Fürstenfeldbruck:Come together

NBB

Drei ungleiche Schwestern und ihre Stiefmutter treffen sich bei der Trauerfeier für den Vater und Ehemann. Der war ein großer Beatles-Fan. Über die Musik finden die vier schließlich zueinander.

(Foto: Günther Reger)

Olaf Dröge inszeniert an der Neuen Bühne Bruck gekonnt sein Stück "All You Need Is Love". Was die Darstellerinnen der höchst unterschiedlichen Schwestern und ihrer Stiefmutter immer wieder zusammenkommen lässt, ist allein die Musik der Beatles

Von Valentina Finger, Fürstenfeldbruck

Es ist rund 50 Jahre her, dass Tausende, vorrangig weibliche, Musikfans auf der ganzen Welt der sogenannten "Beatlemania" verfielen. Um die vier jungen Musiker aus Liverpool entwickelte sich eine Massenhysterie, wie es sie zuvor noch nicht einmal um Elvis Presley gegeben hatte. Kritisch beäugt wurde das Phänomen durchaus, Ohnmachtsanfälle im Publikum und Polizeieinsätze waren häufig Begleiterscheinungen von Beatles-Konzerten. So oder so bestätigt sich darin allerdings die Beobachtung, die immer wieder von den unterschiedlichsten Seiten getätigt wird und die mittlerweile eigentlich schon zum Klischee geworden ist: Musik führt die Menschen zusammen.

Für einen intimeren Rahmen hat Olaf Dröge diesen verbindenden Effekt in seiner aktuellen Inszenierung an der Neuen Bühne Bruck verarbeitet. Dröge hat bei "All You Need Is Love" nicht nur Regie geführt, sondern das Stück auch selbst geschrieben. Vier Frauen, drei Schwestern und ihre Stiefmutter, die nicht viel gemeinsam haben, kommen darin zur Beerdigung des Vaters zusammen. Der hat gerne die Beatles gehört. In den Momenten also, in denen die Vier beisammenstehen und in mehrstimmigen Arrangements "Yesterday", "Let It Be" oder "Here Comes the Sun" singen, sind alle Unterschiede vergessen, Streitigkeiten dürfen für die Dauer des Songs pausieren.

Der Tod des Vaters ist lediglich ein austauschbarer Ausgangspunkt für feine Charakterstudien. Es sind vieldimensionale Charaktere, die Dröge und seine Darstellerinnen sehr unmittelbar auf die Bühne bringen. Clara (Sabine Ostermeier), die älteste Schwester, ist zynisch und tough, sieht sich jedoch mit einer Scheidung und verpassten Chancen konfrontiert, was die Maske der starken Frau zum Bröckeln bringt. Gela (Patricia Flür), die mittlere, ist Lehrerin, entsprechend geduldig und hat nach vielen Jahren des Alleinseins mit 40 die große Liebe gefunden. Die Jüngste, Elli (Josephine Volk), steht jeden Tag vor den Herausforderungen einer alleinerziehende Mutter und erfolglosen Schauspielerin. Und Sonja (Marion Nitsch), die Stiefmutter, hat ihren Mann verloren und kämpft seit Jahrzehnten um die Liebe ihrer Stieftöchter.

Vieles davon ist anders im zweiten Teil des Stücks, der eine Weile nach dem Trauerfall angesiedelt ist. Das bestürzte Beisammensein ist einem freudigen Anlass gewichen: Elli heiratet und wünscht sich eine Beatles-Show mit ihren Schwestern. Die Schwermut hat, vor allem dank der schneidenden Direktheit von Ostermeiers Clara, dem Komischen Platz gemacht. Nur manchmal noch schimmern die gescheiterten Aspekte des Lebens unter den Glitzerkostümen, Hippie-Perücken und John-Lennon-Brillen der Protagonistinnen hindurch.

Die das Genre wechselnde Zweiteilung ist ein sehr abrupter Bruch, der keine mühelos kohärente Handlung zulässt. Doch diese ist ohnehin nicht das, was von Dröges Tragikomödie hängen bleibt. Zwei Dinge sind es vielmehr, die in der Inszenierung gelungen sind.

Zum einen sind das die stimmigen und hochwertigen Gesangsparts, die jeder für sich den individuellen Stimme ihren Raum lassen und die Gefühle des jeweiligen Moments treffend aufgreifen.

Zum anderen ist das nicht nur die gekonnte Figurenzeichnung, sondern auch die Zusammenführung der sehr individuell ausgearbeiteten Charaktere. Diese Entwicklung erfolgt schrittweise, immer wieder aufs Neue durch Musik, Und sie ist auch sichtbar: Sitzen die Darstellerinnen sonst meist entfernt an den Ecken der Bühne, so kommen sie zum Singen dann doch jedes Mal ganz und eng am Klavier zusammen.

Die nächsten Vorstellungen von "All You Need Is Love" an der Neuen Bühne Bruck gibt es am 25. Oktober um 20 Uhr und am 3. November um 19 Uhr; weitere gibt es Termine im November. Karten unter Telefon 08141/18589.

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