Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Immer mehr Menschen ziehen in den Westen

In den kommenden 20 Jahren nimmt die Einwohnerzahl im Landkreis um mehr als 10 000 zu. Die meisten von ihnen wollen laut einer Prognose nicht in die großen Städte.

Von Andreas Ostermeier, Fürstenfeldbruck

Der Bevölkerungszuwachs im Landkreis wird in den nächsten zwei Jahrzehnten anhalten. Laut den Daten des statistischen Landesamts sollen im Jahr 2041 etwas mehr als 231 000 Menschen im Landkreis wohnen. Prozentual werden die Gemeinden im westlichen Landkreis die höchsten Zuwachsraten verzeichnen. Allerdings fällt der Zuwachs im Landkreis mit 5,8 Prozent geringer aus, als noch vor ein paar Jahren prognostiziert. Und wie fast überall im Freistaat wird die Einwohnerschaft in ihrer Zusammensetzung älter und internationaler. Das geht aus Vorausberechnungen der Bevölkerung Bayerns hervor, die das Landesamt für Statistik vorgelegt hat.

Dunkles Blau oder Grün, das sind in der Grafik die Farben für die meisten Gemeinden im Westen. Diese sollen in den kommenden Jahren besonders wachsen, jedenfalls nach den Vorausberechnungen des Landesamts für Statistik. Demnach müssen Gemeinden wie Adelshofen, Egenhofen oder Althegnenberg mit einer Zunahme der Einwohnerschaft von mehr als zehn Prozent rechnen. Egenhofen soll bis 2033 - für die kleineren Kommunen reicht die Vorausberechnung nur bis zu diesem Jahr - 3890 Einwohnerinnen und Einwohner haben, Adelshofen 1930. Von den flächengroßen Gemeinden hat Maisach den größten Zuwachs. Um mehr als neun Prozent soll die Bevölkerung wachsen, für 2039 sind 15 850 Einwohner prognostiziert.

Die Städte sollen dagegen weitaus weniger wachsen. Olching kann bis 2039 mit einem Zuwachs von 6,6 Prozent rechnen, die Kreisstadt Fürstenfeldbruck mit 5,6 Prozent. Olching hat dann jedoch mehr als 30 000 Einwohnerinnen und Einwohner, Fürstenfeldbruck dann gut 39 000. Gering ist der Einwohnerzuwachs in Puchheim. Laut Statistik soll die Stadt 2039 von knapp 22 000 Menschen bevölkert werden.

Germerings Oberbürgermeister kann sich die Zahlen für seine Stadt nicht erklären

Germering soll überhaupt nicht wachsen. Die Bevölkerungsprognose sieht für das Ende ihres Zeitraums eine Einwohnerzahl von knapp 40 400 vor. Das entspricht dem Ausgangspunkt. Wie eine solche Prognose zustande kommt, kann sich Oberbürgermeister Andreas Haas nicht erklären. "Das passt mit unseren Zahlen gar nicht zusammen", sagt Haas.

Schon der Ausgangswert der Berechnung liegt unter der tatsächlichen Einwohnerzahl. Bis 2032 soll Germering auf mindestens 45 100 Bewohnerinnen und Bewohner wachsen. Das hat eine von der Stadt in Auftrag gegebene Demografiestudie ergeben. Würde die Stadt in größerem Ausmaß Bauland ausweisen, könnten es bis zu 47 800 Einwohner werden.

Die Planungen für Kitas und Schulen richten sich nach diesen Prognosen. Haas betont, dass die Studie gerade überarbeitet werde, weil sich die zugrunde liegenden Annahmen rasch ändern können. In diesem Zusammenhang verweist der Oberbürgermeister auf die Flüchtlinge aus der Ukraine. 500 neue Einwohner hat die Stadt durch sie, in einer Prognose tauchen sie freilich nicht auf.

An diesem Punkt setzen die Erklärungen des Landesamts an, das zu anderen Ergebnissen gekommen ist. Die Annahmen des Demografiespiegels 2019 bis 2039 seien im Jahr 2021 getroffen worden, sagt Dyanne Valerie Leukert vom Landesamt für Statistik. Zu diesem Zeitpunkt war der Krieg in der Ukraine nicht abzusehen, entsprechend konnte der starke Zuzug von Geflüchteten im Jahr 2022 nicht berücksichtigt werden.

Von 2020 auf 2021 aber gab es einen leichten Rückgang der Einwohnerzahl, der in die Vorausberechnung eingegangen ist - die Bevölkerungszahl schrumpfte von 40 511 Personen auf 40 461 Personen (jeweils am 31. Dezember). Bei der Vorausberechnung wurde deshalb ein geringer negativer Saldo aus Geburten und Sterbefällen sowie ein nur wenig positiver Saldo aus Zu- und Wegzügen angenommen. Wegen der Geflüchteten stieg im vergangenen Jahr die Einwohnerzahl dann deutlich nach oben (auf 41 299 am 30. September 2022).

Kommunen müssen sich auf eine steigende Zuwanderung einstellen

Der Bevölkerungszuwachs ist auch nur ein Trend auf dem Weg in die Zukunft. Ein anderer ist die zunehmende Internationalität. Kommunen müssen sich auch auf eine steigende Zuwanderung einstellen. Die Flüchtlinge aus der Ukraine sind ein Beispiel für diese Entwicklung. Konkrete Zahlen zur Migration bietet der Bericht des Landesamts allerdings nicht. In ihm heißt es lediglich, die Fluchtbewegungen aus der Ukraine hätten einen deutlichen Einfluss auf das Bevölkerungswachstum.

Ein anderer Trend ist dagegen mit reichlich Zahlenmaterial unterfüttert - die Alterung der Bevölkerung. Das Durchschnittsalter in Bayern steigt bis 2041 von jetzt 44,1 Jahren auf 45,4. Bedingt ist dies durch die Zunahme der Über-65-Jährigen und die Abnahme der Bevölkerungsgruppe im erwerbsfähigen Alter. Die Auswirkungen zeigen sich auch deutlich in den Prognosen für die Kommunen im Landkreis. So soll die Gruppe Ü 65 in Maisach bis 2039 um 44,5 Prozent wachsen, die erwerbsfähige Gruppe aber um rund ein Prozent schrumpfen. Ähnlich sieht es in den Gemeinden im westlichen Landkreis aus. In Egenhofen soll der Zuwachs der Alten gar mehr als 50 Prozent betragen, der Anteil derer, die zwischen 18 und 65 Jahre alt sind, um drei Prozent sinken.

Zuwächse verzeichnet in den Prognosen aber auch die Gruppe der Kinder und Jugendlichen. Der Anteil der Unter-18-Jährigen soll überall steigen. Für Adelshofen wird ein Zuwachs von etwa zwölf Prozent erwartet, für Egenhofen von elf Prozent, in Maisach sollen es gar 15 Prozent sein. Ein größerer Anteil von Kindern und Jugendlichen wird auch den Städten vorausgesagt. Um 6,2 Prozent soll der Anteil der ganz jungen Bevölkerung in Puchheim bis 2039 steigen, um sieben Prozent in Fürstenfeldbruck und um 7,8 Prozent in Olching. Selbst für Germering sieht die Statistik in diesem Bereich ein deutliches Plus. Um vier Prozent höher fällt der Anteil von Kindern und Jugendlichen an der Einwohnerschaft aus, der Bau von Schulen und Kitas ist also auch nach den Zahlen des statistischen Landesamts nötig.

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