Fürstenfeldbruck:Bruck strebt zur Sonne

Einer Stadtwerkeexpertise zufolge werfen Fotovoltaikanlagen auf lange Sicht fast immer Gewinn ab. In jedem Fall sparen sie Emissionen. Nun sollen möglichst viele städtische Gebäude schrittweise nachgerüstet werden

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Die Kreisstadt hat einen beinahe denkwürdigen Beschluss gefasst. Es soll zur Regel werden, dass möglichst alle städtischen Gebäude mit einer Photovoltaikanlage nachgerüstet werden. Begonnen wird mit dem Kindergarten an der Frühlingstraße und der Grundschule-Mitte. Ein Experte der Stadtwerke hatte vorgerechnet, dass sich fast alle Modelle auf lange Sicht rechnen. Die Höhe der Rendite hängt von der Größe und vom Finanzierungsmodell ab.

Die Kreisstadt hat sich immer schon als Vorreiter beim Klimaschutz gefühlt. Sie hat bereits 2011 ein Solarkataster als Teil eines Energienutzungsplans erstellt und im Internet veröffentlicht, das Hausbesitzern zeigt, ob ihr Dachau für eine Solaranlage geeignet ist. Sie bekennt sich zum Ausbau des Radverkehrs und legt an eigene Neubauten sehr hohe Maßstäbe für die Wärmedämmung an. Zudem setzen die Stadtwerke als hundertprozentige Tochter auf Windkraft, Biogas und Fernwärme. Gleichwohl bewirkt das Engagement im Alltag noch vergleichsweise wenig. So zeigen Luftbilder der Kreisstadt, dass die meisten geeigneten Dächer bis heute weder für die Strom- noch für die Wärmeerzeugung genutzt werden. Eine der ins Auge stechenden Ausnahmen: Schule und Turnhalle an der Philipp-Weiß-Straße.

Globale Energiestudie: Wind und Solar auf dem Vormarsch

Ein Elektriker prüft Photovoltaikmodule, wie sie bei Freiflächenanlagen und auf Hausdächernzum Einsatz kommen. Voraussetzung ist, dass die Tragfähigkeit gewährleistet ist.

(Foto: Michael Reichel/dpa)

Die Stadtwerke wollen gerade das Feld der Photovoltaik (PV) viel stärker beackern - in Form des Neubaus von Anlagen auf Freiflächen wie jener bei Kottgeisering, aber auch mit Programmen wie "FFB Stromdach", die sich an private Immobilienbesitzer richten. Deswegen kamen sie gerne der Einladung nach, im Stadtrat Stellung zu nehmen zu diesem Thema. Projektmanager Matthias Beuter zeigte anhand zweier Häuser im städtischen Besitz, dass sich der Einstieg in die Photovoltaik lohnt. Grundsätzlich möglich sind zwei Modelle: Die Stadt investiert in eine PV-Anlage oder sie pachtet diese ganz ohne eigenen Kapitaleinsatz an und nimmt dabei Einschnitte bei der Rendite in Kauf. Faustregel: Je mehr Strombedarf ein Gebäude hat und je mehr von dem erzeugten Strom selbst genutzt wird, desto rentabler. Die Grundschule-Mitte am Theresianumweg bietet sich da mit einem Eigenverbrauch von jährlich fast 170 000 Kilowattstunden (kWh) an. Ein Teil des Daches gilt bereits als geeignet. Weitere Teile müssten geprüft werden. Die Investitionskosten für eine mittelgroße PV-Anlage (115 kW Peak/119 000 Kilowattstunden pro Jahr) auf zwei von drei Dachflächen beziffert Beuter auf netto etwa 110 000 Euro. Nach etwa neun Jahren sind die Kosten durch die Eigennutzung des Stroms wieder eingefahren, jedes weitere Jahr bis zum Ende der Anlagen-Lebensdauer wird dann Gewinn gemacht - im Fall der Schule nach Abzug der Steuern wohl um die 230 000 Euro. Denn die Schule muss nicht für 29 Cent pro kWh zukaufen. Würde die Stadt eine solche Anlage ohne eigenen Kapitaleinsatz pachten, stünde unterm Strich immer noch ein Plus von knapp 190 000 Euro in den Büchern. Die CO₂-Einsparung ist in beiden Fällen gleich: 57 000 Kilogramm pro Jahr. Würde auch noch das Dach des Westflügels nebst Hort saniert, was die Stadt um die 150 000 Euro kosten würde, könnte sogar eine 220-kW-Peak-Anlage installiert werden.

Im Fall des Kindergartens Frühlingstraße mit seinem Strombedarf von etwa 20 000 kWh jährlich lautet die Empfehlung des Experten, eine Anlage lieber zu kaufen. Denn überschüssiger Strom müsste für um die zehn Cent pro kWh ins öffentliche Netz eingespeist werden, was die Rendite schmälert. Die Amortisationszeit einer großen, 132 000 Euro teuren 130-kW-Peak-Anlage (119 000 kWh pro Jahr) liegt bei 15 Jahren. Den Gesamtertrag über die 25-jährige Lebensdauerschätzt Beuter auf 50 000 Euro. Wirtschaftlich ist das nicht sonderlich attraktiv, die Umwelt freilich würde um 56 500 Kilogramm CO₂ entlastet. Bei einer Anpachtung der PV- Anlage wäre die zwar gleich groß, ein Gewinn ließe sich für die Stadt dann aber nicht erzielen.

Schule Mitte

Bei der Grundschule Mitte gibt es noch Prüfbedarf, ein Teil des Dachs gilt aber bereits als geeignet.

(Foto: Günther Reger)

Aussichtsreich ist nach Einschätzung des Experten mittelfristig die Überprüfung beispielsweise von Schule-West, Vereinsheim Puch oder Jugendzentrum West. Insgesamt schätzt er das Potenzial auf städtischen Dächern auf eine Spitzenleistung von etwa 450 bis 600 Kilowatt.

Sehr zufrieden zeigte sich in der Stadtratssitzung Alexa Zierl (Die Partei/Bruck mit Zukunft), die regelmäßig die Installation von PV-Anlagen auf städtischen Gebäuden fordert und vor zwei Jahren beantragt hatte, dies nach Prüfung "grundsätzlich" zu tun. Mit Blick auf die historisch niedrigen Zinsen regte Zierl an, flüssige Mittel der Stadt, die in absehbarer Zeit nicht für andere Investitionen abfließen, in solche auch finanziell lukrative Anlagen zu stecken. Andreas Lohde (CSU) plädierte dafür, auch im Industriegebiet bei Unternehmern für die Installation von PV-Anlagen zu werben. "Eine gute Sache" sei das, lobte Planungsreferent Christian Stangl (Grüne). Im Sinne der Energiewende solle man das nun schnell anpacken. Aufs Tempo drücken will auch Philipp Heimerl (SPD).

Herwig Bahner (FDP) widersprach nicht in der Sache, plädierte aber für eine andere Variante: Die kleinere Anlage auf dem geeigneten Teil des Schuldachs gleich kaufen und bauen, um die maximale Rendite einzufahren. Und auch beim Kindergarten solle man sich zunächst auf die Südseite des Dachs beschränken, um die wenig lukrative Einspeisung ins öffentliche Stromnetz zu reduzieren. Beuter hält diese Varianten durchaus für plausibel. Ein Pachtmodell habe für die Stadt aber den Vorteil, dass sie ihre knappen Mittel für die Ertüchtigung von Dächern einsetzen könne. Ähnlich äußerte sich Jan Halbauer (Grüne): "Wenn wir alle Dächer der Stadt nachrüsten wollen, brauchen wir die Pachtlösung". Franz Neuhierl empfahl, dem Expertenrat zu folgen, mit dem Kindergarten sofort zu beginnen und erst die Prüfung des Schuldachs abzuwarten.

Der Stadtrat schloss sich mehrheitlich Bahners Vorschlag an, die Anlage auf geeigneten Flächen des Schuldachs nicht zu pachten, sondern selbst zu kaufen. Mit den Details werden sich noch die Fachausschüsse beschäftigen. Wegweisend ist der Beschluss, "bei Neubau und Sanierung städtischer Gebäude grundsätzlich" PV-Anlagen zu installieren und solarthermische Anlagen zu prüfen.

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