„Jetzt kimmt de scheene Zeit“. Mit diesem Satz hat Brigitte Schäffler den Hoagart „beim Lenz“ eröffnet, im Gasthof zur Post in Mittelstetten, wie der Versammlungsort richtig heißt. „Der Frühling hat gerade begonnen und wir wollen ihn begrüßen“, sagte die Kreisheimatpflegerin für den Bereich Volksmusik, Volkslied, Volkstanz, Tracht, Mundart und Volkskunde, die sich das Ehrenamt mit Ingeborg Heining teilt, nachdem die „Grafrather Geigenmusi“ die Besucher eingestimmt hatte.
„A bisserl mehr Leute hätten schon kommen können“, bedauerte Heining, nachdem nur etwa 50 „meist Stammgäste“ der Einladung gefolgt waren. „Vor Corona hatten wir oft über hundert Besucher, danach sind leider weniger wiedergekommen“, sagte die Lehrerin und Schulleiterin im Ruhestand, die zuletzt im Schulamt eingesetzt war. „Es könnte aber auch sein, dass einigen Freunden bayerischen Liedguts der Weg an die Westgrenze des Landkreises zu weit ist“.

Wie bei den das Jahr über in wechselnden Orten stattfindenden „Offenen Singen“ wurde beim Hoagart „g'sunga und g'spuit“, jedoch mit mehreren Musikgruppen. Und zwischendurch unterhielten Schäffler und Heining mit „Gschichtln“, Witzen und Anekdoten. Heining erzählte zum Beispiel von einem Mann auf Kur, dem es in Bad Wiessee „de Hunderter nur so aus der Taschn zong hat“, während seine Frau dort kaum Geld brauchte, weil sie, wie sie erklärt, „einen eben solchen Deppen“ wie ihren Mann gefunden hatte.
In manchen Geschichten und Gedichten waren auch Kritiken versteckt. Dass die Leute ihren Müll achtlos überall liegen lassen, wurde zum Beispiel damit angeprangert, dass „viel Sauerei von den Menschen selbst gemacht“ werde und man „Wildsäue vor den Menschen schützen“ sollte statt umgekehrt. Passend dazu spielte die Grafrather Geigenmusi die „Saupolka“. Riesengelächter löste die Erzählung von einem betrunkenen Trachtler aus, dessen Charivari sich im Reißverschluss seines Hosentürls so verhakt hatte, dass diesem „beim Biesln ganz warm ums Knia und um d'Wadl“ wurde.

Für den musikalischen und gesanglichen Rahmen sorgten neben der Geigenmusi abwechselnd das Ziach-Duo, Silvia und Michael aus „Minga“, die Guichinger Sänger (Gilching) sowie der Glonnauer Dreigesang und die 31er Musi, bei denen Brigitte Schäffler selbst mitsingt und musiziert. Am wichtigsten ist der Sachbearbeiterin in der Abteilung Volksmusik beim Bayerischen Landesverein für Heimatpflege das gemeinsame Singen. Den Volksgesang als freudenspendendes Gemeinschaftserlebnis zu erhalten, ist ihre Passion. Dafür hatten die Heimatpflegerinnen wieder ein kleines Liederheft zusammengestellt, mit Weisen, die auf das Frühjahr einstimmen sollen. „Jetzt kimmt des sche Frühjahr“ zum Beispiel, in der die Täler und Almen schon „aper“ sind, „d'Vogerl zwitschern, balzen und Nesterl bauen und den Buam nichts davon abhält, den „Gamsen“ nachzusteigen.
„Passt schon, die Männer könnten noch etwas kräftiger singen, aber das üben wir noch“, lobt Schäffler. Natürlich geht es in den überlieferten Volksliedern wie „Der Weg zu meinem Dirndl ist stoani“ oder „Will mich ein guter Freund besuchen“ auch um Liebe und Liebesschmerz und um ein gemütliches, auskömmliches Leben. „Die meisten Lieder kennen die Gäste schon von den offenen Singveranstaltungen her“, sagte Heining und dass es schade sei, dass sich nur selten jüngere Leute sehen ließen. Spaß hätten die beiden Heimpflegerinnen aber immer.