Fürstenfeldbruck:Abtritt eines Senkrechtstarters

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2014 geht für den Orthopädie-Schuhmachermeister Klaus Pleil ein Traum in Erfüllung: Der einstige BBV-Hinterbänkler rückt an die Rathaus-Spitze. Dann erleidet er eine Herzattacke. Die Hoffnung, wieder ins Amt zurückzukehren, erfüllt sich nicht

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Eine wirkliche Sensation war es nicht: Die Wahl von Klaus Pleil Ende März 2014 hatte sich bereits angedeutet. Der damals 50-Jährige hatte sich einen Namen gemacht mit seinem Einsatz gegen die Bebauung des Viehmarktplatzes sowie die Verlagerung der Stadtwerke in den Brucker Westen. Bei der Aufnahme des offiziellen Gruppenfotos mit dem Stadtrat und damit kurz vor seiner Vereidigung hatte Pleil noch - nur halb im Spaß - gesagt, er wünsche "eine gute Zusammenarbeit mit allen Stadträten, für die nächsten 18 Jahre bis zur Rente".

Pleil packte an und erarbeitete sich bei Bürgern und Politikern Respekt. Insofern hätte es schon mit einer zweimaligen Wiederwahl klappen können. Hätte dem Orthopädie-Schuhmachermeister nicht die Gesundheit einen dicken Strich durch die Lebensplanung gemacht: Im Sommerurlaub 2015 in Österreich erlitt er völlig überraschend einen Herzinfarkt - von dem er sich bis heute nicht erholt hat. Deshalb gibt es bereits drei Jahre später und damit nach der Hälfte der eigentlichen Amtsperiode Neuwahlen.

So war es bei der Stichwahl 2014: Der abtretende Oberbürgermeister Sepp Kellerer (CSU, Mitte) gratuliert dem Sieger Klaus Pleil (BBV, links). Höflichen Applaus gibt es damals bei der Wahlparty im Rathaus von Andreas Lohde. (Foto: Stefan Salger)

Es ist eine menschliche Tragödie, war für Pleil doch ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen. Als Hinterbänkler war er zuvor bei seiner Brucker Bürgervereinigung (BBV) zwar respektiert und angesehen gewesen, der damalige Oberbürgermeister Sepp Kellerer und die Mehrheitsfraktion aus CSU und Freien Wählern aber hatten ihn ein ums andere Mal mit Anträgen oder Projekten abblitzen lassen. Von Mai 2014 an aber hatte Pleil selbst gestalten können, zumal es seitdem auch eine Mehrheit im Stadtrat jenseits von CSU und Freien Wählern gibt. Pleil war bei den Mitarbeitern im Rathaus beliebt und punktete bei den Bruckern mit mehr Fahrradfreundlichkeit, großer Bürgerbeteiligung bei der Gestaltung des Viehmarktplatzes oder dem Erwerb des Lichtspielhauses.

Pleil arbeitete von früh bis spät, werktags wie am Wochenende. Unklar ist, ob die hohe Arbeitsbelastung ein Auslöser des Herzinfarkts gewesen ist. Für die Kreisstadt jedenfalls begann eine lange Wartezeit. Pleil wollte unbedingt ins Amt zurückkehren, musste aber immer wieder gesundheitliche Rückschläge hinnehmen, die Krankschreibung wurde ein ums andere Mal verlängert. Zwar erwies es sich als Glücksfall, dass Zweiter Bürgermeister Erich Raff (CSU) als pensionierter Polizeibeamter genügend Zeit hatte und er das Amt auch weitgehend im Sinne Pleils weiterzuführen versuchte. Immer wieder aber kam es zu Konflikten, vor allem mit Politikern der SPD, die Raff mehr oder weniger unverblümt vorwarfen, dem Amt nicht gewachsen zu sein und vom Bürger auch nicht legitimiert. Immer häufiger war von einer untragbaren Hängepartie an der Stadtspitze die Rede.

Im Spätherbst 2016 setzte der Stadtrat dann mit Zustimmung der Familie Pleil ein formales Verfahren zur Feststellung der Dienstfähigkeit in Gang. Pleil, der sein Unternehmen längst an den Sohn übergeben hatte, verzichtete auf Einsprüche. Weil er wegen der kurzen Amtszeit keinerlei Pensionsansprüche hat und auch noch die geringen Leistungen aus seiner privaten Berufsunfähigkeitsversicherung aufs Spiel gesetzt hätte, war ihm ein Rücktritt verwehrt und er musste den Abschluss des formellen Verfahrens abwarten. Die Entlassung aus dem Amt des Oberbürgermeisters tritt zum 30. April in Kraft. Die Karriere eines politischen Senkrechtstarters scheint zu Ende zu gehen.

© SZ vom 22.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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