Süddeutsche Zeitung

Wohnungsmarkt:Ämter auf Wohnungssuche

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Kurze Zeitspanne, wenig Angebot, hohe Preise: Asylhelfer und Verwaltungsmitarbeiter berichten über die Schwierigkeiten, für anerkannte Flüchtlinge eine Bleibe im Landkreis zu finden

Von Christoph Kaindl, Fürstenfeldbruck

Die Familie Fraho aus Aleppo in Syrien hat Glück gehabt: Mit Hilfe des örtlichen Asylhelferkreises fand sie in Mammendorf eine eigene Wohnung. Die Helfer hätten "einen sehr aufgeschlossenen Vermieter" gefunden, berichtet Günter Mairhörmann, Koordinator des Asylhelferkreises. Am Anfang habe es noch Widerstand von Nachbarn gegeben. Dies habe sich jedoch inzwischen gelegt. Immer mehr Flüchtlinge im Landkreis erhalten den Status eines "anerkannten Asylbewerbers". Damit müssen sie nicht mehr fürchten, abgeschoben zu werden, allerdings müssen sie auch ihre Flüchtlingsunterkunft verlassen. Eine zunehmende Anzahl von Flüchtlingen sieht sich damit vor Probleme gestellt.

In einem Brief des Landratsamtes sind anerkannte Asylbewerber aufgefordert worden, die Flüchtlingsunterkünfte innerhalb von sechs Wochen zu verlassen. Städte, Gemeinden und Helferkreise versuchen nun, Unterkünfte für sie zu finden. "Diese kurze Zeitspanne verunsichert die Flüchtlinge stark." , sagt Andrea Gummert, Koordinatorin für Ehrenamt im Bereich Asyl im Landkreis. Für Flüchtlinge seien Wohnungen noch schwerer zu finden als für den durchschnittlichen Landkreisbewohner. Notwendig seien deswegen Kontakte und Vermieter, die Flüchtlingen helfen wollen. "Alles ist nicht so einfach", sagt Mairhörmann. Der Mammendorfer Asylhelferkreis versuche, die Gemeinde immer wieder auf die Wichtigkeit des Themas hinzuweisen. Zur Zeit sucht der Asylhelferkreis Wohnungen für drei anerkannte Asylbewerber, zwei irakische Jesiden und ein Afghane. Die Chance, eine Wohnung zu finden, schätzt Mairhörmann allerdings als "minimal" ein. Das hat seinen Worten nach mehrere Gründe: So gibt es wenige Wohnungen, und diese nur zu hohen Preisen. In einem Fall sei sich eine Erbengemeinschaft uneins über die Nutzung ihrer Wohnung. Oder es besteht keine Bereitschaft, die eigene Wohnung an Flüchtlinge zu vermieten. So hat der Kreis für die zwei Iraker und den Afghanen noch keine Unterbringungsmöglichkeit gefunden. "Es ist ein Fehler der Vergangenheit gewesen, die Mittel für den sozialen Wohnungsbau zurückzuschrauben", fügt Mairhörmann hinzu.

Für die Wohnungssuche der anerkannten Asylbewerber ist die Verwaltungsgemeinschaft Mammendorf laut Ordnungsamtleiter Christian Huber nicht zuständig. Dennoch muss sich die Verwaltungsgemeinschaft darum kümmern, falls sie keine Wohnung finden. Denn die Asylbewerber sind dort gemeldet. Für diesen Fall stehen laut Huber vier Obdachlosenunterkünfte zur Verfügung. Zur Zeit seien noch Kapazitäten für eine Familie und zwei Einzelpersonen verfügbar. Bei größerem Andrang könne man jedoch Einzelzimmer mehrfach belegen. Laut Bürgermeister Josef Heckl strebt die Gemeinde Mammendorf an, ihre Obdachlosenunterkünfte auszubauen. Außerdem wurden gemeindliche Wohnungen für diesen Zweck zur Verfügung gestellt.

Peter Söllinger beschäftigt sich mit der Unterbringung von anerkannten Asylbewerbern in Olching. Er ist der dortige Amtsleiter für Soziales. Bis jetzt benötigen zwei anerkannte Asylbewerber eine Unterkunft in Olching. Bis 11. Dezember müssen allerdings 21 anerkannte Asylbewerber eine Flüchtlingsunterkunft in Olching verlassen. Bei ihnen will er mit den jeweiligen Paten reden. So will er herausfinden, wie viele der Flüchtlinge tatsächlich eine Unterkunft in Olching benötigen. Denn manche von ihnen zögen vielleicht in eine andere Stadt. Sozialwohnungen könnte die Gemeinde nur schwer vermitteln. "Dafür betragen die Wartezeiten schon jetzt bis zu zwei Jahre", sagt Söllinger. Eigene Obdachlosenunterkünfte hat die Gemeinde nicht. Dafür nutzt Olching günstige Pensionen. "Bis jetzt hatten wir allerdings nur alle paar Wochen einen neuen Obdachlosen", sagt Söllinger. Nun werde man neue Ideen zur Unterbringung prüfen müssen.

In wenigen Wochen müssen in Fürstenfeldbruck ebenfalls zwei junge Asylbewerber aus einer Flüchtlingsunterkunft ausziehen. Der ganze Helferkreis engagiere sich bei der Suche nach einer Unterbringungsmöglichkeit, erzählt Koordinatorin Birgitt Epp. Gefunden habe man jedoch noch nichts. "Stellen Sie sich vor, Sie müssten innerhalb von sechs Wochen eine neue Wohnung finden!", beschreibt Epp die Schwierigkeit.

Auch in Eichenau müssen sechs Asylbewerber ihre Unterkünfte verlassen. Unterstützung für die Asylbewerber bietet der örtliche Helferkreis: So hat Yasemin Bilgic bereits 13 Wohnungen vermitteln können. Für sechs aktuell betroffene Asylbewerber hat jedoch auch sie bis Sonntag noch keinen Platz finden können.

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Quelle:
SZ vom 19.11.2015
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