Zum Weihnachtsfest gehören Engel unbedingt dazu, sind sie doch die Überbringer göttlicher Botschaften. Den himmlischen Geistwesen kommt es laut Evangelium zu, Gott zu lobpreisen, dem sie untergeordnet sind. Wie dieser Gesang klingt, steht nicht in der Bibel, und nach menschlicher Vorstellung sind Engel der Zeit enthobene Wesen. Insofern sind es die Komponisten, die den Engeln eine Stimme gegeben haben, und zwar stilistisch dort angesiedelt, wo sie selbst jeweils standen. Dieser Ansatzpunkt bildete den Hintergrund für das Konzert des Philharmonischen Chores Fürstenfeld mit seinen knapp einhundert Sängern am zweiten Weihnachtsfeiertag im sehr gut besuchten Stadtsaal: Unter dem Motto "Gloria - Gesang der Engel" erklangen Kompositionen von Johann Sebastian Bach, Francis Poulenc und Felix Mendelssohn Bartholdy.
Zwar zufällig, aber durchaus auch programmatisch zu sehen war die Mitwirkung des Seraphin-Ensembles München als Orchester in variabler Besetzung und mit modernen Instrumenten. Zudem waren die Vokalsolisten Katharina Burkhart (Sopran), Florence Losseau (Alt), Sebastian Schäfer (Tenor) und Andreas Burkhart (Bass) zu hören. Die Gesamtleitung hatte Andreas Obermayer.
Das Konzert mit der Kantate "Gloria in excelsis Deo" BWV 191 von Bach zu beginnen, war ein geschickt gewählter Schachzug: Gegenüber der Alternative, der ersten Kantate aus dem Weihnachtsoratorium, weckte der Eingangschor vertraute Hörbilder, war aber doch erfrischend neu. So strahlte die Musik, auch durch Trompeten und Pauken, festlichen Glanz aus, begann im Chor aber gleich mit der Imitation des Themas. Dynamisch setzte der Dirigent auf ein kraftvolles Forte, das auch in der hier etwas kleineren Chorbesetzung mit etwa fünfzig Sängern noch große Strahlkraft entwickelte. Im Duett zwischen Sopran und Tenor unter Begleitung des Orchesters waren die Profis unter sich, so dass sich zwischen den Flöten und den Sängern ein inniger Gesamteindruck einstellte. Der Schlusschor knüpfte im Gestus an den Eingangschor an und war technisch auch in den Koloraturen gut bewältigt. Eine dynamische Differenzierung, die Struktur und Ziel hätten klarer erkennbar werden lassen, blieb allerdings weitgehend aus.
Die Kantate "Und es waren Hirten in derselben Gegend" aus dem "Weihnachtsoratorium" BWV 248, die Bach für den zweiten Weihnachtstag komponiert hat, folgte in großer Chorbesetzung. Die einleitende Sinfonia war in zügigem Tempo schön phrasiert und hatte dadurch einen fließenden Charakter. Die Choräle, zunächst "Brich an, o schönes Morgenlicht", waren interpretatorisch kraftvoll und in stimmiger klanglicher Balance, dabei mit nie nachlassender Spannung musiziert. Intime Momente ergaben sich in den Arien, beispielsweise für den Tenor "Frohe Hirten", die Sebastian Schäfer ebenso weich wie klar in der Tongebung und souverän in den anspruchsvollen Koloraturen gestaltete.
Nach der Pause erklang mit dem 1959 entstandenen "Gloria" von Francis Poulenc ein ganz anderer stilistischer Blick in den Himmel: Im "Gloria"-Abschnitt stand die als genuines Stilmittel eingesetzte Textdeklamation im Mittelpunkt und erzeugte einen sehr effektvollen Klang. Beeindruckend geriet der Teil "Domine Deus, Agnus Dei", der den Saal in sphärische Klänge tauchte und den Sopran von Katharina Burkhart als vokale Krönung auf der Basis des zurückhaltenden Chorklangs inszenierte. Am Schluss des Programms stand die Choralkantate "Vom Himmel hoch" aus der Feder von Felix Mendelssohn Bartholdy. Andreas Obermayer forderte von seinen Musikern im Eingangs-Chorsatz "Vom Himmel hoch" einen ununterbrochenen Energiefluss, so dass die Forte-Dynamik ohne Abstriche bis zum letzten Ton erhalten blieb. Im Choral "Er bringt euch alle Seligkeit" orientierte sich der Dirigent auch interpretatorisch an den Bachschen Vorbildern. Großen Beifall gab es am Ende für alle Beteiligten.