Fürstenfeldbruck:Banker gibt sich als Rechtsanwalt aus

63-Jähriger wegen Missbrauchs von Berufsbezeichnungen zu Geldstrafe verurteilt

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Eine Zwangsversteigerung droht. Wer wäre da nicht empfänglich für Hilfsangebote? Selbst wenn sie von einem Fremden kommen, der aber sehr kompetent und seriös wirkt und angebliche jahrelange Erfahrung vorweist. Dumm nur, wenn so ein praktisch aus dem Nichts aufgetauchter Retter sich fälschlicherweise als Rechtsanwalt ausgibt. Auch wenn dieser Jemand mit einer Rechtsanwaltskanzlei zusammenarbeitet, ist das als Missbrauch von Berufsbezeichnungen strafbar, wie ein Richter am Amtsgericht in Fürstenfeldbruck nun entschieden hat. Er sprach einen 63-Jährigen aus dem Landkreis schuldig und verhängte 6400 Euro Geldstrafe.

Die Staatsanwaltschaft warf dem früheren Bankangestellten vor, sich in zwei Fällen als Rechtsanwalt ausgegeben zu haben. Im ersten Fall soll er 2013 ein Ehepaar aus München über seine wahre berufliche Identität getäuscht haben, im zweiten einen etwa 80 Jahre alten Mann aus dem westlichen Landkreis. Den Münchnern drohte die Zwangsversteigerung eines sanierungsbedürftigen Schwimmbades, dem Senior die seines Wohnhauses. Der Angeklagte, ohne Rechtsanwalt erschienen, äußerte sich nicht zu den Vorwürfen. Es war aber offensichtlich, dass er die Tatvorwürfe bestritt.

Die Frau und die Tochter des Seniors beschrieben das Vorgehen des Angeklagten als sehr clever. Der 63-Jährige habe ihren schwerhörigen, dementen Mann angerufen und "ein Projekt vorgeschlagen, das die Zwangsversteigerung verhindern sollte", erzählte die Frau. Ihre Tochter wusste Genaueres. Ähnlich wie bei der aus zahlreichen Betrugsfällen polizeibekannten Nigeria-Connection ging es laut der Tochter im Fall ihres Vaters um ein Projekt in Ghana - auch bei ihrem Vater half es nicht, die Zwangsversteigerung zu verhindern. Beide Frauen schilderten den Angeklagten als sehr gewieft. "Er hat gesagt, er ist Jurist", die Bezeichnung Rechtsanwalt habe sie nie von ihm, sondern nur von ihrem Vater gehört, erklärte die Tochter. Ihre Mutter bestätigte das, auch schriftlich habe sie nichts Entsprechendes gefunden. "Der Angeklagte macht die Arbeit und die Kanzlei alles Schriftliche", lautete ihr Fazit. Auch das Ehepaar hatte von der Kanzlei immer wieder Schriftsätze bekommen, nachdem es sich zuvor mit dem Angeklagten getroffen hatte - ebenfalls in der Kanzlei. "Wir haben seinen Namen nicht an der Tür gefunden", zudem sei niemand außer der Putzfrau da gewesen, erinnerte sich der Zeuge. Er versicherte, dass der Angeklagte sich "mehrfach" als Rechtsanwalt bezeichnet habe. Das mochte seine Frau so nicht bestätigen: "Ich hatte den Eindruck, dass er Rechtsanwalt ist, weil er immer wieder von Fällen erzählt hat, auch bundesweit".

Für eine Verurteilung des 63-Jährigen wegen Missbrauchs von Berufsbezeichnungen in einem Fall genügte die überzeugende Aussage des einen Zeugen. Doch während der Vorsitzende Richter Johann Steigmayer den Fall des Seniors mangels Beweisen freisprach, forderte der Staatsanwalt einen Schuldspruch in beiden Fällen zu 120 Tagessätzen à 80 Euro. Der Richter verurteilte den Angeklagten, der früher bei einer Bank als Jurist mit Zwangsversteigerungen befasst war, jedoch nur in dem einem Fall und verhängte 80 Tagessätze zu je 80 Euro Strafe.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: