Fürstenfeldbruck:Auf Linie

RaduArt

"Papageienwald" entführt in eine geheimnisvolle Welt, in der sich mehrere Menschen und Tiere tummeln. Viel bleibt der Fantasie des Betrachters überlassen.

(Foto: Günther Reger)

Die Werke des Brucker Künstlers Friedrich Geier bestehen ausschließlich aus unzähligen feinen Strichen. Dabei entstehen abstrakte Zeichnungen, die doch voller Strukturen sind, und konkrete Motive, die viele Geschichten erzählen

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Der Künstler Friedrich Geier ist ein Linienvirtuose und ein Besessener. So akribisch sind die Striche bei ihm gesetzt, so frei wirkend und doch konsequent choreografiert, dass man sich bildlich vorstellen kann, wie er in seinem Atelier sitzt und sich jeden Strich, jeden Abstand, jede Farbkontur abringt. Dabei stets das Detail vor Augen und das große Ganze im Kopf. Einordnen lassen sich seine Werke schwer. Zwar zeugen seine Farben, Formen und viele Motive von surrealistischen Einflüssen, dann allerdings sind seine Strukturen wieder viel zu streng dafür. In Ansätzen wirken die Bilder wie die Kugelschreiberzeichnungen, die man früher in der Schule an den Rand von Heften und Arbeitsblättern gekritzelt hat - nur eben in absoluter künstlerischer Perfektion. Eine Auswahl von 20 Zeichnungen des Brucker Künstlers zeigt die Galerie Raduart nun unter dem Titel "Friedrich Geier: Linien-Axiome".

Zu sehen sind abstrakte und konkrete Motive, alle gezeichnet mit Kugelschreiber und Künstlertusche. Wobei "abstrakt" wiederum in den meisten Fällen etwas irreführend ist. Eher sind es Wimmelbilder, auf denen der Betrachter bei genauem Hinsehen zahlreiche Silhouetten entdecken kann. Und dabei wird eines deutlich, was auch in den konkreten Motiven zu sehen ist: Geier ist fasziniert von der Darstellung der Weiblichkeit. Nicht ordinär oder plakativ, sondern höchst elegant. In den "abstrakten" Zeichnungen sind es vor allem klar konturierte Beine. Ja, überall sieht man plötzlich schlanke Beine, die sich im Gewirr der Linien rekeln. Konkreter wird die Versuchung in einer Zeichnung, die aus zahlreichen Frauenkörpern besteht. Nicht ganz so elegant wie in den anderen Bildern, locken sie den Betrachter mit übergroßen, grellen und vollen Lippen und ausladenden Kurven.

Aber es gibt noch eine zweite Thematik, die in einigen Bildern zu finden ist: animalische und mythologische Elemente. So zeigt "Miau" im Zentrum einen übergroßen Tiger, der in ein blau-weißes Gewand gehüllt ist und von zwei Säulen flankiert wird. Auf einer dritten Säule sitzt eine Katze, die mit ihrem goldenen Kopfschmuck und ihrer schwarzen Farbe wohl die ägyptische Katzengöttin Bastet darstellt, Tochter des Sonnengottes Ra und Göttin der Fruchtbarkeit. Rechts von den beiden stützt sich ein Baby in orangefarbenem Gewand vom Boden ab und blickt ehrfürchtig zu den beiden hinauf. Und geduldige Beobachter können in den vielen bunten Strukturen, die an die Bildwelten Hundertwassers erinnern, noch viel mehr entdecken.

Andere Bilder, wie etwa Papageienwald, erzählen viele kleine Geschichten auf einmal. In einem in allen Farben strahlenden Dschungel tummeln sich mindestens neun Figuren. Am auffälligsten ist ein Pärchen in der Bildmitte, das Mädchen trägt ein rosa-violett-gestreiftes Kleid, ihr Freund, der ebenso wie sie lange schwarze Haare hat, nur eine blaue Hose. Festgehalten sind sie im spielerischen Tanz miteinander. Hinter einem Baum versteckt sich ein junges Mädchen und beobachtet die beiden. Ein weiteres Paar sitzt auf einem Baum, der junge Mann tritt gegen den Stamm. Und auch wenn die Gesichter nur schwer zu erkennen sind, scheint es, als schaue er wütend drein. Bedroht wird die komplette Szene von einem übergroßen blauen Frosch im Hintergrund, der seine klebrigen Finger ausstreckt. Wie und ob all das zusammenhängt, bleibt der Fantasie des Betrachters überlassen.

Und so ist die Ausstellung keine, die man einfach so entspannt betrachten und genießen kann. Der Besucher wird vom Künstler gerade permanent zur Auseinandersetzung gezwungen, aber auf wohltuende, anregende Weise.

Ausstellung "Friedrich Geier: Linien-Axiome", Vernissage am Freitag, 27. Januar, von 18.30 Uhr an in der Galerie Raduart, Ledererstraße 12, Fürstenfeldbruck. Danach zu sehen bis zum 21. Februar.

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