Süddeutsche Zeitung

Fotos:Perpetuum mobile des Transports

Ausstellung "Ja mia san mim Radl da" mit Fotos von Ulrike Röper

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Mehr noch als das Elektroauto kann man das Fahrrad als das Symbol der progressiv-umweltbewussten Bewegung verstehen. Denn es braucht keine Akkus die aus seltenen Rohstoffen, die oft unter menschenunwürdigen und auch für die Umwelt nicht idealen Bedingungen gewonnen werden. Und wer Fahrrad fährt, der tut nicht nur etwas für die Umwelt, sondern auch für die eigene Gesundheit, entlastet das Versorgungssystem. Das Radl ist also moralisch und ressourcentechnisch sauber, quasi ein Perpetuum mobile der modernen Fortbewegung. Da passt es gut, dass die Brucker Fotografin Ulrike Röper dem Transportmittel der Stunde eine Ausstellung in ihrer Galerie im Garten widmet.

Auf der ganzen Welt hat sie Fahrräder und Radler fotografiert, Alltagsszenen und Abseitiges, dokumentarisch und künstlerisch. Mit der Ausstellung gelingt es ihr außerdem, die Bedeutung und den Status des Fahrrades in den verschiedenen Regionen zu zeigen. Etwa, wenn sie eine Frau mit asiatischem Kegelhut fotografiert, deren Fahrrad bis oben hin mit Wertstoffen beladen ist, bis hin zu einem rostigen Fahrrad. Die Frau fährt nicht mit dem Rad, sie schiebt es. Ebenso wie eine asiatische Blumenhändlerin, deren Rad unter den unzähligen bunten Blüten nahezu verschwindet. Farbig ist das Bild, kitschig-klischeehaft, geradezu perfekt geeignet als Urlaubsmotiv, mit dem man in der Heimat von der traumhaft-exotischen Fremde schwadronieren könnte. Doch nicht so bei Röper. Bei ihr schwingt durchaus die Last mit, die die Händlerin sprichwörtlich mit sich herumträgt beziehungsweise -schiebt. Das Gesicht ist unter einem Mundschutz verborgen, der im Profil erkennbare Blick der Frau wirkt schwer.

In den Fotografien prallen rostige Rahmen auf grell lackierte Luxusbikes. In urbanen Settings hat sie Röper gefunden: Vor einem hippen Klamottenshop mit passende Graffiti an der Wand, platzsparend aufgehängt an der weißen Fassade vor einem Bürofenster, auf dem Gepäckträger eines Münchner Fernbusses, das Neogrün des Rahmen im beißenden Kontrast zum gesättigteren Grün des Busses.

Sehenswert auch das Bild eines komplett eingestrickten Rades - Überbleibsel des vor einigen Jahren trendigen Guerilla Knitting, bei dem Gegenstände im öffentlichen Raum teilweise oder komplett mit Wolle verkleidet werden. In diesem Fall eher dekorativ als politisch.

Auch dem Vandalismus gegenüber Leihfahrrädern, mit dem einige Menschen im vergangenen Jahr ihren Unmut über die Flut von Billiganbietern ausdrücken wollten, widmet sich Röper mit einem Foto. Bei ihr allerdings ist es ein Rad der Bahn, das achtlos in einem Flussbett entsorgt worden ist. Der Rahmen ist im Kies versunken, Äste und anderes Treibgut verhakt in den Überresten.

Ausstellung "Ja mia san mim Radl da" mit Fotografien von Ulrike Röper, Stadelbergerstraße 8, Fürstenfeldbruck. Vernissage am Samstag, 21. September, von 14 bis 16 Uhr, Ausweichtermin bei schlechtem Wetter ist der 22. September

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Quelle:
SZ vom 18.09.2019
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