Süddeutsche Zeitung

Fürstenfeldbruck:Kunst mit Nutzwert

Etwa 14 000 Besucher kommen zum Fürstenfelder Töpfer- und Kunsthandwerkermarkt. Sie können an der Töpferscheibe selbst kreativ werden oder bei einem Profi vorbeischauen, der ein ziemlich haariges Handwerk erlernt hat.

Von Anja Kolnsberg, Fürstenfeldbruck

"Da drüben kannst du dir im Eimer die Hände waschen und an einem vorbeilaufenden Hund abtrocknen", sagt Thomas Benirschke zu einem Kind, das bis zu den Ellenbogen mit Lehm verschmiert ist. Allgemeines Gelächter. Bei Benirschkes "Zaubertöpferscheibe" können junge Besucher des Fürstenfelder Töpfer- und Kunsthandwerkermarkts selbst anpacken. Der Keramikdesigner sitzt in einem Zelt, von dessen Decke Trauben, bunte Tücher und Tierfelle baumeln. Mit seiner Hilfe können Kinder hier eigene Skizzen anfertigen, die gewünschten Objekte formen und anschließend bemalen. Dabei geht es lustig zu, und die Kinder verlassen das Zelt stolz mit ihren selbst getöpferten Kunstwerken. Auch sonst ist die Stimmung am Samstagnachmittag rund ums Kloster Fürstenfeld ausgelassen. In den Biergärten wird viel Aperol Spritz getrunken, Jazzmusik der "Dixi Drivers" untermalt die idyllische Kulisse.

Bei den 93 Ausstellern und Ausstellerinnen können die Besucher eine vielfältige Auswahl verschiedenster Handwerke bewundern. Unter ihnen ist der Pinselmacher Karl Dommel, an dessen Stand Besucher hochwertige Mal-, Rasier- oder Bauchpinsel kaufen können. Seine Ausbildung hat der Meister an der Pinselmacherschule in Bechhofen absolviert, der einzigen in Deutschland. Als Absolvent dieser Schule gehört er zu einer überschaubaren Spezies: Zu seiner Zeit hätten dort knapp ein Dutzend Leute pro Jahr gelernt, heutzutage seien es nur noch drei bis fünf Auszubildende pro Jahr, erzählt der mittlerweile pensionierte Pinselmacher. Für seine Malpinsel benutzt er echtes Rotmarderhaar - von kommerziell erhältlichen Pinseln unterscheiden diese sich dadurch, dass die Haare nicht geschnitten wurden, sondern bis zur Spitze erhalten geblieben sind. Das schützt die Pinselborsten vor schneller Abnutzung, Wasser und Farbe tropfen nicht ab. Dies wissen vor allem Dommels Stammkunden zu schätzen.

Ein paar Stände weiter bietet Uta Rieger venezianisches Glas an. Ihre individuell gefertigten Schmuckstücke fertigt sie in einer Werkstatt, in der sie bis zu sechs Stunden Glas am Brenner schmilzt. Dieses alte Handwerk aus dem alten Ägypten habe sie schon immer fasziniert, erzählt sie. Ihr Glas bezieht sie heute aus Murano, einer Stadt, in der Glaskunst eine lange Geschichte hat und in der bereits in der Renaissance Glasperlen als Zahlungsmittel verwendet wurden. Die Umarbeitung von Glas zu Schmuck ist zeitaufwendig, bis zu vier Tage benötigt sie zur Herstellung größerer Halsketten, wodurch alle Schmuckstücke Unikate sind.

Unweit entfernt stehen Lidwina Scherrer und Pat Bennett mit ihrer "Keramik im blauen Haus". Das bunte Alltagsgeschirr produzieren die beiden seit 22 Jahren in einer eigenen Werkstatt, auf dem Fürstenfeldbrucker Markt sind sie bereits von Anfang an jedes Jahr mit dabei. Trotzdem müssen sie sich, wie alle anderen Künstler und Künstlerinnen auch, jährlich wieder mit Bildern ihrer Ware bei einer Jury neu bewerben. Da durch diesen Auswahlprozess aber jährlich ein neuer bunter Mix aus verschiedensten Künstlern und Handwerken entsteht, finden sie das gut. "Man sieht so viele spannende und auch seltene Handwerke hier, das macht diesen Markt zu etwas Besonderem", sagt Scherrer.

Zu diesen selteneren Handwerken zählt Behzad Djassemi mit seiner Teppichwerkstatt. Der gebürtige Iraner hat in seiner Heimat das jahrtausendealte Handwerk der Teppichrestauration erlernt und betreibt nun seit 30 Jahren in München eine Werkstatt zur Reparatur alter Teppiche. Besonders auf antike Ware ist er spezialisiert, die er für seine Kunden von Hand ausbessert.

Mit dieser Vielfalt und dem Verlauf des Marktes ist auch Alexander Tauscher vom Veranstaltungsforum Fürstenfeld äußerst zufrieden. Die Vorbereitung sei weitgehend stressfrei verlaufen, erzählt er. Auch war der Markt mit insgesamt 14 000 Besuchern an beiden Tagen gut besucht. So richtig als Arbeit nimmt er dieses jährlich Event aber nicht wahr. "Der Markt strahlt für mich einfach eine derartige Urlaubsatmosphäre aus, da kann man sich nur wohlfühlen", sagt Tauscher.

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