Fluglärm:Bei Ostwind wird's laut

Einwohner von Olching, Mammendorf oder Maisach haben den Eindruck, dass mehr Flugzeuge über den Landkreis düsen. Die Flugsicherung widerspricht. Nach ihrer Aussage gibt es sogar weniger Flüge als früher

Gudrun Passarge und Andreas Ostermeier

Immer wieder klagen Einwohner von Olching, Mammendorf oder Maisach über Fluglärm. Vor allem bei Ostwind wird es laut, dann fliegen die Passagierjets den Münchner Flughafen aus westlichen Richtungen an, verlieren über den Landkreisen Fürstenfeldbruck und Dachau an Höhe und setzen zum Landeanflug an. Viele Einwohner hegen den Verdacht, dass die Flugrouten verändert wurden und mehr Maschinen im Münchner Luftraum unterwegs sind als früher. Doch genau das Gegenteil sei der Fall, sagt Sandra Teleki. Die Sprecherin der Deutschen Flugsicherung in München versichert, die Zahl der Flugbewegungen am Münchner Airport sei gesunken.

Fluglärm - Flugzeug im Landeanflug

An Schlaf nicht mehr zu denken? Landkreisbewohner meinen, der Fluglärm habe zugenommen.

(Foto: dpa)

Wie viele Flugzeuge tatsächlich über München einfliegen und vor allem wo, kann stark variieren. Das Thema sei sehr komplex, erklärt Teleki. Denn welche Flugroute die Flieger nehmen und wie tief sie unterwegs sind, hängt von mehreren Faktoren ab. Die Flieger kommen laut Teleki hauptsächlich aus zwei Richtungen, aus dem Südwesten vom Starnberger See her - was Auswirkungen für das Würmtal und Germering hat - und von Südosten her. Die Fluglotsen müssen die beiden Ströme zusammenbekommen. Dann gibt es einmal die Betriebsrichtung Ost bei Ostwind (an etwa 35 bis 40 Prozent der Tage) und entsprechend den Westbetrieb bei Westwind.

Da die Flugzeuge gegen den Wind landen und starten, ist auch die Flugroute unterschiedlich, je nachdem, ob sie von Osten oder Westen auf die Südlandebahn des Flughafens einschwenken. Der größte Unterschied für die Münchner: Bei Westwind fliegen sie vielleicht eher über München, aber auf jeden Fall höher als bei Ostwind. Auf der Seite der Deutschen Flugsicherung (www.dfs.de, Flugverläufe anklicken) mit dem Namen "Stanly Track" ist das nachvollziehbar dargestellt. Dort können Nutzer den Tag und die Uhrzeit eingeben und warten, welche Striche das Programm für die unterschiedlichen Flüge zeichnet. Bei Betriebsrichtung West gibt es wesentlich mehr grüne und blaue Striche, das heißt, die Flieger sind höher als 2700 Meter unterwegs. Ein völlig anderes Bild dagegen ergibt sich bei Ostwind. Dann sind viele der Flugrouten orange und gelb, das heißt, die Flieger gehen auch schon mal bis zu 4000 Fuß (1219 Meter) runter. "Das passiert allerdings höchst selten, in der Regel ist die Höhe in München eher bei mindestens 1800 Metern über dem Meeresspiegel", erläutert Sandra Teleki. So finden sich etwa am 9. September 2012, es herrschte Ostwind, drei Flieger zwischen 8 und 18 Uhr, die Moosach in gut 2000 Metern Höhe überflogen. In Pasing im Bereich Alte Allee war ein Flieger unter 2000 Meter unterwegs.

Doch dieses Bild schaut jeden Tag anders aus, sagt die DFS-Sprecherin. Es geht um Abwind und Downwind, den Gegenanflug parallel zur Landebahn, die für die Südlandebahn ungefähr von Maisach bis Neumarkt/St. Veit verläuft, und um virtuelle Navigationspunkte, die der Lotse nutzt, um die Flugzeuge ans Ziel zu bringen. "Die Verkehrsabwicklung ist immer gleich, aber es ist ein Stück weit ein Zufallsprodukt", sagt Teleki. Will heißen, die Maschinen können einen Tag später einen ganz anderen Weg nehmen. Denn die Fluglotsen müssen ja auch noch An- und Abflüge miteinander koordinieren. "Sie können nicht alle wie auf einer Perlenschnur einfliegen." Manche müssten deswegen etwas länger fliegen und veränderten das Bild auf Stanly Track von Tag zu Tag.

Die Zahlen ergeben ein anderes Bild als die Beobachtungen von Münchnern und Bewohnern des Umlands. Teleki zufolge sind im Jahr 2008 - "unser Spitzenjahr" - 432 296 Flugzeuge in München gestartet und gelandet. 2011 waren es nur 409 956. Täglich verzeichnet der Flughafen im Erdinger Moos circa 1100 Flugbewegungen. Etwa die Hälfte davon entfällt auf die für München wichtige Südlandebahn. Da für München fast nur die Anflüge relevant seien, blieben noch etwa 270 Flugbewegungen. Wie viele von ihnen über Münchner Gebiet führen, kann Teleki nicht sagen. Das sei von Tag zu Tag anders. Jedenfalls stellt sie fest, dass sich die Routen über München nicht verändert hätten und schon gar nicht nach dem Entscheid über die dritte Startbahn, wie manche Münchner vermuteten. Teleki negiert das strikt. Sie berichtet auch von Anrufen, in denen Bürger sagten, Piloten flögen so, wie sie wollten. Dem widerspricht sie ebenso: "Das stimmt nicht, sie müssen die Freigabe einhalten, die sie vom Lotsen kriegen."

Warum trotzdem Bürger glauben, mehr Flieger am Himmel wahrzunehmen, kann sie auch nicht erklären. Vielleicht, so überlegt die DSF-Sprecherin, seien die Leute durch die Berichterstattung zur dritten Startbahn mehr sensibilisiert als früher. Wie dem auch sei. Stanly Track zeigt eines ganz deutlich: Betroffen vom Flugverkehr ist bei Ostwind hauptsächlich der Nordwesten Münchens. Vor allem sind es die Landkreise Dachau und Fürstenfeldbruck. Dort sind die Striche teilweise so dicht, dass sich kaum noch die Ortsnamen auf der Karte lesen lassen. Jedenfalls galt das für den 9. September 2012.

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