Fürstenfeldbruck:Alle 20 Minuten von Kreisstadt zu Kreisstadt

Seit einem Jahr ist Bernd Rosenbusch MVV-Chef. Er verantwortet nicht nur die Tarifreform mit der neuen M-Zone, ihm liegt besonders der regionale Busverkehr am Herzen. So soll es 2021 eine Ringlinie um München herum geben

Von Karin Kampwerth

Mit ihnen fahren Kinder in die Schule, Pendler in die Arbeit oder Menschen zum Einkaufen. Doch die Busse, die 276 Linien in den acht Landkreisen rund um München bedienen, transportieren auch viel Luft. Dass sich nicht nur an der Akzeptanz des Busfahrens bei den Nutzern des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) etwas ändern muss, sondern auch im Zusammenspiel zwischen Bus und S-Bahn, das hat sich Bernd Rosenbusch auf die Fahnen geschrieben. Seit einem Jahr ist der 46-Jährige Chef des Münchner Verkehrs- und Tarifverbundes (MVV). Was er auf den Weg gebracht und was nicht länger auf der Strecke bleiben soll, darüber spricht er im Interview.

Herr Rosenbusch, wann sind Sie das letzte Mal mit dem Bus gefahren?

Bernd Rosenbusch (überlegt): Ich fahre meistens S-Bahn. Aber halt, nein, stimmt gar nicht. Ich war letzten Dienstag drei Stunden auf der neuen Buslinie zwischen Weßling und Gilching-Argelsried unterwegs, wo wir Fahrgäste befragt haben.

Hagelte es da Kritik?

Nein, gar nicht. Die waren alle ganz zufrieden. Sie hatten nur Angst, dass wir fragen, ob sich der Bus lohnt. Und sie hätten gerne ein Angebot nach hinten heraus, also auch am späteren Abend.

Als Sie im Oktober 2018 Nachfolger von Alexander Freitag als MVV-Chef wurden, sind Sie damit angetreten, S-Bahn und Buslinien in der Region besser miteinander zu verbinden. Dennoch pendeln immer noch zu viele Busse nur im Stundentakt zwischen den S-Bahn-Strängen hin und her. Wann ändert sich das?

Ende 2021 wollen wir eine Ringbuslinie rund um München etablieren, mit der man im 20-Minuten-Takt von Kreisstadt zu Kreisstadt fahren kann, also zum Beispiel von Fürstenfeldbruck nach Dachau oder von Ebersberg nach Erding. Diese Tangentialverbindungen bieten den Fahrgästen direkte, schnelle und umsteigefreie Verbindungen zwischen den Schienenstrecken. Man muss nicht mehr durch das Nadelöhr der Münchner Innenstadt. Der Freistaat unterstützt das Konzept.

Taktverdichtung ist also der Schlüssel zu größerer Akzeptanz?

Auf jeden Fall. Man braucht mindestens einen 20- oder 30-Minuten-Takt, damit die Menschen vom Auto auf den Bus umsteigen. Das zeigt sich auch an der Expressbuslinie X900, die von Starnberg nach Fürstenfeldbruck durchrauscht. In den neuen Bussen gibt es Wlan, das bringt zusätzliche Arbeitszeit. Jemand wie ich klappt da seinen Laptop auf, vorausgesetzt, es wird einem nicht schlecht beim Busfahren.

In Ihrer Werbung heißt es, dass Klimaschutz der Antrieb des MVV sei. Aber von 276 Buslinien gibt es nur eine, die elektrisch bedient wird.

Das geht jetzt erst los. Start ist am 15. Dezember auf der Regionalbuslinie 232, dem Ortsbus von Unterföhring. Grundsätzlich ist es so, dass ein Bus ab vier bis fünf Passagieren umweltfreundlicher fährt als ein Auto. Das gilt erst recht, wenn der Bus mit Elektroantrieb fährt, dessen Strom nicht aus Kohle kommt.

Was ist mit anderen Antrieben wie Wasserstoff?

Wasserstoff ist tendenziell für große und schwere Fahrzeuge geeignet. Allerdings sind wir hier mit der Technik noch nicht so weit. Gerade führen wir deshalb eine Studie über alternative Antriebsarten mit den Landkreisen Fürstenfeldbruck, Starnberg, München und Freising durch. Wir müssen jede Linie einzeln betrachten und dann eventuell umstellen.

Bis eine Buslinie von Fahrgästen angenommen wird, dauert es eine Weile. Wie lang ist Ihr Atem bei der Einführung neuer Linien?

Unsere Ausschreibungen laufen immer über sechs bis acht Jahre. Ziel ist es aber, dass die Linie nach eineinhalb Jahren schon gut ausgelastet ist. Wichtig dafür, dass ein Bus angenommen wird, ist auch die Reiseauskunft. Daran arbeiten wir. Momentan sind mehr als zwei Drittel unserer Busse in Echtzeit zu sehen. Anfang 2020 sollen unsere Fahrgäste dann jeden unserer Busse in Echtzeit verfolgen können. Ich sehe also rechtzeitig, ob ich besser laufen sollte, um den Bus noch zu erreichen, oder ob ich gemütlich zur Haltestelle gehen kann.

Dennoch gibt es Gemeinden, die gar nicht an ein Busnetz angebunden sind.

Das haben wir schon im Blick. Hier brauchen wir aber keinen Bus, sondern einen Bedarfsverkehr mit Anrufsammeltaxis.

Setzen Sie Prioritäten in der Versorgung der Landkreise?

Es gibt Abstände zwischen den Landkreisen im MVV. So ist der Landkreis München nach der Stadt München und Nürnberg die drittgrößte Kommune in Bayern. Dass wir da mehr tun müssen, ist klar. Grundsätzlich sind wir aber Dienstleister. Besonders die Landkreise Starnberg, Fürstenfeldbruck und München sind sehr innovativ, wenn es gilt, Verkehrsprobleme zu vermeiden.

Was Ihnen fehlt, sind Busfahrerinnen und Busfahrer, die all die neuen Linien bedienen. Ist der Beruf nicht attraktiv genug?

Wir haben einen enormen Verkehrs- zuwachs mit 30 bis 100 Prozent mehr Bussen, die wir für die Verkehrswende benötigen. Die Bezahlung ist gut, schwieriger ist der Schichtdienst. Aber das ist eine Typsache. Es gibt Menschen, die gerne am Sonntag Bus fahren und am Montag frei haben, wenn andere arbeiten müssen.

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