Bundespolitik:Lust am Regieren

Bundespolitik: Erfolgreiches Werben: Beate Walter-Rosenheimer bei einem Wahlkampfauftritt im vergangenen Sommer.

Erfolgreiches Werben: Beate Walter-Rosenheimer bei einem Wahlkampfauftritt im vergangenen Sommer.

(Foto: Toni Heigl)

Die Grünen-Politikerin Beate Walter-Rosenheimer sitzt seit zehn Jahren im Bundestag, nun ist sie erstmals Mitglied einer Regierungsfraktion. Der Rollenwechsel beflügelt die 57-Jährige, sie hat sich viel vorgenommen.

Kriegsgefahr in der Ukraine und Streit um eine Corona-Impfpflicht: Die neue Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP hat gleich zu Beginn schwere Aufgaben zu lösen. Beate Walter-Rosenheimer, Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Fürstenfeldbruck-Dachau, gehört zu dieser Koalition. Doch bevor sie über die Probleme spricht, sind erst einmal Worte wie "superspannend" und "tolle Erfahrung" zu hören. Die Freude der 57-Jährigen ist nachvollziehbar, denn sie sitzt zwar schon seit zehn Jahren im höchsten deutschen Parlament, gehört aber nun erstmals zur Mehrheit. Bis zum vergangenen Herbst kannte Walter-Rosenheimer, die im Januar 2012 in den Bundestag nachgerückt ist, nur die Arbeit einer Oppositionspolitikerin. Einer solchen bleibt vor allem das Wort, viel gestalten kann sie nicht. Das hat sich geändert, und Walter-Rosenheimer hat sich einiges vorgenommen.

Dem Ausschuss für Menschenrechte gehört sie auf eigenen Wunsch an

Da ist zunächst einmal ihre Arbeit im Ausschuss für Menschenrechte, dem sie auf eigenen Wunsch angehört. Das Thema liege ihr sehr am Herzen, sagt die Grünen-Abgeordnete. Gern würde sie die Kinderrechte im Grundgesetz verankern, ebenso eine Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre. Eng will Walter-Rosenheimer mit dem Außenministerium zusammenarbeiten, mit Ministerin Annalena Baerbock werde dies auch möglich sein, ist die Abgeordnete sicher. Den kurzen Draht zur Ministerin wird sie brauchen, wenn es um Mädchen und Frauen in Afghanistan geht. Von denen dürften viele nach Deutschland ausreisen, doch die Ausreise lässt sich nicht einfach umsetzen.

Auch für eine gerechte Verteilung der Corona-Impfstoffe auf der Welt will sich Walter-Rosenheimer einsetzen, und sie würde gerne die Stelle eines Antiziganismus-Beauftragten einrichten. Dieser soll den Kampf gegen den Hass und die Benachteiligung von Sinti und Roma organisieren.

Viel Arbeit erwartet Walter-Rosenheimer zudem als Mitglied des Petitionsausschusses. Dieser befasst sich mit den Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern. Als Mitglied des Ausschusses könne sie besonders gut in Kontakt mit den Menschen bleiben, sagt sie.

Für eine Impfpflicht

Die studierte Psychologin befasst sich auch mit Gesundheitspolitik, sie ist stellvertretendes Mitglied ihrer Partei im zuständigen Ausschuss. Wichtigstes Thema auf diesem Gebiet ist die Impfpflicht. Eine erste Debatte über das Thema steht für kommende Woche an. Walter-Rosenheimer befürwortet eine Impfpflicht. Sie sei fürs Impfen gewesen, nicht aber für eine Pflicht dazu. Doch nach zwei Jahren Pandemie gehe es darum, dass es weniger Eingriffe in den Alltag und die persönliche Freiheit der Menschen gebe, wie es mit Kontaktbeschränkungen, Ladenschließungen und Lockdowns der Fall gewesen ist. Dazu helfe aber nur eine möglichst hohe Impfquote, argumentiert sie. Die Befürworter einer Impfpflicht haben mehrere Gesetzesentwürfe angekündigt, die sich in der Dauer der Impfpflicht und dem Alter der Betroffenen unterscheiden. Welchem sich Walter-Rosenheimer anschließen will, hat sie ihren Worten nach noch nicht entschieden.

Klimapolitik als Maßstab

Über die Bilanz der Regierungsarbeit der Grünen wird aber nicht das Thema Impfpflicht entscheiden. Gemessen werden die Grünen künftig daran, wie sie die Klimapolitik voranbringen. Das ist Walter-Rosenheimer klar. Deshalb müssten der Kohleausstieg angegangen und die erneuerbaren Energien ausgebaut werden, sagt sie. Die Absicht, den Ausstoß von Kohlendioxid bis 2030 um 65 Prozent zu senken, nennt sie ambitioniert. Leicht wird es also nicht, aber Walter-Rosenheimer vertraut auf die Fähigkeiten von Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck. Der könne gut mit Menschen verhandeln und auf sie zugehen, sagt sie. Bei Bayerns Ministerpräsident Markus Söder war Habeck schon zu Besuch, und nach dem Gespräch klang Söders Widerstand gegen eine Aufhebung der 10-H-Regelung nicht mehr so entschieden wie noch vor Kurzem. Also, vielleicht bewegt sich da was. Die Grünen-Bundespolitikerin würde es freuen. "Ich hoffe, dass in vier Jahren deutlich ist, dass wir neue Wege beschritten haben", sagt sie.

Dabei hätte Walter-Rosenheimer fast das Bundestagsmandat verpasst. Nach den ersten Auszählungen reichte ihr Listenplatz nicht für Berlin. Erst ein paar Tage später stand fest, dass sie es geschafft hat. "Für mich war immer klar, dass ein Mandat nichts für die Ewigkeit ist", sagt sie. Deshalb sollten junge Leute auf der Liste vorne stehen, sie besetzte erst Platz 19. Um ein Haar hätte sie diese Zurückhaltung um eine schöne Erfahrung gebracht, denn: "Es ist spannend, in der Regierung zu sein."

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