Fürstenfeldbruck:Auf dem Weg nach Zocker-City

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In Fürstenfeldbruck boomen die Spielhallen. Die Stadt kann nur mit baurechtlichen Mitteln gegensteuern.

Wolfgang Krause

Zweiter Bürgermeister Hans Schilling brachte es auf den Punkt: "Ich möchte nicht, dass Fürstenfeldbruck den Spitznamen Zocker-City erhält", sagte der CSU-Politiker am Mittwoch im Bauausschuss des Stadtrats. Viel entgegensetzen kann die Stadt der wachsenden Zahl von Spielhallen allerdings nicht. Denn bei der Vergabe von Konzessionen dürfen nur baurechtliche Kriterien herangezogen werden, soziale Aspekte wie die Suchtproblematik bleiben außen vor.

Kommunen können Spielsalons nur schwer verhindern. (Foto: ddp)

Um den bisherigen Wildwuchs so gut es geht zu begrenzen, soll die Stadtverwaltung ein Vergnügungsstättenkonzept für das gesamte Stadtgebiet erarbeiten. Die Ergebnisse fließen in ein Bebauungsplanverfahren ein. Für die Hasenheide, wo bereits jetzt sieben Daddelhallen auf engem Raum konzentriert sind, stellte der Bauausschuss am Mittwoch einen eigenen Bebauungsplan auf, der weitere Spielsalons ausschließt.

Das Vorhaben, das Anlass für die aktuelle Diskussion war, kann dieser Beschlussallerdings nicht stoppen. Einem Bauwerber, der die derzeit geschlossene Diskothek am Hardtanger in drei Spielhallen umwandeln will, mussten die Stadträte aufgrund des alten Bebauungsplanes das Einvernehmen in Aussicht stellen.

Der Boom von Spielhallen ist ein Phänomen, dem die Kommunen in ganz Bayern weitgehend machtlos gegenüberstehen. Allerdings ist die Dichte dieser Negativeinrichtungen in Fürstenfeldbruck überdurchschnittlich hoch. Derzeit gibt es laut einer Aufstellung der Stadtverwaltung 17 Spielhallen-Lizenzen an zehn Standorten, Schwerpunkte sind neben der Hasenheide der Bahnhof Buchenau und die Innenstadt.

Damit wurde in Fürstenfeldbruck pro 2100 Einwohner eine Lizenz vergeben, im bayernweiten Durchschnitt kommt eine Spielhalle auf 4800 Einwohner. Pro Lizenz dürfen acht bis zwölf Spielautomaten aufgestellt werden. Das bedeutet, dass in Bruck allein in den Spielsalons bis zu 200 stehen. Dazu kommen nach Angaben der Stadtverwaltung rund 50 Automaten in Gaststätten - je Lokal sind bis zu drei erlaubt.

Im Kerngebiet der Innenstadt müssen Spielsalons erlaubt werden, in Wohn-, Kleinsiedlungs- und Industriegebieten sind sie von Haus aus verboten. Auch in den meisten neueren Bebauungsplänen wurden Vergnügungsstätten, zu denen neben Spielsalons auch Nachtlokale, Sex-Shops mit Videokabinen, Wettbüros, Swingerclubs und Diskotheken zählen, nicht zugelassen. Ein Einfallstor, das geschlossen werden kann, stellen aber zum Teil die alten Bebauungspläne dar - etwa in der Hasenheide.

Hier setzt das Vergnügungsstättenkonzept an, das der Bauausschuss einstimmig auf den Weg brachte. "Mehr kann man nicht tun", sagte Jugendreferent Tommy Beer (BBV). Er nannte die Städte Ludwigsburg und Untertürkheimals Vorbilder im Umgang mit der Problematik und regte an, dass die Stadt einen Vertreter zu einemSeminar der Gesellschaft für Urbanistik für Spielhallenkonzepte schickt.

Städtebaulich sind Vergnügungsstätten, wie Stadtbaurat Martin Kornacher erläuterte, unter anderem deshalb ein Problem, weil die Betreiber oft höhere Mieten akzeptieren. Dadurch komme es zu einer Störung des Bodenpreis- und Mietgefüges und einem Verdrängungsdruck, der zu einer völligen Veränderung der Struktur führen kann. Daneben seien mit Spielhallen unter anderem gestalterische Beeinträchtigungen wie aufdringliche Werbeanlagen und verklebte Schaufenster verbunden.

Kornacher sprach auch die gesellschaftspolitischen Probleme an, die bei der Bauleitplanung nicht berücksichtigt werden dürfen: Verschuldung der Spieler und ihrer Familien, soziale Isolation, Beschaffungskriminalität und Geldwäsche. "Es ist unvorstellbar, wenn man die Sucht sieht, dass man da keine Handhabe schafft", sagte Oberbürgermeister Sepp Kellerer (CSU). Die Stadtratskollegen forderte er auf, im Gespräch mit Landespolitikern darauf hinzuwirken, dass sich das ändert. "So weit ich es kann, tue ich es."

© SZ vom 12.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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