Aufklärung über die NSU-Morde für Schüler:Blick auf die Opfer

Aufklärung über die NSU-Morde für Schüler: Der Kurde Mehmet Turgut war erst 26 Jahre alt, als er in Rostock vom NSU ermordet wurde. Auch seine Geschichte kann man in der Ausstellung nachlesen.

Der Kurde Mehmet Turgut war erst 26 Jahre alt, als er in Rostock vom NSU ermordet wurde. Auch seine Geschichte kann man in der Ausstellung nachlesen.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Eine Wanderausstellung befasst sich mit den zehn Menschen, die von der Terrororganisation Nationalsozialistischer Untergrund ermordet wurden. Im Landkreis wird sie an Schulen gezeigt

Von Franziska Schmitt, Fürstenfeldbruck

Ismail Yaşar ist mit 23 Jahren aus der Türkei nach Deutschland gekommen. Er verliebte sich und blieb. Erschossen wurde er 2005 in seinem Dönerstand neben einer Schule in Nürnberg. Der 50-Jährige hinterließ seine Frau, einen Sohn und eine Tochter. Yaşar ist eines von zehn Mordopfern der Terrororganisation Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Die Ausstellung "Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung der Verbrechen" erinnert in Zitaten, Fotos und Biografien an die Menschen, die von den Neonazis ermordet wurden. Aufgearbeitet werden zudem Informationen zu Tätern und Ermittlungsverfahren.

Mit der Ausstellung leistet das Graf-Rasso-Gymnasium in Fürstenfeldbruck Aufklärungsarbeit. Die Plakate sind in der Aula ausgestellt. Es ist bedrückend zu sehen, wie Menschen mit Familien, Träumen und Zukunft grundlos aus dem Leben gerissen wurden. Ab der achten Jahrgangsstufe besuchen die Klassen die Ausstellung während des Unterrichts. Lateinlehrerin Friederike Heine hat die Schau mit einer neunten Klasse besucht. Manche der Schüler seien noch in der Pause geblieben, berichtet die Lehrerin.

"Sie waren schockiert." Zunächst habe sich die Klasse vor dem ersten Plakat versammelt, sagt Heine. Darauf abgebildet ist eine Metallskulptur des Nürnberger Künstlers Antonio Atzeni. Sein Werk trägt den Titel "Die Integrierten". Zu sehen ist ein aufgeklappter Koffer, heraus ragt eine Blume mit abgeknicktem Kopf. Manche Schüler hätten das sofort erkannt, erzählt Heine. Als sie den Titel gelesen hätten, sei schnell klar geworden, dass das Werk Rassismus und die Opfer rechter Gewalt symbolisiert.

Der NSU sei allen Schülern ein Begriff gewesen, sagt Heine. Bei einer kurzen Einführung seien Hintergrundinformationen zur Ausstellung besprochen worden. Die Lehrkräfte hatten zuvor an einer Online-Fortbildung von Birgit Mayr teilgenommen. Diese hat die Ausstellung in den Jahren 2012 und 2013 zusammengestellt. Nach der Einführung hätten sich die Schüler allein umgeschaut, sagt Heine. Ein Aufgabenblatt mit Fragen sollte Interesse an den einzelnen Themenbereiche wecken.

Auf ihrem Rundgang können die Schüler unteranderem erfahren, welche Verbrechen von der NSU begangen wurden. Neben den Morden sind auf einer Karte auch die Tatorte zahlreicher Banküberfälle eingezeichnet. Die meisten Morde fanden in Bayern statt. Heine sagt, es gebe Hinweise, dass die Opfer im Vorfeld lange Zeit beschattet worden seien. Das könne das NSU-Trio nicht alleine gewesen sein. Ein Plakat zeigt ein Netzwerk von Personen. Viele sind als V-Leute gekennzeichnet. In der Mitte Uwe Böhnhardt, Beate Zschäpe und Uwe Mundlos. "Warum die vielen V-Leute im Umkreis des Trios so wenig zur Aufklärung zur Mordserie beitrugen, ist bis heute nicht geklärt," sagt Heine.

Ein weiterer Themenbereich ist das staatliche Ermittlungsverfahren. Die Frage auf dem Arbeitsblatt dazu lautet: "In welchem Umfeld ermittelte die Polizei jahrelang?" Zur Auswahl stehen die Antworten "A - In rassistischen Kreisen" oder "B - Im Umfeld des Opfers". Jahrelang sei gegen Angehörige ermittelt worden, sagt Heine. Aufgrund des Migrationshintergrunds der meisten Opfer ging die Polizei teilweise auch von Drogenhandel und anderen kriminellen Tätigkeiten der Ermordeten aus.

Die Ausstellung steht dem Graf-Rasso-Gymnasium noch an diesem Freitag schulintern zur Verfügung. Danach wird sie im Gymnasium Olching für zwei Wochen aufgebaut. Ursprünglich sollte sie im März im Landratsamt zu sehen sein, die Veranstalter, das Bündnis "Fürstenfeldbruck ist bunt - nicht braun!" und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft mussten sie jedoch absagen.

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