Wer einen anderen Job anstrebt und sich und seine Kompetenzen auf den Markt bringen möchte, der präsentiert sich gern auf sozialen Medien wie etwa Linked-in. Dort präsent zu sein und anderen seine Fähigkeiten und Fertigkeiten zu präsentieren, gehört zur modernen Arbeitswelt dazu. Dass man dort ganz natürlich auch miteinander in Kontakt kommen kann, vielleicht nette Gesprächs- oder gar den künftigen Geschäftspartner trifft, steckt hinter solchen Plattformen.
Bei Workerhero ist das etwas anders, auch wenn sich das Start-up mit Gründern aus Fürstenfeldbruck als „Linked-in für gewerbliches Personal“ auf dem Markt positioniert hat. „Bei uns werden Talente vermittelt ohne ein soziales Netzwerk“, sagt Richard Fischer, einer der Gründer des Personalvermittlers, hinter dem die Simpmatch GmbH steht. Und unter dem Firmennamen versteht Fischer den Begriff „simple match“, einfacher Treffer. Denn so soll es im besten Fall enden, wenn ein Bewerber oder eine Bewerberin, die bei Workerhero „Talente“ oder „Kandidaten“ heißen, auf ein passendes Angebot eines Unternehmens trifft, das dringenden Fachkräftebedarf hat.
Es ist wohl eher ein Zufall, dass der Firmensitz nun an der Kapuzinerstraße in München liegt, vis-à-vis von der großen Münchner Agentur für Arbeit. Dort gehen die Arbeitssuchenden rein, warten, werden beraten, und gehen wieder – oft ohne neuen Job. Richard Fischer hat Zahlen parat: Im Bundesdurchschnitt dauere die Vermittlung eines Arbeitssuchenden bei der Arbeitsagentur 180 Tage, bei Workerhero seien es 90 Tage.
„Die Firmen suchen Talente“, sagt Fischer, der mit 35 Jahren eine Firma mit derzeit 50 Mitarbeitern führt und bekannte Unternehmen zu seinen Kunden zählt. Die Plattform zielt darauf ab, den Rekrutierungsprozess für die Firmen zu optimieren. Dafür bezahlen die 350 Firmen eine Lizenz, der Bewerber trägt keine Kosten. Die Firma betreibt Marketing auf 150 Kanälen.
Vor Workerhero hieß die Firma Driverhero. Sie wurde mitten in der Corona-Pandemie gegründet, um den damals wachsenden Bedarf an Personal in der Logistik zu befriedigen. Nicht nur Paketfahrer wurden eingestellt, auch die Lieferdienste für Essen und den Bedarf für Home-Office und Home-Schooling forderten Fahrerinnen und Fahrer an. Als die Seuche endete, wurde aus dem Fahrer-Helden ein Arbeiter-Held, und das Unternehmen umbenannt.
Mehr als 70 000 Nutzer haben sich registriert
Äußerlich sah es anders aus, das Geschäftsmodell blieb: Menschen aus handwerklichen und gewerblichen Berufen, dem sogenannten Blue-Collar-Bereich, zu vermitteln. Und das mithilfe innovativer Technologien, um den simple match zu bekommen. Dafür nutzt die junge Firma – natürlich – auch Künstliche Intelligenz. So kennt die Vermittlung keine Sprachbarrieren.
Ein Kandidat, erläutert Richard Fischer, könne seine persönlichen Angaben in zwölf verschiedenen Sprachen eingeben, alles werde automatisch übersetzt. Damit ließen sich Lebensläufe „optimal beschreiben“, die Ausbildungsverläufe transparent und vergleichbar darstellen. Sind alle notwendigen Angaben gemacht, wird das Profil des Talents mit den Anforderungen des möglichen neuen Arbeitgebers zur Deckung gebracht.
Auch bei Workerhero hat es im vergangenen Jahr gematcht, und zwar bei der Finanzierung, die nach einer Runde im Februar mit vier Millionen Euro startete und Ende des Jahres auf 4,6 Millionen erhöht wurde. Mehr als 70 000 Nutzer haben sich mit ihren Profilen nach Firmenangaben registriert. Bekannte Unternehmen wie Telekom, Hellofresh und Mymüsli rekrutieren neue Mitarbeiter mithilfe des Münchner Unternehmens.
Richard Fischer ist sich sicher, dass es in den kommenden Jahren mehr als die immer genannten 400 000 Zuwanderer in den deutschen Arbeitsmarkt braucht. „Die helfen, den Status quo zu erhalten.“ Seiner Meinung nach aber sind weitaus mehr Menschen nötig, möglicherweise mehr als 700 000 jährlich, um die Wirtschaft wachsen zu lassen.
Vom Brucker Wohnzimmer zur Firma mit 50 Angestellten in München
Dass es in der Umgebung der Agentur für Arbeit wie auch in ganz München eine beträchtliche Anzahl von Personaldienstleistern gibt, hat seinen Grund in der Bedeutung des Wirtschaftsstandortes. Dies führt zu einer hohen Nachfrage durch Firmen und Bewerber. Wer sich nicht auf die staatliche Arbeitsagentur verlassen will, sucht private Personalvermittler auf. Die bieten im Unterschied zur kostenlosen staatlichen Beratung eine intensivere und individuellere, aber eben auch teure Betreuung an.
Dass die Firma nun mit 50 Mitarbeitenden an der Kapuzinerstraße sitzt, hätten sich die Gründer Richard Fischer, Steven Miller, Michael König und Emanuel Wernitz während ihrer Anfangsphase in einem Fürstenfeldbrucker Wohnzimmer und danach in einem Büro an der Nymphenburger Straße in München nicht träumen lassen. 30 Arbeitsplätze stehen in der im Dezember vergangenen Jahres bezogenen Immobilie zur Verfügung, dazu gibt es Angestellte, die „remote“ arbeiten, wie sich Fischer ausdrückt.
An drei Tagen der Woche sollten alle Mitarbeiter am Platz sein, zwei Tage stehen fürs Arbeiten im Home-Office zur Verfügung. Würde sich der gebürtige Brucker Richard Fischer etwas wünschen, dann, dass er seine Firma zu einem Technologieunternehmen aufbauen kann, immer selbst genügend Personal findet und dass die Marke Workerhero bekannter wird.