Fürstenfeldbruck:Bedingt autofrei

150 Menschen aus vier Landkreisen radeln am Aktionstag zum Kloster Sankt Ottilien, 25 nehmen an einer Hofladen-Tour teil. Die Veranstalter sind zufrieden, sehen aber auch Verbesserungspotenzial

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck

Vom ersten freiwillig autofreien Sonntag ist auf den Straßen im Landkreis Fürstenfeldbruck am Sonntag nichts zu merken. Es sind ein paar Radler unterwegs und relativ viele Autos, auch die ein oder andere Gruppe von Motorradfahrern. Das Angebot, kostenlos auf einigen Buslinien zu fahren, nutzen nur ein paar ältere Menschen wie der 84-jährige Oskar Kolbe aus Fürstenfeldbruck, der nach Olching fährt, um zu testen, wie das geht, wenn er zu alt ist zum Autofahren.

Fürstenfeldbruck: Gottfried Obermair (am Steuer), bringt mit der Ape das Schlagzeug ins Maisacher Bräustüberl, die Musiker radeln.

Gottfried Obermair (am Steuer), bringt mit der Ape das Schlagzeug ins Maisacher Bräustüberl, die Musiker radeln.

(Foto: Günther Reger)

Für Familie Schmid ist die Beteiligung am autofreien Sonntag auf jeden Fall trotzdem ein Erfolg. Etwa 25 Radlerinnen und Radler kommen gegen 13 Uhr auf ihren Hof in Aich gefahren. Sie nehmen an der Hofladen-Radtour teil, die Agenda 21, das Klimaschutzmanagement des Landkreises und der Ernährungsrat des Landkreises organisiert haben. Die Gruppe ist bunt gemischt, es sind junge und ältere Leute dabei, solche mit und ohne Kindern.

Unter einem dunkelblauen Pavillon haben die Schmids auf einem Biertisch Kostproben der Waren vorbereitet, die sie in ihrem Selbstbedienungs-Hofladen, dem "Aicher Milchhäusl", verkaufen: verschiedene Sorten Käse, Butterbrot, Melonenstückchen, Eiskaffee, Milch. Jungbauer Andreas Schmid sagt: "Es ist eine Ehre, hier dabei zu sein." Sie seien gefragt worden, ob sie mitmachen wollten, und hätten gerne zugesagt. Der Kontakt zu den Kunden sei wichtig, sagt Schmid, der die Chance nutzt, den Menschen die Vorteile des regionalen Einkaufens nahezubringen.

Fürstenfeldbruck: Andreas Schmid (ganz links) erklärt seinen Betrieb in Aich.

Andreas Schmid (ganz links) erklärt seinen Betrieb in Aich.

(Foto: Ingrid Hügenell)

Das Milchhäusl ist die vierte Station der Tour, die Gruppe ist mit einer halben Stunde Verspätung angekommen. Das liege einfach daran, dass es überall so spannend gewesen sei, sagen Nicole Kührer vom Klimaschutzmanagement und Michaela Bock vom Ernährungsrat. Die Leute hätten überall sehr viel gefragt. Die mit 83 Jahren älteste Teilnehmerin, Luise Schmid aus Oberweikertshofen, ist fasziniert von den Einblicken. Sie stamme selbst aus einem Bauernhof und freue sich nun, dass sie erleben dürfe, "wie die heutzutage die Landwirtschaft betreiben", sagt sie. Vom Radfahren braucht sie niemand überzeugen - 100 Kilometer radle sie jede Woche mit ihrem E-Bike, erzählt sie.

Die Kinder sind begeistert von den Zwillings-Kälbchen, Susi und Bella, die sie streicheln dürfen. Die Erwachsenen hören derweil Andreas Schmid zu, der den Betrieb mit seinen 50 Milchkühen und den Hühnern im "Hehnahotel" vorstellt, die von mittlerweile vier Alpakas beschützt werden. Um sie zu besuchen, fehlt die Zeit - zur Fahrradsegnung um 14 Uhr in der Willibaldkirche in Jesenwang sollte die Gruppe pünktlich sein. "Das nächste Mal müssen wir mehr Puffer einbauen", sagt Kührer. Ziemlich sicher werde die Tour kommendes Jahr wiederholt. Denn danach hätten schon viele gefragt. Auch einige Hofläden hätten sich gemeldet, die gerne mitmachen wollten.

Fürstenfeldbruck: Bei der Hofladen-Tour begeistern die Kälbchen die Kinder.

Bei der Hofladen-Tour begeistern die Kälbchen die Kinder.

(Foto: Ingrid Hügenell)

Gottfried Obermair, Vorsitzender des Energiewende-Vereins Ziel 21, ist "sehr, sehr zufrieden" mit dem ersten autofreien Sonntag, der auch in den Landkreisen Dachau, Starnberg, Weilheim-Schongau und Landsberg am Lech stattfand. An der zentralen Sternfahrt zum Kloster Sankt Ottilien nahmen Max Keil von "Ziel 21" zufolge knapp 150 Menschen teil, aus allen vier Landkreisen. Der Energiewendeverein hat mit dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club den autofreien Sonntag in den vier Landkreisen ausgerufen. In der Benediktinerabtei wurden bei einer ökumenischen Andacht die Räder gesegnet, Mönche führten durch die Energiezentrale des Klosters. Keil freut sich über die recht hohe Teilnehmerzahl, auch wenn aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck nicht sehr viele dabei waren. Denen habe wohl noch die Rad-Demonstration vom Samstag in den Knochen gesteckt, meint er.

Keil und Obermair sehen einiges, was bei einer Neuauflage des autofreien Tags verbessert werden könnte. Zum Beispiel die Information. Um Papier zu sparen, hätten sich die Organisatoren entschlossen, keine Flyer zu drucken, erklärt Obermair. "Das war falsch." Beim nächsten Mal werde man Flyer auslegen, damit die Leute etwas hätten, in das sie unterwegs hineinschauen könnten. Mehr Information könnte auch an den Bushaltestellen nützlich sein. Am Busbahnhof Fürstenfeldbruck gibt es keinen einzigen Hinweis auf den Aktionstag. Das Busangebot müsse insgesamt verbessert werden, gibt Obermair zu, vielleicht, indem man gezielt passende Events als Ziele der Fahrten anbietet.

Fürstenfeldbruck: Auch am Adelshofer Weiher spielt die Blasmusik.

Auch am Adelshofer Weiher spielt die Blasmusik.

(Foto: Günther Reger)

Eben hat Obermair mit seiner elektrischen Ape, einem kleinen dreirädrigen Fahrzeug, das Schlagzeug der Germerswanger Blaskapelle in den Biergarten des Bräustüberls Maisach gebracht. Die Musikanten sind allesamt zum Auftritt geradelt. Bräustüberl-Wirt Harry Faul unterstützt die Aktion dadurch, dass jeder, der ohne Auto kommt und das auch kundtut, einen Nachlass von einem Euro auf eine Mass eines beliebigen Getränk erhält. "Das ist eine gute Aktion", sagt Faul. "Alle reden vom Klimawandel und vom Energiesparen, da kann man das leicht mal machen und das Bewusstsein steigern."

Viele Radler, die im Biergarten ankommen, wissen freilich gar nichts von der Aktion, sie wären ohnehin geradelt. Blasmusik ertönt auch beim Adelshofener Weiherkonzert der Blasmusik. Die Kapelle sei auf Anfrage der Gemeinde gerne bereit gewesen, ihren Auftritt auf diesen Termin zu legen, sagt Regine Schuster vom Vorstand der Kapelle. Denn die Idee sei gut, dass man auch mal aufs Auto verzichtet.

Eine 69-jährige Frau, die im Ort lebt, filmt den Auftritt mit ihrem Handy. "Ich würde so gern aufs Auto verzichten", sagt sie dann. Aber das funktioniere nicht. Denn mit den Bussen könne man zwar gut zu den S-Bahnhöfen Mammendorf oder Maisach und in die Kreisstadt gelangen. Die Verbindung in die Nachbarorte Grunertshofen und Moorenweis sei dagegen schlecht. Daher brauche sie das Auto zum Einkaufen, vor allem bei schlechtem Wetter. "Der ÖPNV ist viel besser als früher", sagt sie. Aber es reiche noch nicht.

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