Schwereloses Posen im Maisacher Freibad:Abgetaucht fürs Fotoalbum

Lesezeit: 3 min

Es sieht aus, als würde sich Model Jacqueline Anders unter Wasser einen Drink genehmigen. Eine der surrealen Illusionen, die Sylvia Dobler mit dieser Art der Porträtfotografie erzeugt. (Foto: Sylvia Dobler/Sylvia Dobler mobile fotografie)

Sylvia Dobler betreibt eine besondere Form des Porträtierens. Die Gernlindener Fotografin setzt ihre Kunden unter Wasser in Szene.

Von Christian Hufnagel, Maisach

Ein ungewöhnliches Paar taucht da frühmorgens im noch geschlossenen und daher menschenleeren Maisacher Freibad auf. Die eine Person scheint für das nasse Element richtig präpariert zu sein: mit Gummibrille, blumiger Bademütze, Flossen und Neoprenanzug. Die andere mutet hingegen ein wenig overdressed an - im rot bemusterten sommerlichen Cocktailkleid, das ihr klatschnass am Körper klebt. Aber beider Bekleidung hat natürlich für diesen besonderen Badeausflug seinen Sinn: Sylvia Dobler ist Fotografin, was die Kamera in einem wuchtigen durchsichtigen Gehäuse unschwer verrät, und Jacqueline Anders steht, nein: schwimmt ihr an diesem sonnigen Morgen Modell. Das Außergewöhnliche an dieser Form der Porträtfotografie ist: Alle Bilder werden unter Wasser geschossen.

Bereit für das Unterwasser-Shooting im Maisacher Freibad: Fotografin Sylvia Dobler und Jacqueline Anders als Model. (Foto: Christian Hufnagel)

Und so sieht der Betrachter am Beckenrand, wie eine Frau in Rot unter Wasser versucht, grazil mit Beinen und Armen zu rudern, was sich im Erscheinungsbild von oben irgendwo zwischen Schwimmen und Tanzen einpendelt, während ihre Gegenüber in geduckter Haltung lauert, wie ein großer Fisch sie ins Visier nimmt und die Kamera mit den Bewegungen mit schwenkt, während sich über dem Paar das Wasser kräuselt und leichte Wellen schlägt. Plötzlich tauchen die beiden Frauen wieder auf und schnappen nach Luft: "Mach nicht so viele Bewegungen", weist die Fotografin ihre Freundin an, die sich daraufhin die Haare zurückstreicht und einen Arm wie eine Ballerina über den Kopf abwinkelt: "Jetzt habe ich eine Pose", sagt sie. Die beiden holen Luft und tauchen wieder unter das Wasser.

Um sich an das nasse Element zu gewöhnen, steigt Sylvia Dobler mit ihren Kunden erst einmal ins knietiefe Wasser. (Foto: Christian Hufnagel)

Was sie dort nicht finden werden und auch nicht suchen, ist das, was gemeinhin mit Unterwasserfotografie assoziiert wird: schillernde Bewohner des Meeres, Fische aller Art und Größe, beeindruckende Korallenriffe und grüne Fahnen ziehende Pflanzenwelten. Nein, Sylvia Dobler lichtet nichts von alledem ab. Sie nimmt Menschen mit ins Wasser, um sie zu proträtieren. Und zwar so, wie sie auf ihrer Homepage um Kunden wirbt: "Mit einem Fotoshooting der Kategorie " Unterwasser" erzählst Du Deine eigene Geschichte, in der Du allein der Star bist. Ich finde im Objektiv deine Schokoladenseite und drücke genau im richtigen Moment auf den Auslöser."

Noch können sie stehen, die Fotografin und das Modell. Es geht unter anderem darum zu testen, ob der Mensch, der sich unter Wasser ablichten lassen will, die Augen offen halten kann. (Foto: Christian Hufnagel)

Und also hat sie an diesem Morgen im Maisacher Freibad mit Jacqueline Anders erst einmal besprochen, wie diese sich heute gerne ablichten lassen will: "Was Elegantes" sollte es werden, was zu schönem Kleid und einem Cocktailbecher aus Plastik samt Strohhalm als Requisite führte. Nach dem Schminken stiegen beide zunächst ins kniehohe Wasser, gingen in der Hocke unter Wasser. Und die Gernlindenerin überprüfte, ob ihr Modell wie "ein Kugelfisch die Backen aufbläht" und die Augen zukneift. Sie will lieber einen "Haifisch sehen", der lächle und die Augen offen habe. Bevor es dann ins tiefe Wasser zum Shooting ging, legten die Frauen gegen den Auftrieb noch Bleigürtel an, "aber natürlich nicht mit so viel Gewicht, dass wir nicht mehr hochkommen: Wir sind ja nicht die Mafia".

Im tiefen Bereich des Maisacher Freibades suchen Fotografin und Model nun nach der richtigen Pose. (Foto: Christian Hufnagel)

Untergehen tun beide auch an diesem Tag nicht. Sie tauchen wieder auf und Jacqueline Anders hat offensichtlich die richtige Pose erwischt: "Sehr cool. Klasse", ist die Fotografin absolut entzückt über die Bilder, die sie sich am Beckenrand in der Kamera anschauen.

Und dann taucht das Paar unter für ein in jedem Fall am Ende aufregendes Unterwasser-Porträt. (Foto: Christian Hufnagel)

Was die Unterwasserporträts an besonderen Reizen auszeichnet, wurzelt in Gesetzmäßigkeiten, die das Element Wasser mit sich bringt. Der Mensch wirkt auf den Bildern schwerelos: "Man schwebt", gibt Jacqueline Anders ihr Gefühl und zugleich ihre Faszination wieder. "Tanzposen kann man unter Wasser halten", ergänzt die Fotografin. Und während die Schwerkraft trotzdem nach unten zieht, steigen die Haare auf und erfasst die Kleidung ein unwirklicher Eindruck: "Es ist, als würden die Kleider unter Wasser im Wind wehen."

So vermischen sich reale Ansichten wie der eines Gesichtes und Körpers mit surrealen Akzenten einer scheinbar aufgehobenen Schwerkraft. Sich so porträtieren zu lassen, scheint immer mehr Menschen zu gefallen. Sylvia Dobler spricht jedenfalls davon, dass Sie immer mehr Aufträge dieser Art hat - zu den anderen natürlich, die auf Land stattfinden, schließlich ist sie auch in der gewissermaßen irdischen Fotografie unterwegs.

Eine kleine Galerie mit Bildern der Unterwasserfotografie von Sylvia Dobler empfängt die Besucher des Freibades in Maisach. (Foto: Christian Hufnagel)

Und wie zur Bestätigung empfängt im Maisacher Freibad, das sie außerhalb der Öffnungszeiten für ein Shooting nutzen darf, den Badegast im Eingang eine kleine Galerie ihrer Unterwasser-Porträts: Da steht ein Footballer am Beckengrund, strotzend in voller Montur, Millionen von Blasen strudeln an seinem Körper empor. Ein Hochzeitspaar hält sich in den Armen, blickt sich verliebt in die Augen, Lichtreflexe und das abhebende weiße Kleid entrücken die Szene ins Unwirkliche. Und ein Taekwondo-Kämpfer tritt einen senkrechten Lichtstrahl, dabei im Wasser liegend, sinkend, schwebend.

Und sicher mag sich selbst der Zufallsbetrachter animiert fühlen, mit der Gernlindener Lichtbildnerin einmal ins Wasser zu gehen - für eine "Eventfotografie mit Dir in der Hauptrolle". Dass es einem dabei richtig nass reingeht, wird in diesem Fall zum reinen ästhetischen Vergnügen.

Geschützt in einem Gehäuse ist die Kamera, mit der Sylvia Dobler im Maisacher Freibad Unterwasser fotografiert. (Foto: Christian Hufnagel)
© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: