Flüchtlingsschicksal:Abgeschoben nach Afghanistan

Asylbewerber Zabi

Voller Angst zurück in Afghanistan: Zabi Noori möchte wieder nach Deutschland kommen.

(Foto: Wittmann/oh)

Zabi Noori lebte drei Jahre in Germering, bevor er nun in die Heimat zurückgeflogen wurde. Asylhelfer sorgen sich um den 24-Jährigen

Von Ariane Lindenbach, Germering

Zabi Noori hat sich nicht gewehrt. Als die Polizei am 14. Dezember um 10.15 Uhr die Flüchtlingsunterkunft am Starnberger Weg in Germering betritt, um den 24-Jährigen in seine Heimat abzuschieben, ist der Afghane einfach nur völlig verdattert, versucht trotzdem ein paar Sachen einzupacken. "Es ging alles ganz schnell", berichtet Beatrix von Bothmer. Die Sozialpädagogin macht für die Caritas seit mehr als 20 Jahren die Asylsozialberatung in Germering. Mit ihrer Kollegin, der Asylkoordinatorin Andrea Gummert, und Agathe Wittmann vom Arbeitskreis Asyl, wendet sie sich nun an die Öffentlichkeit. Denn Zabi Noori war in Deutschland nicht straffällig geworden. Er arbeitete, sprach Deutsch. "Und wo er hin abgeschoben worden ist, das ist definitiv keine friedliche Region", unterstreicht Andrea Gummert.

In Deutschland leben nach Angaben des Bundesinnenministeriums rund 12 500 Afghanen, die als ausreisepflichtig gelten. Die überwiegende Mehrheit hat - ebenso wie Zabi Noori - eine Duldung. Rückführungen abgelehnter Asylbewerber nach Afghanistan waren in der Vergangenheit wegen der Verweigerung des Landes schwierig. Doch im Oktober schloss die EU ein Abkommen mit Afghanistan, das die Rücknahme von Afghanen in friedliche Gebiete ermöglicht.

Zabi Noori bekam nun die neue Entwicklung in Deutschland am eigenen Leibe zu spüren. Er saß im ersten Flugzeug, das am 14. Dezember mit abgelehnten Asylbewerbern zurück nach Afghanistan flog. Zu Unrecht, wie von Bothmer, Gummert und Wittmann finden. "Dass man jetzt die in den Flieger setzt, die hier Fuß gefasst haben", findet Gummert nicht sinnvoll. Immerhin hatte Noori, obwohl Analphabet, in relativ kurzer Zeit die Sprache gelernt, Freunde und auch eine Arbeit gefunden. Laut von Bothmer hatte er einen festen Job bei einer Putzfirma, mit dem er absolut glücklich war. "Er wollte nicht in die Schule gehen, er wollte arbeiten und das Geld nach Hause schicken", berichtet von Bothmer.

Nach Germering kam der junge Afghane im März 2013; damals konnte er noch kein Deutsch. Erst später habe sie erfahren, dass Nooris Bruder und Cousin ganz in der Nähe, in München, leben, erzählt von Bothmer. Beide haben eine Aufenthaltsgenehmigung. Zabi Noori bekam indes nur eine Duldung. "Das ist ganz normal, weil er später hier angekommen ist und die Afghanen dann nicht mehr als Flüchtlinge anerkannt wurden", kommentiert die Asylsozialberaterin diesen Vorgang.

Allerdings macht Beatrix von Bothmer den jungen Mann auch selbst verantwortlich für seine Abschiebung. Wie sie berichtet, war Nooris Bruder im Sommer zu Besuch in dem Heimatdorf nahe Kundus. Dort habe er einen Angriff auf das Dorf miterlebt; er sei regelrecht traumatisiert nach Deutschland zurückgekehrt. "Zabi hätte locker mit dem, was seinem Bruder passiert ist, einen Folgeantrag stellen können", dann seien seine Chancen auf eine Aufenthaltsgenehmigung deutlich größer gewesen. Wie die Sozialpädagogin erinnert, hatte sie ihn mehrmals darauf hingewiesen. Doch zum einen habe Noori wohl darauf vertraut, dass alles so weiterlaufe wie in den vergangenen drei Jahren und seine Duldung immer weiter verlängert werde. Zum anderen benötigt man von Bothmer zufolge für einen solchen Antrag einen kundigen Anwalt. Aber so einer sei dieser Tage schwer zu finden.

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