Fürstenfeldbruck:Anlaufstelle für Missbrauchsopfer schließt

Träger geben das Projekt "Kim" in der Brucker Hauptstraße auf, weil sich kaum Betroffene an die Berater gewandt haben.

Petra Fröschl

Im Landkreis gibt es keine Beratungsstelle mehr für Kinder und Jugendliche, die sexuelle Gewalt erlitten haben. Wie der Leiter des Jugendamtes, Peter Schmelzer, am Donnerstag im Jugendhilfeausschuss des Landkreises bestätigte, hat die an der Hauptstraße 1a in Fürstenfeldbruck befindliche Einrichtung "Kim" ihre Pforten geschlossen. Ratsuchende müssen sich künftig an "Kibs" oder "Imma" in München wenden. Die Nachricht kam für die Mitglieder überraschend. "Ich finde das äußerst bedenklich", sagte Tinka Rausch. Der Punkt stand nicht auf der Tagesordnung und wurde am Ende der Sitzung von Uwe Reebs angesprochen. Daraufhin bestätigte Schmelzer, dass die Einrichtung von den freien Trägern, die sie betrieben haben, geschlossen wurde. Der Grund sei, dass das Angebot nur von pädagogischen Fachkräften, nicht jedoch von der eigentlichen Zielgruppe, also betroffenen Kindern und Jugendlichen, angenommen wurde, weil ihnen ein Besuch dort offenbar nicht anonym genug war. Außerdem seien sehr hohe Mittel in die Miete geflossen, die Beratungsstelle habe aber nur eineinhalb Tage pro Woche offen gehabt. Der Jugendamtsleiter verwies jedoch darauf, dass das Angebot bestehen bleibe, allerdings in München. Denn die beiden Fachleute arbeiten dort auch bei "Kibs" (Kontakt-, Informations- und Beratungsstelle für männliche Opfer sexueller Gewalt) und "Imma" (Initiative für Münchner Mädchen) - und würden Landkreis-Bürger künftig dort beraten. Eine entsprechende Vereinbarung werde momentan erstellt. Die plötzliche Schließung und die Erklärung dafür sorgten bei mehreren Ausschussmitgliedern für Befremden. "Man könnte auch die Beratung ausbauen, damit sich die Miete lohnt", meinte SPD-Kreisrätin Rausch ironisch. Sie kritisierte, dass der Ausschuss nicht rechtzeitig informiert und nun vor vollendete Tatsachen gestellt werde. "Nach meiner Meinung ist der Bedarf im Landkreis da", ergänzte Uwe Reebs. Genau wie Rolf Regul forderte er, diesen noch einmal zu diskutieren, ehe der Vereinbarungsvertrag mit den Münchner Stellen geschlossen werde. Die genauen Hintergründe sollen im nächsten Jugendhilfeausschuss beleuchtet werden. Die Beratungsstelle "Kim" gibt es im Landkreis seit 2008. Seit 2010 ist die in den Räumen an der Hauptstraße beheimatet. Betrieben wird sie von "Kibs" und "Imma". Der Landkreis unterstützte "Kim" zunächst mit 25 000 Euro und verdoppelte dann den jährlichen Zuschuss. Heuer wurden bereits 25 000 Euro des Budgets in Anspruch genommen. Auch Landrat Thomas Karmasin (CSU) zeigte sich über die plötzliche Schließung "völlig überrascht".

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