Fürstenfeldbruck:Bekenntnis zur Toleranz

Klaus Pleil und Albert Bauernfeind eröffnen eine Ausstellung über Homosexuelle

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Im Treppenhaus des Rathauses sitzt Christoph Hauser am E-Piano und spielt ein Stück von Peter Tschaikowsky. Ehe er die erste Taste auf dem Piano anschlug, hatte er den Zuhörern erzählt, dass der weltbekannte russische Komponist schwul war. Das ist deshalb von Bedeutung, weil sich die etwa 20 Personen, darunter Oberbürgermeister Klaus Pleil, Kreisdekan Albert Bauernfeind und Pastoralreferentin Beate Reimann, hier auf dem Treppenabsatz zur Eröffnung der Ausstellung "Die Verzauberten - Gesichter und Geschichten alter schwuler Männer" eingefunden hatten.

Ausstellung Rathaus

"Die Verzauberten" ist der Titel einer Ausstellung über homosexuelle Männer, die während des Kirchentages im Brucker Rathaus gezeigt wird.

(Foto: Günther Reger)

Die Ausstellung mit Schwarz-Weiß-Fotografien von zehn Homosexuellen, die für die nächsten vier Wochen im Rathaus zu sehen sein wird, ist Bestandteil des ersten Ökumenischen Kirchentages an diesem Wochenende. Reimann hat die von der Koordinierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen der Landeshauptstadt München und dem Verein Schwules Kommunikations- und Kulturzentrum Sub konzipierte und von der Münchner Fotografin Susie Knoll eindrucksvoll umgesetzte Schau in die Kreisstadt geholt. Lange hat sie nach dem richtigen Ort für die Präsentation gesucht. Mit dem Ergebnis scheint sie nun ebenso zufrieden wie der Hausherr und der Kreisdekan. "Es ist ganz wichtig, dass wir das für alle machen", jeder solle dank Barrierefreiheit Zugang zu der Schau haben, betont sie. Denn für die Pastoralreferentin bringen "Die Verzauberten" das Motto des Kirchentages - "Seht, welch ein Mensch" - stellvertretend für viele an den Rand gedrängten Gruppen sehr gut zum Ausdruck.

Ausstellung Rathaus

Mit dem Thema hätten die Kirchen immer noch Probleme, sagt Fürstenfeldbrucks katholischer Dekan Albert Bauernfeind.

(Foto: Günther Reger)

"Dieses Thema in einem Verwaltungsgebäude, das hat etwas. Ich hoffe, das bewirkt etwas", sagte der Oberbürgermeister zur Eröffnung, nachdem Hausers Spiel verklungen ist. Immerhin herrsche hier reger Publikumsverkehr, und vielleicht werde so mancher auf "Die Verzauberten" aufmerksam und von ihnen zum Nachdenken gebracht, der niemals gezielt eine solche Schau aufsuchen würde. Wie zum Beweis huschten immer wieder Leute durch das Treppenhaus und quer durch den kleinen Kreis von Zuhörern. Eingangs wirkte Pleil betroffen, etwas wütend sogar, dass es im dritten Jahrtausend noch nötig ist, um Toleranz zu werben. "Dass man überhaupt so etwas machen muss, ist schon schade." Doch er lobte die Kirche, die Homosexualität zum Thema macht, und ganz generell mit dem Kirchentag auch den Fokus auf die Menschen am Rande der Gesellschaft legen will. Oberbürgermeister Pleil sagte, er habe sie gerne dabei unterstützt, indem er die Räume für die Ausstellung zur Verfügung stellte.

Für den Kreisdekan symbolisiert die Ausstellung im Rathaus die gute Zusammenarbeit zwischen Kirche und Öffentlichkeit. "Wir als Christen haben einen sehr unterschiedlichen Blick darauf", resümierte er mit Blick auf das Thema der Ausstellung. "Die katholische Kirche tut sich sehr schwer damit", und auch bei den Protestanten gebe es sehr unterschiedliche Haltungen gegenüber Homosexuellen. Er stelle "ganz viel Nachholbedarf und einen großen Auftrag in dieser Thematik" fest. Bauernfeind verwies auf Irland, wo sich die Bevölkerung jüngst mit deutlicher Mehrheit für die Homo-Ehe ausgesprochen hat. Es sei schwer, die richtige Rechtsform für eine Lebensgemeinschaft von Gleichgeschlechtlichen zu finden, doch das sei unerheblich: "Die Verantwortung, die Menschen füreinander übernehmen, ist das höhere Gut", egal ob in einer offiziellen Ehe oder in jeder anderen Form, unterstrich der Kreisdekan. "Damit ist das christliche Wertebild erfüllt." Zum Abschluss spielte Hauser, der Organist der Klosterkirche, auf seinem "auf dem Rücken" mitgebrachten E-Piano eine Arabesque von Claude Debussy.

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