Fürstenfeldbruck:Das Schul-Dilemma

Fürstenfeldbruck: SZ-Karte; Quelle: Stadt Fürstenfeldbruck; Foto: Günther Reger

SZ-Karte; Quelle: Stadt Fürstenfeldbruck; Foto: Günther Reger

Die Richard-Higgins-Schule könnte in einen Neubau an der Cerveteristraße umziehen, um den Altbau für eine zusätzliche dreizügige Einrichtung frei zu machen. Dadurch aber würde sie ihr Inklusionsprofil riskieren

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Der Standort für die fünfte Brucker Grundschule steht fest: Sie wird zwischen der Bundesstraße 471 und der Cerveteristraße auf dem Grundstück neben dem Montessori-Kinderhaus gebaut. Noch nicht klar ist, ob die Richard-Higgins-Schule in den Neubau zieht und anschließend die fünfte Schule in den renovierten Altbau unterkommt oder die Richard-Higgins-Schule am aktuellen Standort bleibt. Vor allem ist umstritten, welche Kinder aus den umliegenden Wohnquartieren künftig in welche der beiden Schulen im Westen der Stadt gehen sollen. Durch einen neuen Zuschnitt der Sprengelgrenzen soll möglichst gewährleistet werden, dass die Richard-Higgins-Schule ihr Profil als Inklusionsschule und damit ihre bessere personelle Ausstattung behält.

Lediglich Andreas Ströhle von den Piraten stimmte auf der Sondersitzung des Fachausschusses am Dienstagabend gegen das Konzept, das sich im Kreis der sechs Alternativentwürfe durchgesetzt hatte - vor allem, weil er Belange der Cäcilienschule und ihrer drei Partnerklassen nicht berücksichtigt sieht. Am 28. März soll der Stadtrat nun endgültig beschließen. Ob bis dahin die verbleibenden Unklarheiten ausgeräumt werden, ist unwahrscheinlich. Diese freilich betreffen den Zuschnitt der Schulsprengel und erst in zweiter Linie den Neubau auf dem Grundstück südlich des künftigen Stadtwerke-Standorts.

Das Haus soll dem aktuellen Entwurf zufolge 17 Klassenzimmer umfassen sowie zusätzlich acht Räume für zwei gebundene Ganztagszüge und zwei Räume für die Mittagsbetreuung. Die vierzügige Einrichtung würde Prognosen zufolge 2021 von 333 Kindern besucht werden. Die Baukosten werden auf etwa 25 Millionen Euro beziffert, hinzu kommen knapp vier Millionen Euro für den Grunderwerb. Für das Grundstück gibt es bereits einen Bebauungsplan, dadurch reduziert sich der sonst übliche Vorlauf bis zum Baubeginn um etwa ein Jahr. Läuft alles nach Plan, wird die fünfte Brucker Grundschule 2021 eröffnet.

Das Haus am bestehenden Standort an der Richard-Higgins-Straße könnte auf 13 Klassen reduziert werden, die Container würden nicht mehr benötigt. An der Grundschule Mitte würden zwei Fachräume für eine Partner- und eine Übergangsklasse umgenutzt sowie ein Raum für die Mittagsbetreuung eingerichtet - die Schule hat zudem ein Auge auf die Räume des benachbarten Stadtarchivs geworfen. Die Philipp-Weiß-Schule würde einen Anbau mit fünf Klassenzimmern und einen Neubau mit zwei Hortgruppen und zwei Räumen für die Mittagsbetreuung erhalten.

Allen Planungen wurde die im vergangenen Jahr vorgelegte Demografiestudie zugrunde gelegt, die den Bedarf bis zum Jahr 2021 prognostiziert und auf eine zunehmende Raumnot schließen lässt. Verschärft wird diese dadurch, dass wegen des relativ hohen Anteils von Kindern mit Migrationshintergrund die Zahl der Schüler pro Klasse auf 25 begrenzt wird. Erwünschter Nebeneffekt eines weiteren Neubaus im Westen: Kinder aus der Buchenau müssen nicht mehr an der überfüllten Richard-Higgins-Schule vorbei in die Schule Nord gebracht werden - gegen den Ersatz des Schulbusses durch öffentliche Busse hatte es jüngst heftige Proteste der Eltern gegeben.

Im Gegensatz zu ihren Kolleginnen brachte die Rektorin der Richard-Higgins-Schule erhebliche Einwände gegen den von der Stadtverwaltung ausgearbeiteten "Kompromissvorschlag" vor. Tanja Stock lehnt alle sieben Varianten ab, die den Schulen sowie Elternbeiräten zur Beurteilung vorgelegt worden waren. Sie begründete dies mit dem drohenden Verlust des 2013 erworbenen Inklusionsprofils: Zusätzliche Personalstellen für den Unterricht von Kindern mit besonders hohem Betreuungsbedarf gewährt der Freistaat nur unter strengen Auflagen. Voraussetzung für den vollen Umfang an Zusatzstunden, den Einsatz von teils zwei Pädagogen pro Klasse sowie Schulsozialarbeit ist, dass im Einzugsbereich eine entsprechende Sozialstruktur vorhanden ist und die Schule mindestens von 360 Kindern besucht wird. Schrumpft die Einrichtung am bestehenden Standort auf drei Züge, wie aktuell vorgesehen, wäre diese Grenze unterschritten. Schulleitung und Eltern würden sich eine Reduzierung der aktuell 20 auf 17 Klassen und der Schüler von 426 auf 360 wünschen. Zieht die Richard-Higgins-Schule hingegen an den neuen Standort um, an dem die Schülerzahl gewährleistet wäre, folgt das nächste Problem: Sehr viele förderbedürftige Schüler, vor allem aus dem Bereich rund um den Drudenbogen, müssten der aktuellen Sprengeleinteilung zufolge dann weiter den alten Standort besuchen, ihnen wäre also der Zugang zur neuen Schule mit ihren passgenauen Förderangeboten verwehrt.

Michael Maurer, in der Stadt für Schulen zuständig, war nach eigenen Worten klar, dass er es kaum allen Schulen recht machen kann. Signale aus dem zuständigen Ministerium deutete er aber so, dass beide Grundschulen, die es im Westen der Stadt geben wird, sich ein Inklusionsprofil geben können. Bettina Betz vom Schulamt widersprach unter Berufung auf eigene Nachfragen.

Nun soll geprüft werden, ob sich die Sprengel noch so modifizieren lassen, dass zumindest die Richard-Higgings-Schule ihr Förderangebot aufrecht erhalten kann. Axel Lämmle und Schulreferentin Claudia Calabrò halten die Warnung Maurers vor einer dadurch bedingten deutlichen Verzögerung für nicht stichhaltig. Das Büro, das die Demografiestudie ausgearbeitet hat, soll nun den Schulbedarf auf Basis veränderter Sprengelgrenzen so berechnen, dass sich die Wünsche der Richard-Higgins-Schule erfüllen lassen. Ein solches Gutachten ist Voraussetzung für die staatliche Förderung eines Schulneubaus.

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