt bei seinen Kompositionen, dass auch Volksmusik grooven kann.

Wie harmonisch und vor allem lebendig die Kombination von Volksmusik und Jazz sein kann, beweist Hugo Siegmeth. Die Formation mit der er in Fürstenfeld auftritt, ist so neu, dass sich noch gar kein Bandname gefunden hat. Für diese ganz besondere Premiere hatte wieder Sepp Kink die Hand im Spiel, als künstlerischer Berater. Der aus Rumänien stammende Siegmeth wollte nach eigenem Bekunden "eigentlich nichts mit Volksmusik machen" konnte sich aber letztendlich dem Reiz und der Vielfalt dieses Genres wohl nicht entziehen. Aus dem schlichten, schönen Volkslied "Almruf", der zunächst zart über Wiesen klingt, wird eine jazzige Improvisation. Siegmeth liebt die schnellen Takte, verwandelt Dreiviertel in Fünfachtel, auch den Text.

Das hört sich ganz schön turbulent, aber sehr, sehr reizvoll an. Ähnlich ergeht es dem bayerischen Defiliermarsch. Nachdem an diesem Abend offensichtlich keinerlei zur Würdigung anstehenden Honoratioren zur Verfügung stehen, verhunzt der Jazzsaxofonist diesen traditionellen Marsch respektlos - im besten Sinne. Die witzige, kieksende Saxofon-Variante klingt so eher nach Destilliermarsch.

Der Hoagart istals gemeinsames Wirken zu verstehen. Damit das auch beim diesjährigen Leonhardi-Hoagart klappt, übernimmt Sepp Kink die Regie: Unter seiner Leitung singt das Publikum im Saal mehrstimmig die auf Söder und Seehofer gemünzten Textzeilen. "Soll i aufi, soll i abi, oder den Mittelweg gehn". Am Schluss verschmelzen Musiker und Publikum zu einer besonderen Einheit und einem gemeinsamen Lied. Moderator Ulrich Habersetzer freut sich über den gelungenen und harmonischen Ausklang.

© SZ vom 31.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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