Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Aus dem Leben der Urahnen

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Viele hundert Stunden ehrenamtlicher Arbeit haben Mitglieder und Vorstand des Historischen Vereins in die Ausstellung "Bodenschätze" investiert. Nun hoffen sie auf viele Besucher im Landratsamt

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck

Am frühen Montagnachmittag ist es endlich geschafft: Alle 31 Vitrinen mit den Fundstücken, dazu eine für Katalog und Karte, sind an Ort und Stelle. Die Aufsteller, die die "Bodenschätze" erklären, sind platziert. Der Historische Verein Fürstenfeldbruck hat seine gleichnamige Ausstellung aus den Landkreis-Gemeinden ins Landratsamt gebracht. Bis 27. September können die Fundstücke, die von der Mittelsteinzeit bis ins Mittelalter reichen und so mehr als zehntausend Jahre Geschichte umfassen, auf der Galerie der Kreisbehörde besichtigt werden.

Die Ehrenamtlichen des Vereins haben in die Vorbereitung und Betreuung der Ausstellung viel Zeit investiert. 800 Stunden seit Oktober waren es alleine bei Anna Ulrike Bergheim, 64, der Vorsitzenden des HVF. Am Samstag sei sie zehn Stunden im Landratsamt gewesen, um die Vitrinen an die vorgesehen Stellen zu dirigieren, berichtet sie. Zwei Zweier-Teams waren währenddessen im ganzen Landkreis unterwegs, um die Ausstellungsstücke sicher zu verpacken und samt den Vitrinen nach Fürstenfeldbruck zu transportieren.

Das war das besondere Konzept dieser Ausstellung: Die Fundstücke, ob goldene Fibeln oder Eisenbarren, in der Nähe ihrer Fundorte zu präsentieren und dazu Geschichten über die Funde selbst und die Menschen zu erzählen. So werden faszinierende Einblicke möglich in die Lebensweise und technischen Mittel der Menschen in früheren Zeiten. Noch während die letzten Fundstücke eingeräumt werden, kommt eine Mutter mit drei Söhnen die Treppe zur Galerie herauf. Sie sind extra aus Moorenweis gekommen. "Das ist eine gute Ergänzung zum Geschichtsunterricht", sagt die Mutter. Schnell haben Andreas, 13, Bernhard, 11, und Korbinian, 9, das frühmittelalterlichen Schwert entdeckt. "Das war auch in Mammendorf bei den Kindern der Renner", sagt Bergheim. Dort war die Waffe ausgestellt. Die Mutter findet auch Schmuckstücke und Gewandfibeln interessant und wundert sich, wie man manche Funde überhaupt als archäologische Objekte erkennt, wenn sie auf dem Acker liegen, wie die wirklich winzigen Steinklingen aus der Mittelsteinzeit. Bergheim beginnt sofort zu erklären, was es mit einzelnen Stücken auf sich hat, zum Beispiel mit dem Regenbogenschüsselchen aus Grunertshofen, einer knapp 2200 Jahre alten Goldmünze. Und dass es für viele Entdeckungen geschulte Augen braucht. Bis zum Ende des Ausstellung soll immer ein Vertreter des HVF im Landratsamt sein und bei Bedarf den Besuchern Auskunft geben.

Außerdem werden zahlreiche Führungen stattfinden. Etwa 20 sind bereits terminiert, wie Bergheim sagt. Unternehmen, Vereine, auch Gemeinderäte und der Kreisausschuss haben sich angemeldet. Am Tag des offenen Denkmals, am Sonntag, 8. September, werden stündlich offene Führungen angeboten. Ein bisschen enttäuscht ist Bergheim, dass von Grund- und auch weiterführenden Schulen keine Resonanz kam.

Es ist möglich, sich die Ausstellung selbst zu erschließen, mithilfe der Erklärungen auf den Stelltafeln oder mit dem ausführlichen Katalog. Präsentation und Beschreibung hatten Archäologiestudenten der Münchner Universität übernommen. Bergheim berichtet, dass sie noch einiges an Redigier-Arbeit leisten musste, um die Beschreibungen, die nun im Katalog stehen, wirklich für ein Laienpublikum verständlich zu machen.

Wie viele Menschen die Ausstellung bisher gesehen haben, ist nicht quantifizierbar. Denn die Funde wurden in den Räumen von Banken und Sparkassen präsentiert, wo viel Kundenverkehr ist. Dass die Kreditinstitute mitmachten, ist der Überzeugungsarbeit des HVF zu verdanken, auch die Bürgermeister wurden ins Boot geholt. Bergheim und Vorstandsmitglied Fritz Aneder wissen, dass einige Leute extra gekommen sind, um die Ausstellung zu sehen. Sie berichten etwa von einer Gruppe Radler, die auf einer Tour durch den Landkreis von einem Fundstück zum anderen fuhren.

Andreas, Bernhard und Korbinian, die drei Moorenweiser Buben, sind nach ihrem Rundgang vor allem von den Waffen fasziniert. Neben dem mittelalterlichen Schwert ist auch ein keltisches ausgestellt, außerdem eine frühmittelalterliche Lanzenspitze, Dolche und Pfeilspitzen sowie ein bronzezeitliches Beil. Andreas und Korbinian finden nach ihrem Rundgang auch das goldene Regenbogenschüsselchen spannend. Denn Bergheim hat ihnen erzählt, dass es so wertvoll war, dass man sich im zweiten Jahrhundert vor Christus davon ein ganzes Dorf hätte kaufen können. Es sind solche Geschichten, die die Geschichte lebendig werden lassen. Wenn die Ausstellung endet, wandern die meisten Fundstücke zurück ins Depot, die Leihgaben werden zurückgegeben. Ob und wann sie danach wieder zu sehen sein werden, ist unklar.

Ausstellung "Bodenschätze" zur Archäologie im Landkreis, bis 27. September auf der Galerie des Landratsamts, Montag mit Donnerstag von 9 bis 18 Uhr, freitags 9 bis 16 Uhr. Sonntag, 8. September, 11 bis 16 Uhr, stündlich Führungen. Eintritt frei

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Quelle:
SZ vom 04.09.2019
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