Fürstenfeldbruck:180 000 Euro veruntreut

Rentnerin bereichert sich am Vermögen der toten Freundin

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Was bewegt einen Menschen, der sein Leben lang gesetzestreu war, mit 70 Jahren kriminell zu werden? Diese Frage durften sich die Richter eines Schöffengerichts in Fürstenfeldbruck bei einem Verfahren wegen Untreue stellen. Denn auf der Anklagebank sitzt eine 70 Jahre alte Frau, die von ihrer inzwischen verstorbenen Freundin nach deren Tod knapp 180 000 Euro veruntreut hat. 40 Mal hat sie dafür Geld vom Konto der Freundin abgehoben. Folgerichtig verurteilen sie die Richter wegen Untreue in 40 Fällen zu einer Haftstrafe von zwei Jahren, für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt.

Die Angeklagte und die im August 2015 Verstorbene waren jahrzehntelang befreundet. Die Freundschaft war so eng und vertraut, dass die Verstorbene zu Lebzeiten ihre Freundin als ihre Betreuerin bestimmte und sie ihr eine Vollmacht über ihr Bankkonto gab, die auch nach ihrem Tod noch gilt. Diese nutzte die damals 66-Jährige Angeklagte, um vom Konto ihrer Freundin Geld abzuheben oder direkt auf ihr Konto zu überweisen. Insgesamt, so legt es ihr nun die Staatsanwaltschaft zur Last, habe sie auf diese Weise 179 304,66 Euro für sich beiseite geschafft, strafbar als Untreue in 40 Fällen.

Die Angeklagte wirkt sehr nervös, angegriffen. Zum Verbleib des Geldes - 42 000 Euro hatte man bei ihr sichergestellt, gut 6000 Euro per Gerichtsvollzieher eingeholt - erklärt sie, dass sie ja schließlich das Haus der Verstorbenen verkauft und dadurch Unkosten gehabt habe. Ferner erzählt die gesundheitlich stark angeschlagene Frau von einem Teppichhändler unbekannten Namens oder Herkunft, dem sie für ein Wertgutachten immer mehr Geld gegeben habe. Bei der Polizei hatte sie angegeben hatte, das Geld einem Freund gegeben zu haben. Ohne Not gesteht die 70-Jährige außerdem, ein sogenanntes Nottestament, das ihre Freundin fünf Tage vor ihrem Ableben im Pflegeheim in ihrem Beisein zu ihren Gunsten aufgesetzt hatte, gefälscht zu haben. Die Angeklagte bekennt, die erforderlichen Unterschriften unbeteiligter Zeugen - in dem Fall von den Pflegekräften - gefälscht zu haben. Es ist ein sogenanntes überschießendes Geständnis, da sich die Angeklagte damit mehr belastet, als es die Anklage tut. Anders formuliert: Ohne das Geständnis wäre diese Straftat, eine Urkundenfälschung, vermutlich nie entdeckt worden. So aber kann die Staatsanwaltschaft noch eine Anklage gegen die 70-Jährige erheben.

Das gefälschte Testament ist für die Staatsanwältin Beleg, dass die Angeklagte wusste, "dass sie auf dieses Geld keinen Anspruch hat". Mit ihrem Handeln habe sie die rechtmäßigen Erben "um einen Teil ihres Erbes gebracht", moniert die Anklägerin und beantragt, die alte Dame zwei Jahre und elf Monate in Haft zu stecken. Das will die Verteidigerin ihrer Mandantin auf jeden Fall ersparen, insbesondere wegen des angeschlagenen Gesundheit. Das überschießende Geständnis dürfe keinesfalls strafschärfend wirken, zumal bei einem Menschen, der 70 Jahre gesetzestreu gelebt habe. Die Rechtsanwältin gibt außerdem zu Bedenken, dass der rechtmäßige Erbe der Verstorbenen, ihr Bruder, finanziell gut versorgt sei. "Es ist nicht so, als hätte sie einer jungen Familie die Lebensgrundlage genommen", relativiert sie die Tat und beantragt eine 18-monatige Bewährungsstrafe.

Das Schöffengericht verhängt schließlich eine zweijährige Bewährungsstrafe. "Es besteht kein Zweifel an der Schuld der Angeklagten", fasst der Vorsitzende Richter Martin Ramsauer zusammen. Schließlich habe sie unrechtmäßig Geld in großen Mengen an sich genommen. Allerdings hält es das Gericht für "durchaus möglich, dass sie einen Teil des Vermögens erben sollte". Dafür spreche die Vollmacht sowie die Tatsache, dass die Verstorbene zu dem Erben, ihrem Bruder, den Kontakt abgebrochen hatte.

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