Flüchtlinge:Wohncontainer abgelehnt

Gröbenzell will Asylbewerber weiterhin dezentral unterbringen. Der Gemeinderat lässt deshalb die Errichtung einer mehrstöckigen Anlage für rund 60 Flüchtlinge im Gewerbegebiet nicht zu.

Von Sebastian Mayr

Gröbenzell verlässt seinen Weg nicht. Den Antrag einer Bürgerin, auf ihrem Grundstück an der Oppelner Straße einen Wohncontainer für Asylbewerber zu errichten, lehnte der Gemeinderat am Donnerstag einstimmig ab. Gleichzeitig entschied er, dass ein neuer Bebauungsplan für das Gewerbegebiet aufgestellt wird, der keine Ausnahmen mehr enthält. Die Gemeinde will große Sammelunterkünfte, die die Integration behindern, weiterhin vermeiden. Daneben betonten die Räte auch ein anderes Argument: Das Gewerbegebiet soll Gewerbegebiet bleiben und nicht für eine andere Nutzung offen stehen.

Die Räte ließen sich nicht nur von sozialen Erwägungen leiten, sondern hoben auch die wirtschaftliche Tragweite der Entscheidung hervor. Neben der Fortsetzung des "Gröbenzeller Wegs" geht es auch ums Geld. Nur noch drei Grundstücke stehen leer, während andere Gemeinden neue Flächen für Industrie und Handwerk ausweisen. Für eines dieser Grundstücke war nun die Bebauung mit Wohncontainern vorgeschlagen worden. Das hätte jedoch bedeutet, dass die Gemeinde zukünftig auf Gewerbesteuereinnahmen verzichten muss. Denn ein Unternehmen hätte sich dort nicht mehr niederlassen können. "Wir sind auf die Gewerbesteuer angewiesen", betonte der zweite Bürgermeister Martin Runge (Grüne). Er leitete die Sitzung, weil Bürgermeister Martin Schäfer (UWG) in der Sache nicht abstimmen durfte. Seine Familie besitzt Grundstücke im Gewerbegebiet, deswegen gilt er als Beteiligter. Zwei Varianten hatte die Antragstellerin vorgeschlagen. Die erste sah eine zweistöckige Anlage für 52 Bewohner vor. Die zweite Variante beinhaltete eine dreistöckige Anlage mit etwas kleinerer Grundfläche, die Platz für 60 Bewohner geboten hätte. Beide widersprechen dem Bebauungsplan.

Martin Runge griff das dankbar auf. "Wir haben uns zur Regel gemacht, keine Abweichungen zuzulassen", betonte er. Stärker ins Gewicht fiel seiner Ansicht nach aber ein anderer Punkt. Das Grundstück liegt im Gewerbegebiet, wo gesetzlich lediglich Betriebsleiterwohnungen erlaubt sind. Selbst bei denen war die Gemeinde zuletzt restriktiv gewesen und hatte eine solche Wohnung abgelehnt. "Das dokumentiert, wie wichtig der Gemeinde die gewerbliche Nutzung im Gewerbegebiet ist", kommentierte Runge. Nur in Ausnahmen dürfen Gewerbegebiete für soziale Zwecke genutzt werden, die Unterbringung von Flüchtlingen gehört dazu. Dann jedoch ist eine Zustimmung der Gemeinde notwendig. Die jedoch wollten die Räte keinesfalls geben. "Die Tür wäre dann geöffnet. Wenn eine Gewerbehalle frei steht, könnte sie schnell zu einer Unterkunft umgebaut werden", befürchtete der zweite Bürgermeister. Deswegen passe es argumentativ gut, dass der Gemeinderat schon 2011 einen Aufstellungsplan für den Bebauungsplan gefasst habe, der jeder anderen Nutzung widerspreche.

Grundstück Gröbenzell

Das Grundstück an der Oppelner Straße im Gewerbegebiet wird vorerst frei bleiben. Der Gemeinderat duldet dort keine Sammelunterkunft für Asylwerber.

(Foto: Günther Reger)

Dieses Aufstellungsverfahren wird trotzdem nicht mehr weitergeführt. Statt dessen beginnt ein neues Verfahren, an dessen Ende ein Plan für das Gewerbegebiet stehen soll. Momentan gibt es rund 300 gültige Bebauungspläne mit Einzelregelungen. Sie sollen zumindest zu weniger Plänen zusammengefasst werden. Ausnahmeregelungen zur Nutzung des Gewerbegebiets wird es dann nicht mehr geben, weder für Asylbewerberunterkünfte, noch für andere Zwecke.

Einwände gab es nur von den Juristen Johann Böhmer (Freie Wähler) und Peter Falk (SPD). Sie befürchteten, dass der Beschluss Schwächen enthalte, die vor dem Verwaltungsgericht keinen Bestand haben könnten. Dennoch stimmten auch sie gegen die Errichtung. "Wir streiten nur über den richtigen rechtlichen Weg", fasste Markus Rainer (Grüne) zusammen. Bei allen wirtschaftlichen Erwägungen war dem Gemeinderat auch der "Gröbenzeller Weg" wichtig. "Je größer die Sammelunterkünfte sind, desto schwerer fällt die Integration", erklärte Runge. "Wir sind weit davon entfernt, dass wir so etwas brauchen", ergänzte Reinhard Paesler (CSU). "Wir wollen ein Asylbewerbergetto verhindern und votieren für eine dezentrale Unterbringung." Unterstützung bekam er von Cordula Braun (UWG), die "aufs allerschärfste gegen so ein Ghetto anschießen" wollte. Peter Falk warnte, das historisch belastete Wort hier zu gebrauchen, auch wenn er der Ablehnung einer Sammelunterkunft zustimmte.

FDP-Mann Klaus Coy warnte indes, dass der "Gröbenzeller Weg" ein Ende erreichen könne, wenn der Flüchtlingsstrom weiterhin so groß sei. "Es könnte sein, dass wir da mal anderweitig denken müssen", gab er zu bedenken. Im Moment stehen indes noch vier Unterkünfte für Asylbewerber frei. Die vorgeschriebene Quote von 42 Plätzen hat Gröbenzell mit nun 56 beherbergten Flüchtlingen ohnehin schon mehr als erfüllt. Zuletzt lehnte das Landratsamt jedoch eine Wohnung ab, die die Gemeinde als Unterkunft vorgeschlagen hatte. "Das wundert mich", sagte Bürgermeister Schäfer. Die Wohnung wurde als zu teuer abgelehnt. "Ich weiß, dass die in anderen Fällen mehr zahlen."

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