Fürstenfeldbruck/Dachau:Beim Impfen hat der Nachbar die Nase vorn

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Fürstenfeldbruck liegt zwar im Durchschnitt, aber in Dachau geht es schneller voran. Das ist offenbar vor allem dem dortigen Landrat zu verdanken, der sich sehr um zusätzliche Lieferungen mit Astra Zeneca bemüht

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck/Dachau

Wie ist es zu erklären, dass der Nachbarlandkreis Dachau bei den Corona-Impfungen schneller vorankommt als Fürstenfeldbruck? Diese Frage stellen Bürger immer wieder ans Landratsamt und an die SZ. Die Antwort in Kürze: Das Impfzentrum in Fürstenfeldbruck und die Hausärzte liegen, verglichen mit dem landesweiten Schnitt - voll im Plan. Der im Landkreis ankommende Impfstoff werde komplett "an den Mann oder die Frau" gebracht, versichern Rotes Kreuz und Kreisbehörde unisono. Den Vorsprung konnte sich der Nachbar offenbar herausarbeiten, weil der dortige Landrat Stefan Löwl (CSU) sich sehr aktiv um zusätzliche Lieferungen mit Astra Zeneca bemüht und diese flexibel verabreicht werden. In den Blickpunkt ist Dachau gerückt, weil Löwl das zur Chefsache erklärt hat und öffentlichkeitswirksam auch mal selbst im Impfbus mitfährt.

An Christi Himmelfahrt gab es bereits zum dritten Mal eine Sonderaktion: Fürs "Vatertagsimpfen" ohne Prioritätsnachweis standen 2200 Dosen Astra Zeneca zur Verfügung. Verabreicht wurden die in Kooperation mit Johannitern und Rotem Kreuz im Impfzentrum Karlsfeld, in der Realschule Dachau sowie in der Schulturnhalle Hebertshausen. Zusätzlich war der Impfbus in kleineren Landkreisgemeinden unterwegs. Auch im Landkreis Fürstenfeldbruck gab es eine solche Sonderaktion: vor ein paar Wochen wurden in Eichenau 500 Menschen und zusätzlich 100 Feuerwehrleute immunisiert. Am Wochenende werden im Feuerwehrhaus Esting 300 Menschen und zusätzlich 180 Lehrer geimpft.

Trügt also der Eindruck, dass es Dachau irgendwie besser macht als Fürstenfeldbruck und sogar sehr viel besser als Landkreise wie Freising? Oder wird dort einfach erfolgreicher die Werbetrommel gerührt? Wolfgang Kaufmann, Abteilungsleiter im Landratsamt Fürstenfeldbruck, findet jedenfalls Wettläufe unter Landkreisen "unsäglich". Der zentrale Punkt ist in der Tat, dass jeder nach Bayern gelieferte Tropfen verimpft wird - egal in welchem Landkreis dies etwas früher oder etwas später erfolgt. Dennoch würden die Fürstenfeldbrucker eben gerne möglichst schnell an die Reihe kommen und vor allem wissen, was Sache ist.

Kaufmann zweifelt an der Aussagekraft der Zahlen und der Vergleichbarkeit. Licht ins Dunkel bringen soll deshalb eine Berechnung auf Basis der Zahlen vom Dienstag. Im Sinne der Vergleichbarkeit werden Erst- und Zweitimpfungen von Impfzentren sowie Ärzten zusammengerechnet - um zu zeigen, wie viele Injektionen pro hundert Einwohner seit dem Start der landesweiten Impfaktion am 27. Dezember verabreicht worden sind. In Fürstenfeldbruck ergibt das bei 88 744 Impfungen und 219 077 Einwohnern einen (rein rechnerischen) Wert von 40,51 Prozent. In Dachau, wo der Anteil der Zweitimpfungen auf ähnlichem Niveau liegt, sind es insgesamt 73 267 Impfungen. Bei 155 051 Einwohnern ergibt das den Rechenwert 47,25 Prozent. Ein nicht unerheblicher Unterschied. Kaufmann streicht vor allem die absoluten Zahlen heraus, bei denen der einwohnerstärkere Landkreis Fürstenfeldbruck vorne liegt. Und er bleibt dabei: "Wir konzentrieren uns auf uns selbst, und wir verimpfen, was wir bekommen". Das funktioniere tadellos.

Nachfrage beim Sprecher des Landratsamts Dachau, Wolfgang Reichelt. Hat er eine Erklärung? Auch in Dachau werde natürlich alles verimpft, was man zugeteilt bekommt. Darüber hinaus aber klemme sich Landrat Stefan Löwl halt persönlich - und mit dem notwendigen Quäntchen Glück - dahinter, zusätzliche Lieferungen zu bekommen. Als Bayern im April sein Lager mit Astra Zeneca auflöste, signalisierte er sofort Interesse. Und immer, wenn es irgendwo hieß "Das können wir nicht verarbeiten", hob Löwl den Finger und signalisiert: "Wir nehmen es, wir schaffen das." Als Beispiel verweist Reichelt auf Aichach. Jüngst habe man mit Unterstützung ehrenamtlicher Kräfte Chargen aus Garmisch abgeholt. Paul Polyfka, BRK-Kreisgeschäftsführer, attestiert dem Dachauer Landrat eine Affinität zum Katastrophenschutz.

Im Landkreis Dachau zeichnet sich derweil eine gewisse "Sättigung" des Bedarfs ab, zumindest was Astra Zeneca betrifft, das seit dem 19. April vorzugsweise von Arztpraxen verabreicht wird: Am Mittwochnachmittag gab es noch Termine. Der Vorsprung des Landkreises Dachau könnte also bald wieder schmelzen.

© SZ vom 14.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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