Fürstenfeldbruck:Alleinerziehende sind enorm gefordert

Bei einer sehr hohen Belastung fehlt oft auch noch die familiäre Unterstützung

Von Julia Bergmann, Fürstenfeldbruck

"Am Anfang steht oft eine große Einsamkeit", sagt Martina Hübner, die Leiterin der Brucker Elternschule, angesprochen auf die Sorgen und Nöte der Alleinerziehenden im Landkreis. Allein schon durch Trennung oder Tod des Partners entstehe eine enorme emotionale Belastung. Deshalb ist das, was folgt, für die Singleeltern oft nur unter großer Anstrengung zu bewältigen. Da wären die Gänge zum Jugendamt oder Sozialamt, wenn durch den Wegfall eines zweiten Einkommens das finanzielle Auskommen der Familie gefährdet ist. Oder aber langwierige und nervenaufreibende Gerichtsverhandlungen und nicht zuletzt: die Sorge um das Wohl der Kinder. "Was heute noch hinzukommt, ist dass für viele Alleinerziehende das große Netz der Familie vor Ort fehlt", sagt Hübner.

Genau hier liegen die Stärken des umfangreichen Angebots der Elternschule, das sich als erste Anlaufstelle und Ort der Begegnung versteht. Zwar richten sich die Angebote der Elternschule nicht ausschließlich an Alleinerziehende, aber es gibt Veranstaltungen zu einzelnen Themen, die auch sie betreffen. Je nach Situation der Alleinerziehenden und Entwicklungsphase ihrer Kinder können sie hier Tipps und weiterführende Informationen bekommen, ob es um Stilltechniken gehe oder um die Organisation der Kinderbetreuung. Als erste Anlaufstelle sei die Elternschule auch deshalb geeignet, weil sie gut mit den unterschiedlichsten Organisationen im Landkreisvernetzt sei. Wenn es im Programmheft also kein passendes Angebot gebe oder andere Ansprechpartner gefragt seien, wie etwa Erziehungsberatungsstellen, Psychologen oder Rechtsbeistände, könne man die Alleinerziehenden auf die entsprechenden Stellen verweisen.

Eine der ersten offiziellen Stellen, die für viele Alleinerziehende relevant wird, ist das Jugendamt. Singlemütter und -väter wenden sich in der Regel an das Amt, wenn es um Hilfe zur Erziehung, Unterhaltsvorschüsse oder Zuschüsse für Kindergärten geht. Häufig werden auch Anträge auf Beistandschaft gestellt. Das bedeutet, dass die Alleinerziehenden bei der Feststellung einer Vaterschaft oder der Frage um den Kindesunterhalt vom Jugendamt unterstützt werden. "Wenn ein Elternteil etwa Unterhaltsangelegenheiten nicht mehr selbst ausfechten kann oder will, gibt es die Möglichkeit einen entsprechenden Antrag zu stellen", erklärt Dietmar König, der Leiter des Brucker Jugendamts. Wichtig sei auch, zu wissen, dass das Jugendamt Unterhaltsvorschüsse gewähre, wenn der Partner sich nach der Trennung weigert zu zahlen. "Der Betrag richtet sich nach dem Alter des Kindes. Unter 6 Jahren stehen dem Elternteil monatlich 133 Euro zu, im Alter von 6 bis 11 Jahren sind es 180 Euro", so König.

Alleinerziehende sind in NRW vor allem Frauen

Die Last, ein Kind allein erziehen zu müssen, lässt sich zumindest etwas mildern. Soziale Organisationen und Behörden bieten ihren Beistand an.

(Foto: Patrick Pleul/dpa)

Sollte bei verschiedenen Problemlagen innerhalb der Familie zusätzlich Hilfe zur Erziehung notwendig werden, müsse das Jugendamt sich zunächst durch Hausbesuche ein Bild von der Situation vor Ort verschaffen. Ob es dann ausreiche, gemeinsam mit Sozialpädagogen Verhaltensregeln innerhalb der Familie festzulegen oder ob tiefergehende therapeutische Unterstützung notwendig sei, müsse von Fall zu Fall genau abgewogen werden. Dabei betont König aber: "Wir können aufgrund unserer Erfahrungen nicht ableiten, dass Alleinerziehende häufiger auffallen als andere", sagt er. Sicher sei nur, dass die Belastung für Alleinerziehende um ein Vielfaches höher liege. "Das hat multifaktorielle Ursachen. Das grundlegende ist nach wie vor die finanzielle Situation. Daraus ergeben sich häufig Folgeprobleme, etwa hinsichtlich der Kinderbetreuung. Kann diese nicht organisiert werden, ist oft der Wiedereinstieg in das Berufsleben gefährdet.

Und auch König fällt auf, dass im Ballungsraum München häufig der familiäre Background fehle, der in Problemsituationen auffangen und stützen kann. "Das ist dann der worst case", weiß er. Auch wenn es schwer fällt, die Last zu tragen, appelliert Martina Hübner an die Alleinerziehenden, nicht zu verzweifeln. Gerade der Landkreis Fürstenfeldbruck sei sehr gut aufgestellt, was Hilfsangebote angehe. Und: "Oft fühlen sich die Alleinerziehenden in ihrer Situation und in der Verantwortung mit den Kindern wirklich alleine. Aber zahlenmäßig sind sie es nicht. Allein in Bayern gibt es 388 000 Alleinerziehende. Am Anfang ist es ganz schrecklich was du erlebst, aber wer weiß, was aus der neuen Situation entstehen kann?"

Der SZ Adventskalender will sowohl Jugendamt als auch die Diakonie, in deren Trägerschaft sich die Elternschule befindet, mit Zuschüssen zur Einzelfallhilfe unterstützen.

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