Fürstenfeldbruck:Beflügelte SPD, zerknirschte CSU

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Im Gespräch: Katrin Staffler und Michael Schrodi am Wahlabend im Landratsamt Dachau. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Mitglieder beider Parteien sehen sich in ihren Wahlkämpfen bestätigt. Nur leise regt sich Manöverkritik

Von Gregor Schiegl, Fürstenfeldbruck

Die Sozialdemokraten fühlen sich nach dem Wahlsieg bei der Bundestagswahl auch im Landkreis durch eine "Aufbruchstimmung" beflügelt und das obwohl das Resultat nicht so berauschend ausgefallen ist; die CSU zeigt sich angesichts ihrer historischen Schlappe zerknirscht, aber nur ein bisschen. Natürlich könne man mit diesem Ergebnis nicht zufrieden sein, sagt CSU-Direktkandidatin Katrin Staffler, aber im bayernweiten Vergleich stehe die Partei im Wahlkreis so schlecht gar nicht da. Und der Dachauer CSU-Kreisvorsitzende Bernhard Seidenath ergänzt: "Wir sind weiter Volkspartei und haben auch vor, es zu bleiben."

"Ehrlich gesagt hatte ich mit einem noch schlimmeren Ergebnis gerechnet", sagt der Dachauer Landrat Stefan Löwl. "Mit dem Endspurt nach dem CSU-Parteitag vor drei Wochen wurde das Schlimmste verhindert." Löwl macht sich damit die Lesart von CSU-Chef Ministerpräsident Markus Söder zu eigen, wonach dieses Wahldebakel vor allem auf die Kappe der Schwesterpartei CDU und ihres glücklosen Spitzenkandidaten Armin Laschet gehe. Der steht am Montag nach der Wahl auch im CDU-Präsidium heftig unter Beschuss. Die Machtmaschine der Union zerlegt sich gerade selbst. Was auffällt: Keiner der CSU-Granden lässt sich dazu hinreißen, Laschet in seinen Kanzlerambitionen öffentlich zu unterstützen. Für die erfolgreiche CSU-Direktkandidatin Katrin Staffler ist vor allem klar, was die Wähler explizit nicht wollten: "eine Links-Regierung". Die hätte ihrem SPD-Kollegen Michael Schrodi aus Olching durchaus gefallen, weil man mit der Linken die sozialen Kernanliegen der SPD am leichtesten durchgebracht hätte. Eine Ampelkoalition mit Grünen und Liberalen werde weitergehende Zugeständnisse erfordern, sagt Schrodi. Er mahnt aber auch Kompromissbereitschaft bei den eigenen Genossen an. "Alle werden sich bewegen müssen." Auch die SPD.

Auf den glücklosen Armin Laschet scheint keiner setzen zu wollen. Stattdessen spielen die Christsozialen den Ball ins Feld der FDP. Es gehe jetzt vor allem um Sachfragen, sagt Seidenath schon beinahe präsidial. Deutschland stehe vor großen Herausforderungen und müsse schnell eine stabile Regierung bilden, die die drängenden Probleme unserer Zeit anpacke, allen voran den ökologischen Umbau der sozialen Marktwirtschaft. Ob dies eine Jamaika-Koalition unter Unionsführung oder eine Ampel mit der SPD an der Spitze oder gar eine Neuauflage der Großen Koalition sei, müsse man nun erst einmal in Gesprächen ausloten. Gespräche, in denen, nebenbei bemerkt, die FDP eine entscheidende Rolle spielt, die lieber mit der Union als der SPD zusammen regieren würde.

Schrodi erkennt im Votum vom Sonntag einen klaren politischen Auftrag: "Die Menschen wollen eine Bundesregierung unter der Führung von Olaf Scholz." Eine weitere Botschaft: Die Sozialdemokraten hätten gezeigt, dass mit ihnen als politische Kraft weiter zu rechnen sei. Martina Tschirge, Vorsitzende der Landkreis-SPD, bejubelt "einen Aufwind" für die Sozialdemokratie. Arithmetisch gesehen ist es eher ein leichtes Lüftchen. Aber auch kleine Erfolge sind für die SPD Erfolge. Bei den vergangenen Wahlen konnten die Genossen im Wahlkreis förmlich zusehen, wie sie als politische Kraft dahinschwinden. Jetzt hat sich der Wind gedreht. "Ich bin gestern das erste Mal bei einer Wahl ganz entspannt ins Landratsamt gegangen", sagt Tschirge. Mangels Mitgliedern gab es in einigen Gemeinden zeitweise nicht einmal mehr einen SPD-Ortsverein. Das hat sich inzwischen geändert. "Wir haben viele weiße Flecken geschlossen", sagt Tschirge. Und was sie besonders freut: Die neuen Ortsvereine verzeichnen auch einige junge Mitglieder. Tatsächlich scheint sich die SPD wieder etwas berappelt zu haben.

Die CSU spürt dafür umso mehr Gegenwind. "Es war nicht sehr en vogue, Union zu wählen", klagt CSU-Kreischef Bernhard Seidenath, Sachargumente hätten es in diesem "seltsamen Wahlkampf" schwergehabt. Mit wichtigen Themen wie innerer und äußerer Sicherheit oder der Steuerpolitik sei man kaum zu den Wählern durchgedrungen. Vielleicht hätte man trotz Pandemie mehr Straßenwahlkampf machen sollen, sagt Seidenath. Es gibt also durchaus Manöverkritik. Im Kleinen. "Für uns war Markus Söder der beste Wahlkämpfer", resümiert Michael Schrodi. Er habe noch nie erlebt, wie ein Spitzenkandidat von den eigenen Leuten so demontiert wurde. Davon will bei der CSU niemand etwas wissen. "Das waren Ermunterungen, aktiv zu werden", sagt ganz arglos Bernhard Seidenath.

© SZ vom 28.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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